Ein etwas anderer Vortrag, dieses Mal über Heinrich Schlandt (1858–1935) als Sprichwörtersammler und Liedtextdichter, zog am Dienstag, dem 18. März, ein zahlreiches Publikum in dem Festsaal des Kronstädter Forums an. Höher als gewöhnlich war die Zahl der Mitwirkenden: Eckart Schlandt hielt den Vortrag und begleitete am Klavier die beiden Sänger Cristina Radu (Sopran) und Beniamin Ghegoiu (Tenor), die Lieder aus dem Nachlass interpretierten; Steffen Schlandt zeigte per Beamer Lichtbilder, Archivfotos und Liedtexte; Eugen Bruss trug zwei Liedtexte, einen davon in sächsischer Mundart, vor. Eckart Schlandt, der Enkel von Heinrich Schlandt, hat durch diesen Vortrag einen der bezeichnenden Kronstädter vergegenwärtigt. Abschließend rief er die Nachkommen anderer Kronstädter Persönlichkeiten auf, deren Schaffen und Wirken nachzugehen und es aus heutiger Sicht einem breiten Publikum und Interessenten vorzustellen.
Heinrich Schlandt wurde am 15. Oktober 1858 in Kronstadt geboren. Nach Abschluss des Honterusgymnasiums studierte er Theologie und Philosophie an den Universitäten von München, Wien, Berlin, Tübingen und Klausenburg. Die Lehramtsprüfung für ungarische Sprache und Philosophie legte er 1883 ab und unterrichtete anschließend am Honterusgymnasium, war Leiter des Alumnats bis zu seiner Pensionierung. Als Lehrer für ungarische Sprache am Honterusgymnasium brachte er 1913 sein „Deutsch-magyarisches Sprichwörter-Lexikon“ im Kronstädter Verlag und Buchhandlung Eduard Kerschner heraus. Ein Jahr darauf erschien auch die magyarisch-deutsche Variante. Der über 300 Seiten starke zweisprachige Band, eine Auswahl von 20 bis 25 Sprichwörtern pro Seite, umfasst nur jene, die eine entsprechende Variante im Ungarischen haben und auch zirkulieren.
Heinrich Schlandt hat vorher auch andere Arbeiten veröffentlicht, wie beispielsweise das „Übungsbuch zum Übersetzen aus dem Deutschen ins Magyarische zum Gebrauch an Obergymnasien“, erschienen 1892 im Verlag Zeidner; „Petöfi. Vortrag zu Gunsten des Fahnenfonds des Honterusgymnasiums“, erschienen 1894 im „Sächsischen Hausfreund“ von Franz Oberth; „Aus der Zeit des Humanismus und der Reformation in Ungarn“ (1898), veröffentlicht in der Schrift „Aus der Zeit der Reformation“. In all seinen Arbeiten hat er viele Zitate, Sprichwörter oder Redewendungen verwendet. Eine seiner Sammlungen von Redewendungen erschien nach seinem Tod 1937 in Budapest. Heinrich Schlandt war sehr geschätzt von Persönlichkeiten seiner Zeit. Anlässlich seines Geburtstages beschrieb ihn Adolf Meschendörfer u.a. als „geraden und zuverlässigen Charakter“.
Eckart Schlandt stellte anschließend die zehn Lieder vor, deren Texte Heinrich Schlandt verfasst und zum Teil auch vertont hat, die gefühlvoll von den beiden Interpreten gesungen wurden.
Überraschend ist auch die Aktualität der Texte. Zu ihrer Entstehung bot der Referent interessante Details. Das „Hauslied“ (1892) wurde von Ernst Kühlbrandt hoch gelobt. Sehr geschätzt wurde Schlandt von Hans Eder, der ihn auch porträtieren wollte, was dieser aber ablehnte. Der Maler fertigte dann ein Porträt des Vaters von Heinrich Schlandt an, das ihm sehr ähnlich war.
Das Lied „Freiheit“ stand im Zeichen der Gegensätze zweier Parteien, die Schwarzen die der Freimaurerloge nahe standen und die Grünen die um die „Kronstädter Zeitung“ geschart waren. „Kennst du das Haus?“ (1896) ist ein Freimaurerlied, das Friedrich Ridely gewidmet war, der drei Häuser und ein Grundstück an das Alumnat schenkte. Das „Zinnenlied“ (1898) hat zwei Varianten, wie der Referent betonte. Eines der bekanntesten Werke Schlandts ist das „Honteruslied“ (1898), das erstmals bei der Einweihung des Honterusdenkmals gesungen wurde, anschließend bei den jährlich stattfindenden Honterusfesten und nun gemeinsam auch von den Teilnehmern am Vortrag. Das Lied „Treue“ (1909) widmete er dem Stadtphysikus Dr. Eduard Gusbeth. Aus dem Jahr 1911 stammt das „Maibowlenlied“. Nach dem plötzlichen Tod seiner Frau, die ihm zehn Kindern geschenkt hatte, konnte er dennoch den Liedtext „Nichts für ungut“ dichten. In sächsischem Dialekt, den er sehr gut beherrschte, schrieb er 1925 den Liedtext „Meiner Frau zum Christtag“ und als letztes folgte 1929 „Sei stille“.
Über Heinrich Schlandt gibt es auch verschiedene überlieferte Begebenheiten. So soll er den gesamten Bibeltext ununterbrochen mehrere Tage und Nächte hindurch gelesen haben.
Abschließend gab Eckart Schlandt einige Sprichwörter zum Besten, die von seinem Großvater gesammelt worden waren und die ihn besonders angesprochen haben: „Lieber ackern und düngen, als beten und singen“; „Die Liebe ersetzt alles, und kann durch nichts ersetzt werden“; „Der als Gast will gelten, komme selten“, „Wenn ein Esel schreit, versteht man ihn in allen Sprachen“. Es war ein schöner, besinnlicher und inhaltsreicher Nachmittag. Der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt, Wolfgang Wittstock, dankte den Protagonisten dieses gemeinsamen Vortrags herzlich und überreichte ihnen kleine Präsente.