Die Ortschaft Martinsdorf (Metiş) liegt im oberen Kaltbachtal und gehört heute verwaltungsmäßig zur Großgemeinde Schaldorf (Mihăileni). Nach der mittelalterlichen Verwaltungseinteilung gehörte Martinsdorf als untertänige Ortschaft zum Weißenburger und seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Oberweißenburger Komitat.
In das Licht der schriftlich überlieferten Geschichte tritt die Gemeinde Martinsdorf im Jahre 1319 als „Mortonfalva” .
Damals bestätigte der ungarische König Karl Robert (1310 – 1342), der zu der Zeit in Temeswar residierte, eine Übereinkunft, derzufolge die Söhne des Gräfen Corrardus von Talmesch Teile ihrer Besitzungen – darunter auch „Mortonfalva“ – ihrem Schwager Petrus und andern Verwandten vermachen, falls sie ohne männliche Erben sterben würden. Die Nutznießer ließen diese Übereinkunft kurz darauf auch vom Weißenburger Kapitel beglaubigen, das damals ein „glaubwürdiger Ort“ - eine Art Landesnotariat – war.
Mehr Angaben über die älteste Vergangenheit von Martinsdorf bringt eine Urkunde des Weißenburger Kapitels aus dem Jahre 1336.
Hier wird erklärt, dass „Mortunfolwa“ einst von König Ladislaus IV. (1272 – 1290) dem Gräfen Corrardus von Talmesch verliehen wurde und damals im Schelker Stuhl lag. Dessen Sohn Nikolaus von Talmesch schenkte nun Martinsdorf seinen Neffen Michael und Paulus, den Söhnen seiner Schwester und des Nikolaus von Epindorf. Gleichzeitig übergab Nikolaus von Talmesch den neuen Besitzern alle Urkunden betreffend die Besitzung und das Dorf Mortunfolwa, die aber leider nicht erhalten geblieben sind. Jedenfalls dürfen wir die Gründung von Martinsdorf im 13. Jahrhundert annehmen.
Die nächste erhaltene schriftliche Nachricht aus dem Jahre 1357 nennt den ersten namentlich bekannten Ortsgeistlichen, Stephanus de villa Martini und bezeugt erstmals auch die Zugehörigkeit von Martinsdorf zum Schelker Kapitel.
Aus einer Urkunde von 1364 geht hervor, dass damals die Söhne des früheren siebenbürgischen Wojwoden Thomas Szécsényi (1322 – 1342) die Besitzungen Martinsdorf und Gesäß an den Heltauer Gräfen Johannes, Sohn des Petrus Csech, abtraten.
Am 26. September 1373 erfahren wir aus einer Urkunde des Papstes Gregor XI. (1370 - 1378), dass bis dann ein gewisser Michael von Mardisch Ortspfarrer von Martinsdorf war, der auch Kaplan des ungarischen Königs Ludwig I. war. Diesem Michael wurde nun vom Papst die Pfarrstelle von Zied verliehen.
Am gleichen Tag wurde der gleiche Michael von Mardisch vom Papst auch mit der Vertretung der Stadtpfarrstelle von Kronstadt betraut, so lange sie vakant bleiben würde.
Im Jahre 1396 ließ sich Mathias von Talmesch vom Weißenburger Kapitel eine beglaubigte Abschrift der Urkunde von 1336 ausstellen, weil sein Exemplar verloren gegangen war.
Als der ungarische König Sigismund von Luxemburg im Dezember 1397 in Fogarasch weilte, erschienen vor ihm Vertreter der Gemeinde Wurmloch und klagten, dass Matthias dictus Czyffort und andere Adligen von „Mortunfalwa“ ein zu Wurmloch gehöriges Gebiet gewaltsam besetzt hätten.
Vielleicht ist dieser Matthias dictus Czyffort von 1397 derselbe Mann wie Matthias von Talmesch von 1396.
Die Angelegenheit wurde erst im Frühjahr 1399 erledigt durch eine Begehung der Hattertgrenzen von Wurmloch, wobei ein Weg erwähnt wird, der von Wurmloch nach Martinsdorf führt und ein Bach, der von Martinsdorf nach Wurmloch fließt.
Aus einer Urkunde des Weißenburger Kapitels aus dem Jahre 1408 erfahren wir, dass Magister Johannes Greb de Martonfalwa Einspruch einlegte gegen die Besitzergreifung eines großen Teils von Martinsdorf durch Petrus, Sohn des Stephan von Thate, und andere.
Aus mehreren anderen Urkunden geht hervor, dass dieser Magister Johannes Greb de Martonfalva adlige Besitzungen in Härwesdorf (Corn²]el), im Unterwald und auch in der Bistritzer Gegend hatte.
Im Jahre 1414 strengten die Pfarrer des Schelker Kapitels wegen des Zehntens einen Prozess gegen den siebenbürgischen Bischof Stephan (1401 – 1403 und 1403 – 1419) beim Papst an, der damals gerade beim Konzil in Konstanz weilte. Dabei wird ein gewisser Lodovicus als Ortspfarrer genannt, der an der Kreuzkirche (ecclesia sanctae crucis) von „villa Martini“ diente.
Ein Amtsnachfolger von ihm war Petrus Plebanus de Martonfalwa, der im Jahre 1459 auch Gubernator der Kerzer Abtei und Sonderkaplan des Königs Matthias Corvinus war. Dieser Petrus strebte auch nach der Pfarrei von Krakau (Cricău).
Im Jahre 1467 war „Marthonfalwa“ der Ort eines aufgeschobenen Schiedsspruchs in einem Streit zwischen Johann Gereb von Weingartskirchen und der Stadt Kronstadt.
Michael Apafi von Malmkrog, der wegen seiner Beteiligung am siebenbürgischen Aufstand gegen König Matthias Corvinus im Jahre 1467 enteignet worden war, wurde später vom König begnadigt und erhielt seine Besitzungen – darunter auch Anteile in Martinsdorf – im folgenden Jahr 1468 zurück.
Im Jahre 1471 wird erwähnt ein Martinus Literatus da Mortonfalwa, der Leiter einer Abordnung der Sachsen der Sieben und Zwei Stühle war, die beim Weißenburger Kapitel eine beglaubigte Abschrift einer Urkunde des Königs Matthias Corvinus von 1468 über die Rechte und Freiheiten der Sachsen erwirkten.
In der Zeitspanne 1474 – 1486 gab es einen Petrus Presbyter der Marthonfalwa, über den wir aber nichts Näheres wissen .
Im Jahre 1491 verkaufte der Adlige Leonardus Apafy von Nagyfalu seine Besitzungen bzw. Besitzanteile – darunter auch in „Marthonfalwa“ - seinen Brüdern Franciscus und Nicolaus.
Aus der Hermannstädter Provinzialrechnung von 1492 erfahren wir erstmals die deutsche Form des Ortsnamens. Der Ratsherr Johannes Melchior wurde in Amtsgeschäften nach Bell und „Merteinsdorff“ geschickt.
Im Frühjahr 1495 wurde ein Hermannstädter Bote zum Verwalter des Edelhofes in „Marthonfalwa“ geschickt, der einen Dieb seinem Verdienst nach zur „letzten Strafe“ verurteilen sollte .
Damit hätten wir die bisher erschlossenen Angaben über Martinsdorf bis zum Ende des 15. Jahrhunderts vorgestellt. Leider betreffen sie nicht das eigentliche Gemeindeleben, sondern hauptsächlich die adligen Besitzer der Gemeinde. So abgelegen Martinsdorf auch gewesen sein mag, ersehen wir aus den obigen Daten, dass es immer wieder Beziehungen zum König und sogar zum Papst gab.