Seit 1989 begann er mit dem Ordnen der gesammelten Materialien über die Geschichte der Rumänischen Eisenbahn und hat seither 78 Titel darüber veröffentlicht. Dipl.-Ing. Radu Bellu arbeitet ununterbrochen seit 55 Jahren im Rahmen der Kronstädter Eisenbahnregionale. Seine bisher veröffentlichten Arbeiten umfassen eine in sechs Bänden erschienene Geschichte der Rumänischen Eisenbahn, die in den Jahren 1994 – 2000 veröffentlicht wurde, eine Geschichte der Dampflokomotiven, eine Geschichte der Forsteisenbahnen in Rumänien, eine Geschichte der Eisenbahntunnel, einen Forschungsband über Unfälle im rumänischen Eisenbahnbereich.
In der Zwischenzeit erschien auch der siebente Band der Geschichte der rumänischen Eisenbahn, der sich auf Bessarabien und die Bukowina bezieht. Desgleichen hat Dipl.-Ing. Bellu mehrere Studien über Eisenbahnabschnitte, über die Drahtseilbahn, die Anghel Saligny in Tg. Ocna baute, über die Eisenbahn während des Unabhängigkeitskrieges 1877, veröffentlicht. Im Vorjahr erschien ein weiterer Band - „Illustrierte Enzyklopädie der Eisenbahn in Rumänien“. Über die Geschichte aber auch Gegenwart des rumänischen Eisenbahnwesens gab uns Radu Bellu Aufschluss in folgendem Gespräch.
Wann kann man den Beginn des Eisenbahntransports in Rumänien festlegen?
Dieser ist in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der Eisenbahn in England zu bringen. Da wurde die erste Eisenbahnstrecke 1830 eröffnet und war für den Kohletransport vorgesehen. Auf dem Gebiet des heutigen Rumänien wurde die erste Linie zwischen Orawitza und Basiasch am 15. August 1854 eingeweiht und diente ebenfalls dem Kohletransport. Diese war für den Verkehr österreichischer Schiffe auf der Donau benötigt, die Waren und Personen transportierten. Heute ist nur noch der Abschnitt zwischen Orawitza und Zam geöffnet. Ab 1856 wurde auf dieser Strecke, nachdem das Gleis ausgebaut worden war, auch der Personentransport aufgenommen. Das geschah auf dem heutigen Landesgebiet.
Im Jahr 1869 wurde dann die Eisenbahnlinie zwischen Bukarest und dem Donauhafen Giurgiu gebaut. Da der Warentransport immer mehr um sich griff, folgte eine Zeit der sogenannten Konzessionen, die an acht Unternehmer erteilt worden sind. Die wichtigste davon war die Strousberg-Konzession, durch die die sogenannte Wirbelsäule der Eisenbahnen von Bukarest über Ploieşti, Buzău, Brăila bis Galaţi gebaut wurde.
Es folgte dann ein Abschnitt, der von Barboşi nach Mărăşesti, einem weiteren wichtigen zukünftigen Eisenbanknotenpunkt führte. Eine zweite Konzession wurde an Offenheim erteilt, um die Eisenbahnstrecke von Czernowitz südlich bis Suceava und Roman zu bauen. Der rumänische Staat übernahm die 224 km lange Strecke, nachdem Konflikte zwischen diesem und dem Bauunternehmen aufgekommen waren. Ähnlich geschah es auch mit Strausberg und das führte dazu, dass eine Aktiengesellschaft der rumänischen Eisenbahn in Berlin gegründet wurde.
Wie ist die Entwicklung der rumänischen Eisenbahn weiter verlaufen?
Als Wendepunkt kann das Jahr 1880 bezeichnet werden, als König Carol I. und Premierminister Ionel Brătianu zur Erkenntnis kamen, man kann in Rumänien auch ohne Konzessionen in diesem Bereich bauen. Sie beauftragten Prof. Dimitrie Frunză, der Fachstudien in Paris abgeschlossen hatte, die Entwicklung der Eisenbahnnetzes weiter zu führen. 1881 wurde Buzău mit Mărăşeşti durch eine neue Eisenbahnstrecke verbunden. Auch wirtschaftlich war dieser Schritt, Dimitrie Frunză damit zu beauftragen, sehr ergiebig. So hat der Bau von einem Kilometer Eisenbahnstrecke 90.000 Lei in Gold betragen, während unter der Strousberg-Konzession dafür 310.000 Lei in Gold gezahlt wurden.
Wann begann der Bau der Eisenbahn in Siebenbürgen?
Die Verbindung zwischen Szolnok und Großwardein wurde 1858 geschaffen. Von da begann 1869 dann der Weiterbau der Bahnverbindung über Klausenburg, Schäßburg, Kronstadt bis Predeal, die 1881 abgeschlossen werden konnte. Im gleichen Jahr wurde dann mit dem Bau der Bahnstrecke bis Ploieşti begonnen, was die Verbindung bis Bukarest sicherte, und somit Siebenbürgen mit Rumänien vor deren Vereinigung sicherte. Nach der Vereinigung von 1918 fand die Eisenbahn eine starke Entwicklung durch den steigenden Waren– und Personentransport, sodass 1938 Rumänien über ein gut ausgebautes und modernes Eisenbahnnetz verfügte.
Nehmen wir Bezug auf Ihre Verbundenheit und Liebe zur Eisenbahn. Wie entstanden diese?
Das ging von meinem Großvater Manea Bellu aus, der aus Săcele stammte. Von da zog er nach Sinaia, wo er als Gleisaufseher arbeitete und täglich weite Strecken zu Fuß zurücklegte, um eventuelle Schäden zu beheben. Als Kleinkind nahm er mich auf seinen Dienstgängen mit. So hat sich eine große Liebe bei mir für alles ,was mit der Eisenbahn in Verbindung steht, entwickelt. Somit habe ich mich natürlich auch für ein Studium an der Fakultät für Eisenbahntransport in Bukarest entschieden. Nach Abschluss der Hochschule wurde ich an die Kronstädter Eisenbahnregionale zugeteilt, wo ich seit 55 Jahren ununterbrochen gearbeitet habe und noch aktiv bin. Anfangs war ich Chef der Bahnhöfe von Tg. Secuiesc, Suburbiu in Kronstadt, der seit Jahren nicht mehr besteht, Predeal und Sf. Gheorghe. Nachträglich habe ich im Projektbereich und im technischen Dienst in der Regionale gearbeitet. Parallel dazu bin ich meinen Forschungen nachgegangen, die ich in Bukarest, in der Kronstädter Kreisbibliothek, in der Kreisdirektion der Archive, in anderen Landesstädten vorgenommen habe.
Wie steht es um das Museum der Rumänischen Eisenbahngesellschaft CFR?
Zwar gibt es ein solches in Bukarest, neben dem Nordbahnhof, in der Calea Griviţei. Allerdings ist dieses immer mehr zusammengeschrumpft und umfasst gegenwärtig nur noch vier Räume, sodass dieses nicht aufschlussreich sein kann. Ich habe immer wieder versucht, alte Dampflokomotiven zu einem Museum zusammen zu schließen. Ich habe einen Vorschlag an alle zuständigen Stellen, wie Regierung, Transportministerium auf lokaler Ebene eingereicht, um in Kronstadt ein Nationalmuseum der Lokomotiven zu gründen. Der beste Standort wäre der Bahnhof Bartholomä, der fast nur für durchfahrende Eisenbahnzüge dient, obwohl er über neun Gleise verfügt. Bisher blieben meine Bemühungen erfolglos.
Einen Ansatz dafür gibt es in Hermannstadt, wo 40 Lokomotiven gelagert wurden. Es ist unzulässig, besonders jetzt wo Kronstadt anstrebt, als europäische Kulturhauptstadt 2021 erklärt zu werden, dass noch kein Interesse für meinen Vorschlag erweckt wurde. Einzelne Dampflokomotiven wurden noch auf verschieden Bahnhöfen nach deren Restaurierung zur Schau gestellt wie z.B. in Temeswar, Brăila, Kronstadt, Reschitza u.a. In diesen Tagen wird am Bahnhof von Konstanza eine in Europa noch einzigartig bestehende Lokomotive ausgestellt, die mit Dampf, doch ohne eigene Feuerstelle funktionierte.
In gleichem Kontext, wie steht es um die vor wenigen Jahren mit viel Pomp eingeführten alten Eisenbahnzüge für Touristen? Dazu gehören auch die Schmalspurbahnen, an denen besonders ausländische Touristen sehr großes Interesse zeigen. Was tut sich diesbezüglich?
Der in Verkehr gesetzte historische Eisenbahnzug auf der Strecke von Kronstadt bis Rosenau auf Initiative des Kreisratsvorsitzenden Aristotel C²ncescu, der inzwischen seines Amtes enthoben wurde, war ein großer Anziehungspunkt für Touristen. Besonders die Dampflokomotive, die den aus alten Eisenbahnwaggons bestehenden Zug anzog, war jeden Sonntag Ziel zahlreicher Schaulustiger und Reisender, die ihre Freude an der Fahrt fanden. Von Rosenau aus sollten dann die Fahrgäste von einer Schmalspurbahn aufgenommen werden, die sie bis Törzburg bringen sollte. Das Projekt ist unter den Tisch gefallen, der Zug ist auch aus dem Verkehr gezogen worden. Desgleichen habe ich versucht, die Schmalspurbahn, die von Zărneşti bis Plaiul Foii unter dem Großen Königstein führte, wieder in Betrieb zu nehmen. Der Bau der Bahngleise wäre erschwinglich gewesen, alte Waggons und eine Lokomotive dafür gibt es auch noch. Die Idee wurde vom Bürgermeister von Zărneşti gut aufgenommen, doch fehlte es, wie immer, an Geld dafür.
Am 24. August 1962 wurde der neue Kronstädter Bahnhof eröffnet. Dieser galt Jahre hindurch als modernster und schönster Bahnhof des Landes. Der Zahn der Zeit nagt seither daran. Der Kronstädter Bürgermeister hat sich an das Transportministerium gewendet, um das Bahnhofsgebäude in Stadtbesitz zu übertragen, um es so restaurieren zu können. Welche Chancen sehen Sie dafür?
Früher besaß Kronstadt vier Bahnhöfe. Der Hauptbahnhof wurde 1871 – 1873 am Stadtrand an der Honigberger-Straße gebaut, 1905 – 1906 neu gestaltet, ist aber während des Bombenangriffs 1944 zerstört worden und wurde Opfer der Flammen. Ein Baracken ähnlicher Bau wurde an dessen Stelle errichtet, bis dann der monumentale Neubau in einer Entfernung von etwa 1,2 km errichtet wurde. Der Vorschlag des Bürgermeisters, der mit Recht eine besser Instandhaltung und Aussehen dem Bahnhofsgebäude verleihen möchte und sogar die Bahngleise unter eine riesige Kuppel haben will, wird kaum vom Ministerium angenommen werden, da die Verkehrssicherheit abhängig von Bahnhofsgebäude ist, somit diese nicht getrennt werden können. Der Bau wurde bis wenige Jahre nach der Wende stark in Mitleidenschaft gezogen durch die große Masse der Pendler, täglich bei 23.000 Personen. Vor einigen Jahren wurden einige Renovierungsarbeiten aufgenommen, was aber nicht ausreichend war.
Wie steht es gegenwärtig allgemein um den Eisenbahntransport im Land?
Erstens müsste in die Modernisierung der Infrastruktur investiert werden. Wo das geschehen ist, wie beispielsweise auf der Strecke Bukarest Nord - Kronstadt, ist die Anzahl der Fahrgäste wieder gestiegen, weil die Geschwindigkeit gewachsen ist. Bis dahin bevorzugten die Passagiere meist die Kleinbusse beim Nordbahnhof, die schneller als die Eisenbahnzüge ans Ziel gelangten. 1965 wurde die Eisenbahnstrecke zwischen Kronstadt und Predeal elektrifiziert. Es folgten landesweit die Hauptstrecken. Doch nach der Wende wurden diese nur instandgehalten, neue kamen nicht hinzu.
Die sogenannte Privatisierung einiger Bereiche im Eisenbahntransport hat auch nicht eine Verbesserung gebracht, da meistens die neuen Unternehmer nur gewisse Bereiche von der Eisenbahngesellschaft gemietet und nicht gekauft haben und an staatliche Subventionen gelangen wollten, da bekanntlich der Personenverkehr auch teilweise Finanzierungen erhält. Das größte Problem gegenwärtig wäre, wieder eine einheitliche Eisenbahngesellschaft wie vor Jahren zu haben und nicht getrennt in unterschiedliche Bereiche wie Personentransport, Instandhaltung, Gütertransport, Zugkraft, damit die Eisenbahngesellschaft in ihrem Ganzen einheitlich koordiniert wird. Im gegenwärtigen Kontext muss sich auch dieser wichtige Transportbereich den europäischen Normen anschließen und modernisieren. Das ist hoffnungsgebend.
Für Ihre Ausführungen dankt im Namen der Redaktion,
Dieter Drotleff