Die diesjährige Veranstaltung im Rahmen der wissenschaftlichen Tagungen im „Mureşenilor“-Museum, die Geografen und Geologen gewidmet sind, deren Wirken oder Herkunft Bezug zu Kronstadt haben, würdigte den Kronstädter Geografen Dr. Paul Binder.
Es sei eine Ehrenpflicht, an Paul Binder zu erinnern, als Forscher, dem die siebenbürgisch-sächsische Heimatkunde und die kulturellen Interferenzen in Siebenbürgen sehr wichtig waren, sagte der DFDKK-Vorsitzende Wolfgang Wittstock in seinem Grußwort.
Die Veranstalter (das Museum „Casa Mureşenilor“, das Demokratische Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt, der Kreisrat Kronstadt und das Kronstädter Schulinspektorat) hatten als Referenten Personen eingeladen, die mit Paul Binder im Unterrichtswesen zusammengearbeitet haben (Dr. Petru Ludoşan, Rumänischlehrer am ehemaligen Kronstädter Pädagogischen Lyzeum), die ihn in seinen wissenschaftlichen Forschungen unterstützt haben (der Historiker Gernot Nussbächer) oder die sich mit seinem Werk auseinander gesetzt haben (Dr. Ionel Boamfă von der Al.I.Cuza-Hochschule aus Jassy/Iaşi, Dr. Bogdan Florin Popovici, der Journalist Attila Ambrus, Chefredakteur der Kronstädter ungarischen Wochenschrift „Brassoi lapok“ und der Forscher Şerban Dragomirescu – Initiator dieser Veranstaltungsreihe).
Diese Mitteilungen, die in naher Zukunft auf der Webseite www.tara-barsei.ro gelesen werden können, stellten den viel zu früh verstorbenen Geografen Paul Binder als einen vielseitig gebildeten und sehr produktiven Forscher vor, der auch als hoch geachteter und beliebter Lehrer mehreren Generationen seiner Schüler in Erinnerung bleiben wird. Vor allem auf dem Gebiet der historischen Geografie war Binder für Kronstadt und darüber hinaus ein Vorreiter.
Seine Doktorarbeit über die historische Geografie Kronstadts, die er 1971 in Jassy verteidigte, hat, trotz der verstrichenen Jahrzehnte und der damaligen ungünstigen Umstände für eine unabhängige, ideologisch unbelastete Forschung, auch heute kaum etwas von ihrer wissenschaftlichen Bedeutung verloren.
Sie verdient es, wie mehrmals auf der Tagung unterstrichen, veröffentlicht zu werden, selbst in Form einer Zusammenfassung, weil sie äußerst umfangreich ist: über tausend Seiten zu denen noch Kartenmaterial, ein Register und statistische Tabellen hinzukommen. Das beweist die ungebrochene Arbeitskraft, die Gründlichkeit und das große Engagement, die Dr. Binder stets für seine Forschungstätigkeit aufbringen konnte. Hinzu kommt eine permanente Neugier und der Drang, wenig Bekanntes zu erkunden, neue Wege zu betreten.
Historische Geografie war und ist auch heute in gewissem Maße eine Randdisziplin geblieben – eine zusätzliche Herausforderung für Binder der, nicht zufällig, ein Nachkomme des legendären Apothekers Franz Binder (1824-1875), bekannt als „Afrika-Binder“, ist.
Seine sächsischen und ungarischen Wurzeln, seine Bekanntschaft mit Persönlichkeiten wie Arnold Huttmann, Maja Philippi, Gernot Nussbächer, seine zeitweilige Tätigkeit als Chef-Bibliothekar an der Kronstädter Kreisbibliothek nutzte er für seine Forschungen.
So kamen über 400 Bücher, Studien, Mitteilungen, Zeitungsbeiträge zustande, von der einleitenden Studie zur rumänischen Übersetzung von Honterus’ Kosmografie, gemeinsam mit Nussbächer verfasst (1972), bis zu „Cavalerii apocalipsului. Calamităţile naturale din trecutul României“ (1993 erschienen und mit Paul Cernovodeanu als Mitautor) – eine Arbeit, die den A. D. Xenopol-Preis der Rumänische Akademie erhielt.
Binder hat auch über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen geschrieben. Sein Werk „Pământul României în literatura săsească (1701-1994)“ konnte pünktlich zur Tagung in einer zweiten Auflage im aldus-Verlag erscheinen. Er versuchte auch geographisch wichtige Ereignisse, Standorte und Wege in der Kronstädter Gegend und Siebenbürgen zu lokalisieren: z. B. die „Cruceburg“, der Ort der Schlacht im Kuruzzenkrieg (1690), der Aufenthalt von Vlad Ţepeş in Transsylvanien u. a. Intensiv hat er sich auch mit der Herkunft geografischer Bezeichnungen beschäftigt. Manches ist umstritten, Vieles wurde nachträglich bestätigt. Tatsache ist, seine Forschungen, oft gleichzeitig durchgeführt mit seiner Lehrertätigkeit, werden auch heute beachtet und zitiert. Manches ist leider nicht vollendet worden, z. B. seine Arbeiten über ungarische Quellen in der sächsischen Geschichte oder das Lexikon „Nobilitas Saxo-Transilvanica“.
Als Pál Binder und nicht nur in seiner Eigenschaft als Geograf und Historiker wird Binder auch von den Ungarn hoch geschätzt. Dabei wird Wert gelegt auf seine Äußerungen und Haltung gegenüber dem interethnischen Zusammenleben in Siebenbürgen, dem Schicksal der Ungarn als Minderheit in Rumänien und ihr nationales Bewusstsein, wie man aus der Mitteilung von Attila Ambrus erfahren konnte.
Am Ende der Tagung, bei der auch die Tochter von Paul Binder, die Ärztin Andrea Hampel Binder, und andere Familienmitglieder anwesend waren, wurden mehrere Schüler aus Kronstadt (die absolute Mehrheit vom Şaguna-Kolleg) sowie ihre Erdkunde-Lehrer mit Urkunden und Buchpreisen ausgezeichnet, als Anerkennung für ihre erfolgreiche Beteiligung an verschiedenen Schülerwettbewerben für das Fach Erdkunde. Ein von Schülern des Musiklyzeums „Tudor Ciortea“ gestaltetes kurzes musikalisches Intermezzo mit Werken von George Enescu passte gut ins Programm dieser Tagung, die im nächsten Jahr den Geografen und Bodenkundler Gheorghe Munteanu Murgoci vorstellen wird.