Ein nötiges Projekt

Szenische Lesung des Theaterstücks „Spiegel der Zeit“

Die jungen Schauspielerinnen nach der Aufführung

Während der Dokumentationsarbeit im Honterusarchiv
Fotos: privat

Im kleinen Patria-Saal konnte man am Abend des 29. Dezember 2016 kaum einen freien Platz finden. Trotz der Weihnachtsferien und des kalten Wetters hat ein zahlreiches Publikum die szenische Lesung „Spiegel der Zeit“ besucht. Es handelt sich um ein Theaterstück zum Thema „Siebenbürger Sachsen“, das zehn Schüler des Honterus-Lyzeums selbst verfasst haben. Für das Projekt haben sie ein halbes Jahr lang gearbeitet. Die Vorstellung, die aus drei verschiedenen Mini-Theaterstücken besteht, wurde nach einer ausführlichen Dokumentationsarbeit im Honterus-Archiv, nach Gesprächen mit Historikern, Zeitzeugen, einfachen Leuten und einer Serie von Workshops erarbeitet. Das Projekt des Deutschen Jugendforums Kronstadt wurde von Petra Antonia Binder koordiniert und vom Institut für Auslandsbeziehungen (Ifa) unterstützt.
 

Drei Geschichten zum Thema „Siebenbürger Sachsen“

Mehr als eine Stunde lang dauerte die Lesung, in der drei Geschichten vorgestellt wurden. Trotzdem hat das Publikum gespannt zugehört und die Geschichten aufmerksam verfolgt . Die Schülerinnen haben einen Rahmen für die drei Stories gefunden, die sie auf der Bühne vorgelesen haben: am Anfang und am Ende des Stückes sitzen zwei Männer auf einer Bank und erzählen. Es ist ein Bild, das man früher oft auf der Straße sehen konnte. Die Leute trafen sich, blieben stehen oder setzten sich hin und erzählten miteinander. Manchmal stundenlang. Heute geht man schnell aneinander vorbei und grüßt flüchtig, weil man immer in Eile ist. Die zwei Männer aus dem Stück haben genug Zeit. Sie zeigen uns anhand dreier Geschichten das Leben der Siebenbürger Sachsen.

Die erste Geschichte ist eine Science Fiction-Story. Eine junge Frau mit siebenbürgisch-sächsischen Wurzeln macht eine Zeitreise mit ihren zwei besten Freunden. Sie erlebt dabei Ereignisse aus der Vergangenheit ihrer Familie, wie die Deportation und die Auswanderung nach Deutschland.

Bei der zweiten Geschichte handelt es sich um zwei gute Freunde aus Siebenbürgen, 17 und 18 Jahre alt, die im zweiten Weltkrieg kämpfen. Zuerst sind beide in der rumänischen Armee. Doch die Ereignisse trennen sie und sie treffen sich erst dann wieder, als sie gegeneinan-der kämpfen müssen, weil einer von ihnen der deutschen Wehrmacht dient.

Die dritte Geschichte spielt in unserer Zeit und handelt von mehreren Jugendlichen verschiedener Ethnien, die in der Honterusschule lernen. Jeder von ihnen hat Identitätsprobleme, jedoch schaffen sie es, einen Weg zu finden.
 

Ein Thema, über das nicht unterrichtet wird

Das interessante Publikumsgespräch am Ende der Vorstellung und die Energie und Schaffensfreude, mit der die Schülerinnen am Projekt teilgenommen haben beweisen, dass „Spiegel der Zeit“ ein nötiges Projekt war. Es ist das erste Mal, das ein derartiges Projekt mit Honterusschülern organisiert wird: anhand der Dokumentationsarbeit für ein Theaterstück haben sie sich einem Thema genähert, das wichtig für sie ist, und über das sie leider während der Schuljahre viel zu wenig lernen. Durch Workshops wurde ihre Kreativität trainiert, durch Gruppenarbeit haben sie Teamgeist entwickelt und während der Gespräche mit Zeitzeugen hatten sie mit Sicherheit etwas zu lernen. Aber auch ihre Kollegen, die im Publikum gesessen waren, konnten von ihrer Erfahrung profitieren: sicherlich hat sich nach der Aufführung der eine oder andere Fragen gestellt und anschließend im Internet oder in Büchern Antworten gesucht.

Die Arbeit der Schülerin-nen erfolgte in drei Etappen. Die erste Etappe, die Dokumentations- und Forschungsarbeit, wurde im Sommer beendet. In der zweiten Etappe, die im Herbst endete, haben die Teilnehmerinnen anhand von Geschichtsbüchern und Interviews mit Angehörigen der deutschen Minderheit interessante Fakten über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen von 1870 bis heute erfahren. In der dritten Etappe folgten Workshops und das Schreiben des Stückes. Dabei haben die Schülerinnen ihre Inspiration auch aus dem Alltag genommen: entweder stammen sie aus Familien mit multikulturellem Hintergrund oder kennen jemanden, der aus einer solchen Familie kommt. In diesem Jahr haben die Autorinnen und ihre Koordinatorin vor, das Stück als richtige Aufführung auf die Bühne zu bringen und damit durch Siebenbürgen touren.

„In einigen Jahren wird es die 100%igen Siebenbürger Sachsen nicht mehr geben. Viele Sachen gehen während der Jahre verloren, aber einige muss man retten. Das versuchen wir mit unserem Projekt“, meinen sie. Das Theaterstück „Spiegel der Zeit“ wurde verfasst von: Petra Antonia Binder, Diana Alexe, Teodora Banu, Ana Badea Caliţoiu, Alexandra Ciolan, Andra Gorun, Maria Ivănescu, Ana Lăcătuş, Andreea Maria Oroş, Ioana Paul, Emilia Sandu und Bianca Stăncescu.

Es traten auf: Diana Alexe, Teodora Banu, Ana Badea Caliţoiu, Alina Cucu, Andra Gorun, Maria Ivănescu, Andreea Maria Oros, Ioana Paul, Emilia Sandu und Bianca Stăncescu.