Hundert Jahre des Zusammenlebens in der Dobrudscha im Jahr des 100. Jubiläums der Vereinigung von 1918 wird auf eine besondere künstlerische Weise im Museum der städtischen Wohnkultur in der Apollonia-Hirscher-Gasse von Kronstadt dokumentiert. Die bildende Künstlerin Elena Orbocea aus Tulcea, die selbst einer gemischten Familie mit Lipovener und Griechen als Vorfahren entstammt, hat eine besondere Vorliebe für das da seit Jahrhunderten bestehende Zusammenleben mehrerer Ethnien in dieser Stadt an der Donau. Und in der gesamten Dobrudscha, einem Gebiet, das seit dem Unabhängigkeitskrieg von 1877/1878, durch den Berliner Vertrag vom 13. Juli 1878, zu Rumänien gehört. Als Bewohnerin dieser Stadt betont die bildende Künstlerin, die als Dramaturgin am „Jean Bart“-Theater von Tulcea tätig ist, dass es nicht möglich ist unter diesen Voraussetzungen des guten Einvernehmens, nicht gemeinsam Weihnachten nach altem oder neuem Kalender, die katholischen Ostern, den türkischen Bairam, das jüdische Hanukafest zu feiern, eine Kerze in der armenischen Kirche anzuzünden, von einem Ukrainer, Tataren oder Lipovener frischen Fisch einzukaufen, das Rezept für muslimische Süßigkeiten zu verlangen, um selbst derartige Delikatessen vorzubereiten. Angezogen von dieser Diversität und von der Architektur der Häuser in den von diesen Ethnien bewohnten Stadtteilen, hat sie sich dem Studium über deren Geschichte, Brauchtum, Ethnologie gewidmet. So hat sie in Kleinarbeit 14 Trachtenpuppen geschaffen, die für diese Ethnien charakteristisch sind- mit allen Details, von Kleidung bis Physiognomie. Sie hat sich eingehend über die da lebenden Türken, Tataren, Armener, Italiener, Juden, Lipovener, Ukrainer, Deutschen, Griechen, Ungarn, Bulgaren, Roma, Rumänen, Makedonier dokumentiert. Rund zwei Monate hat die Arbeit allein an einer Trachtenpuppe gedauert. Anfangs macht sie das Gestell, dem sie Beine, Arme, Brustkorb und schließlich Kopf mit den besonderen Gesichtszügen anfügt. Erst dann geht sie an das Anfertigen der Tracht heran, mit der die Puppe gekleidet wird. Sieht man sich z.B. die Gestalt des Juden an, hat sie diesen mit rotem Haar versehen, die Kleidung ist bescheiden, besteht aus schwarzer Weste und Hose, mit weißem Hemd. Der ungarische Trachtenträger ist mit den engen Hosen, Stiefeln, Weste mit Schnüren, darüber einem Pelzmantel ohne Ärmel gekleidet. Überraschend haben sich auch Ungarn im Gebiet angesiedelt, mehrere wurden durch Heirat angezogen. Bei jeder Trachtenpuppe findet man auch eine kurze geschichtliche Zusammenfassung über deren Ansiedlung, Traditionen, Kultur. Jede trägt einen eigenen spezifischen Namen: Marco (Italiener), Istvan (Ungar), Canan (Türkin), Aaron (Jude), Chira (Makedonerin), Varvara (Lipovenerin), Aris (Grieche), Maria (Rumänin), Serin (Tatarin), Milena (Bulgarin), Anaid (Armenerin), Floarea (Roma), Ana (Ukrainerin), Elsa (Deutsche). Wobei sie bei dieser auch vermerkt, dass es die einzige Gruppe ist, die sich nicht direkt aus dem Ursprungsland (Deutschland) hier ansiedelte, sondern aus Bessarabien her kam.
Die jeweils 80 cm großen Gestalten in ihren bunten Trachten können in der Ausstellung bis Ende Oktober bewundert werden. Seitens des Museums hat sich als Kuratorin der Ausstellung Elena Dimitriu mit der Organisation befasst. Dr. Ligia Fulga, Direktorin des Ethnographiemuseums, begrüßte bei der Vernissage die Künstlerin Elena Orbocea, die den Trachtenpuppen Leben gab. Die Exponate wurden bisher auch in Madrid und Brüssel ausgestellt.