Der achte „Energietag Braşov“ hatte die rumänische Energiestrategie und, damit verbunden, die Sicherung eines optimalen Energiemixes zum Thema. Der Veranstalter, die Kronstädter GmbH „Transfer de Tehnologie şi Management“ (TTM) in Zusammenarbeit mit der Kronstädter Industrie- und Handelskammer (CCI) und der Kronstädter GmbH „Renewable Energie Production – Operation and Management“ (REPOM), hatten am Dienstag, dem 29. September, ins Kronwell-Hotel eingeladen, um darüber zu beraten, Vertreter der Regierung und der Energieregulierungsbehörde (ANRE) sowie, als Gastreferenten, Dr. Lars Waldmann (Deutschland) von „AGORA Energiewende“ um ihre Standpunkte und Einschätzungen vorzulegen. Der Energietag sollte, wie in den bisherigen Auflagen, auch zu einem Forum werden, wo die Unternehmer im Bereich der erneuerbaren Energiequellen Erfahrungen austauschen, ihre Probleme ansprechen. Alles wird anschließend, wie TTM-Direktor Jürgen Ludwig versicherte, in Form einer Zusammenfassung den Entscheidungsträgern vorgelegt werden.
Bereits nach den Grußworten von Jürgen Ludwig und dem stellvertretenden Kronstädter CCI-Präsidenten Carol Ambruş gab es verschiedene Meinungen zum Thema Energiestrategie. Unter dieser Bezeichnung gibt es Dokumente der rumänischen Regierung, die aber erneut, angepasst und auf eine längere Zeitspanne (2030 oder sogar 2050) ausgerichtet werden sollten. Was und wie wurde bisher davon umgesetzt, was sollte verbessert werden? - das sind Fragen, die offen bleiben, weil man sich in Bukarest offenbar dafür noch Zeit lässt oder noch nach den besten Antworten sucht. Der Vertreter des Arbeitgeberverbandes im Bereich der erneuerbaren Energien (PATRES), Dr. Viorel Lefter, gab zu bedenken, dass eine Energiestrategie, mit visionärer Rolle, eigentlich mehr Sinn macht, wenn die nationale Wirtschaftsstrategie genauer definiert wird, wenn zum Beispiel entschieden wird, welche Industriezweige in den nächsten Jahrzehnten als prioritär gelten.
Die beiden Referenten (Felicia Răcăşan - stellvertretende Generaldirektorin der Direktion für Energie und Umwelt des Energieministeriums, und Claudiu Dumbrăveanu – vormaliger ANRE-Vizepräsident, derzeitig Expert und Berater) gingen auf die Bedeutung eines optimalen Energiemixes ein, den diese Strategie sichern sollte und sprachen über das bisher Erreichte, über die EU-Richtlinien und deren Umsetzung, über den Nachholbedarf vor allem in Sachen Energie-Effizienz. Bei der anschließenden Gesprächsrunde an der sich, außer den Genannten, Hidroelectrica-Genraldirektor Ovidiu Agliceru, Mihai Darie, Wirtschaftsdirektor von Nuclearelectrica, REPOM-Direktor Martin Moise sowie zwei Rechtsanwältinnen von der Kanzlei „Schönherr“ beteiligten, gab es lebhafte Diskussionen bis zu Kritik an der Art und Weise wie z.B. die staatlichen Behörden ihre Versprechen betreffend Förderung der erneuerbaren Energiequellen einhalten. Da sei man nun, nach einer Phase der sehr großzügigen staatlichen Subventionen, ins andere Extrem gefallen, punktierte Moise dem allgemein aus dem Saal zugestimmt wurde.
Mehr Ausgewogenheit, ein Mitspracherecht, Lobbyarbeit, keine Begünstigungen a la „smart guys“ („băieţii deştepţi“) seien Voraussetzungen, um diesem Energiebereich großen Ärger zu ersparen, dem nun sogar manche Bankrotterklärungen von Lieferanten „grüner Energie“ droht.
Die Voraussetzungen einer nachhaltigen und gesunden energetischen Strategie seien in Rumänien vorhanden, denn der derzeitige Energiemix sei gut, sagte Lars Waldmann in einem ADZ-Interview. Der Senior Associate der „AGORA Energiewende“ stellte den Teilnehmern die deutsche Erfahrung in der Bewältigung der Herausforderungen vor, die das Aussteigen aus der Kernenergie mit sich bringt, wie auch die Chancen, die die erneuerbaren Energiequellen für eine nachhaltige und vor allem umweltfreundliche Energiepolitik im Kontext der EU-weiten grenzüberschreitenden Strom-Vernetzung darstellen.
Erneuerbare Energie sei die Zukunft. Dieser zum Schlagwort gewordene Aussage hatte eigentlich niemand zu widersprechen. Nur gab es Bedenken, dass es große Fluktuationen z.B. im Falle der erzeugten Windenergie gibt („2.300 MW fallen in Rumänien aus wenn anhaltende Windflaute in den Windparks herrscht“, so Dumbrăveanu). Die CO2-freie Kernkraft gilt in Rumänien weiterhin als wichtiger Teil des Strom- und Energiemix; die Kohleförderung bleibt (auch wegen der Beibehaltung der damit verbundenen Arbeitsplätze in monoindustriellen Gebieten) in diesem Mix, obwohl sie an Bedeutung verlieren wird.
Was man sich von der neuen oder verbesserten Strategie wünscht, fasste Jürgen Ludwig als Moderator und Experte abschließend zusammen: sie sollte klar, leicht verständlich sein und transparent umgesetzt werden. Das Vertrauen der Investoren sollte damit gewonnen werden, die notwendige Infrastruktur müsse vorhanden sein. Für die Erfahrungen anderer, z.B. Deutschlands, müsse man offen sein und auch mehr bestrebt sein, sich als Teil des europäischen Energiemarktes zu verstehen. Dann habe Rumänien, zum Beispiel in der Balkanregion, sehr gute Aussichten, einer der führenden Akteure in diesem Bereich zu bleiben.