Am 1. März feierte der in Kronstadt geborene, heute in Deutschland lebende Tennistrainer Günther Bosch seinen 80. Geburtstag. Sein bekanntester Schüler, Boris Becker (Wimbledon-Sieger 1985 und 1986), wird im November 50 Jahre alt. Der zweite Kronstädter in diesem Trio, das Tennisgeschichte geschrieben hat, ist Ion Ţiriac. Er ist einer der reichsten Rumänen und wird am 9. Mai 78 Jahre alt. Bosch war der persönliche Trainer von Boris; Ţiriac der Sportmanager. Zusammen feierten sie große Erfolge, machten Becker zum internationalen Tennisstar. Leider ist diese Interessengemeinschaft, in den glücklichsten Tagen vielleicht sogar als Freundschaft zu bezeichnen, vor 30 Jahren aufgelöst worden.
Zuerst wurde der Vertrag zwischen Becker und seinem Trainer Bosch gekündigt. Wer wen und warum verlassen hat – darüber wird, je nach der Quelle, kontrovers berichtet. Eine, leider negative Rolle, scheint dabei Ţiriac gespielt zu haben. Er war, bis 1993, noch Beckers Manager und scheint auf diesen einen stärkeren Einfluss als Günther Bosch ausgeübt zu haben. In einem Günther Bosch gewidmeten Bericht aus „Die Welt“ wird Bosch wie folgt zitiert: „Und ich erkannte, dass nicht ich die Vaterfigur vom Boris war, sondern Ţiriac. Ich hatte Boris erzählt, wie man eine Freundschaft zu einem Mädchen entwickelt und wie schön es sein kann, wenn sich Freundschaft in Liebe wandelt. Ţiriac riet ihm dagegen, in jeder Stadt eine andere zu haben. Frauen seien nur dazu da, um Kinder zu zeugen und das Essen vorzubereiten. Boris staunte. Aber genau so hat er sich dann entwickelt.“
Bosch, der sich 1974 als Jugendtrainer des rumänischen Tennisverbandes in die BRD absetzte, konnte nach der Trennung von Becker die großen Erfolge nicht mehr wiederholen. Das wäre auch sehr schwer gewesen, eben weil Boris einmalig gewesen ist. Günther Bosch hat eine eigene Tennisakademie gegründet und verfolgt auch heute leidenschaftlich alles, was mit dem Profitennis zu tun hat. Er ist „tennisverrückt“ und würde gern eine Aussprache, vielleicht sogar eine „Versöhnung“ mit Boris haben. „Ja, ich würde mich gern mit ihm treffen, weil er sich gerne an die alten Zeiten zu erinnern scheint. Er spricht viel darüber. Und es stört mich sehr, wenn er einige Dinge erzählt, ohne mich wenigstens einmal zu erwähnen. Ich will nicht, dass er Lobeshymnen auf mich hält, obwohl er damals immer gesagt hat, dass ich der einzige Trainer für ihn sei.“
Ansonsten schätzt Bosch Becker für seine, allerdings vor Kurzem beendete Tätigkeit als Trainer des vormaligen Weltranglistenersten Novak Djokovic oder als Tenniskommentator.
Ralf Sudrigian