Manchen auf der Eselsleiter
Stimmt sein Aufstieg dann erst heiter,
Wenn er seinem Hintermann
Auf die Finger treten kann.
Solche Vierzeiler hat Ernst Kühlbrandt viele verfasst, aber auch größere Werke hat er geschrieben. Den Kronstädtern ist er bekannt durch seine große Monographie über die Schwarze Kirche, aber auch durch den Führer durch die Schwarze Kirche aus dem Jahr 1913. Im Jahre 2007 hatte der Historiker Gernot Nussbächer einen Nachruf zu seinem 150. Jubiläum seit seiner Geburt verfasst. Inzwischen können wir diesen Text zur 90. Jährung seines Todes aus dem Nachlass Nussbächers noch einmal veröffentlichen.
Die Erfüllung von 150 Jahren seit der Geburt von Ernst Kühlbrandt ist eine gute Gelegenheit, eines vielseitig verdienstvollen Sohnes unserer Vaterstadt Kronstadt zu gedenken. Seine Verdienste liegen vor allem auf dem Gebiet der Kunstpädagogik, der heimischen Kunstgeschichte sowie der Literatur.
Seine Lebensdaten seien kurz vorgestellt. Ernst Kühlbrandt wurde als Sohn des aus Schleswig-Holstein nach Siebenbürgen eingewanderten ersten Turnlehrers in Kronstadt, Theodor Kühlbrandt des Älteren, am 10. Mai 1857 in Kronstadt geboren. Nach der Volks- und Unterrealschule in Kronstadt besuchte er die Oberrealschule in Hermannstadt, die er 1874 absolvierte. Danach war er ein Jahr an der Ingenieurfachschule des Polytechnikums in Graz, wandte sich aber nachher dem Lehrberuf zu und ließ sich in Stuttgart und Wien zum Zeichenlehrer ausbilden. Im Jahre 1880 legte er in Wien das Staatsexamen ab. Er kehrte nach Kronstadt zurück und wurde 1883 als Professor für Zeichnen und Geometrie am Honterusgymnasium angestellt und versah dieses Amt 45 Jahre lang bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1927. Außerdem war er auch 45 Jahre lang Zeichenlehrer an der Kronstädter städtischen Gewerbeschule und von 1914 bis 1930 auch deren Direktor. Er starb am 5. September 1933 in Kronstadt und wurde auf dem Innerstädtischen Friedhof in einer Gruft hinter der Leichenhalle beigesetzt.
Ernst Kühlbrandt hat also vielen Schülergenerationen die Liebe zum Schönen und die Fertigkeiten zu dessen Darstellung vermittelt. Auch als Lehrbuchautor hat er auf pädagogischem Gebiet gewirkt. Als begnadeter Lehrer hat er für seine Schüler auch mehrere Schulreisen veranstaltet und sie zu den klassischen Stätten der Antike sowie nach Skandinavien geführt und begleitet.
Aber seine eigentliche Bedeutung für die Nachwelt hat er außerhalb der Schule erlangt, und zwar sowohl auf literarischem Gebiet als auch als Kunsthistoriker.
Über sein literarisches Werk – bestehend in Gedichten, Epigrammen, Fabeln, Parabeln, Sprüchen, Theaterstücken u. a. – ist schon mehr veröffentlicht worden (vgl. auch. KR Nr. 18/ 7. Mai 1982).
Ein erstes veröffentlichtes Ergebnis seiner kunsthistorischen Arbeiten war die mit seinem Kollegen Julius Groß gemeinsam verfasste Monographie „Die Rosenauer Burg“, für die Kühlbrandt den beschreibenden Teil schrieb und einige Zeichnungen beisteuerte. Der Verein für siebenbürgische Landeskunde gab dieses Bändchen im Jahre 1896 als erstes einer Reihe über die sächsischen Burgen heraus.
Damals arbeitete Kühlbrandt schon mehrere Jahre an seinem späteren Hauptwerk über die Schwarze Kirche in Kronstadt, deren Beschreibung gewisser-maßen seine Lebensaufgabe darstellte. Als im Jahre 1891 die Ausarbeitung der Monographie beschlossen wurde, sollte Kühlbrandt anfangs nur einen Teil übernehmen, aber die übrigen Mitarbeiter fielen später aus und ihm blieb es vorbehalten, zur Honterusfeier im Jahre 1898 das erste monumentale „Heft“ über „Die evangelische Stadtpfarrkirche A. B. in Kronstadt“ allein zu verfassen. Es ist die erste große monographische Darstellung eines siebenbürgischen kirchlichen Baudenkmals, das frühere Arbeiten sowohl an Umfang als auch an Vielseitigkeit übertraf. Außer der eigentlichen Baubeschreibung hat sich Kühlbrandt intensiv mit den Steinmetzzeichen an der Schwarzen Kirche befasst, denen er ein eigenes Kapitel mit zahlreichen Zeichnungen widmet, das bis heute an Gediegenheit noch nicht übertroffen wurde.
Im gleichen Honterus-Jahr 1898 schrieb Ernst Kühlbrandt auch für die Monographie „Das sächsische Burzenland“ das umfangreiche Kapitel über „Die Kirchen und Burgen des Burzenlandes“.
Ernst Kühlbrandt war auch der erste, der sich der reichen Sammlung alter orientalischer Teppiche in der Schwarzen Kirche widmete und ebenfalls 1898 erstmals über diese wertvollen Kulturgüter veröffentlichte und später noch mehrere Arbeiten darüber schrieb.
Auch im Sebastian-Hann-Verein (1904) war Kühlbrandt aktiv und einer der Mitbegründer der von Adolf Meschendörfer herausgegebenen Zeitschrift „Die Karpathen“ (1907-1914). Hier erschienen mehrere kunsthistorische Beiträge, sowohl über die Teppiche, als auch über das Marienbild in der Schwarzen Kirche, dessen Rekonstruktion ihm gut gelungen ist und eine wertvolle Hilfe bei der späteren Restaurierung geleistet hat.
Im Jahre 1913 hat Kühlbrandt auch die zweite Auflage des „Führers durch die evangelische Stadtpfarrkirche A. B. in Kronstadt“ betreut und ergänzt, nachdem die erste Auflage von Fr. W. Seraphin (1903) vergriffen war.
Für die Festschrift „Das sächsische Burzenland einst und jetzt“ (1925) verfasste Kühlbrandt den Beitrag über Kronstadt.
Die Krönung seines Lebenswerkes war dann das abschließende 2. und 3. Heft der großen Monographie über die Schwarze Kirche, das im Jahre 1927 erschien, als Kühlbrandt 70 Jahre alt war, und eine eingehende Darstellung der kunsthistorisch wertvollen Einrichtung der Kirche enthält: Plastiken, Malereien, Altar, Orgel, Teppiche, Gestühle, Grabsteine u. a. Für diesen Band hatte der alte Freund und Mitarbeiter Julius Groß die Baugeschichte geliefert.
In folgenden Jahren schrieb Kühlbrandt für die vom Burzenländer Sächsischen Museum herausgegebene Monographie „Das Burzenland“ (1928/1929) als bester Kenner die Kapitel über die Schwarze Kirche und über die Rosenauer Burg.
Weitere Arbeiten mit neuen Forschungsergebnissen über die Schwarze Kirche veröffentlichte Kühlbrandt noch im Jahre 1930.
Nicht unerwähnt sei auch ein Aufsatz über „Die Kunstdenkmäler der Siebenbürger Rumänen im Lichte der bisherigen Forschungen“ in der „Kronstädter Zeitung“ (1928).
Im Archiv der Honterusgemeinde in Kronstadt befindet sich in drei Archivschachteln der Nachlass von Ernst Kühlbrandt, gewiss nur ein sehr kleiner Teil seiner Schriften, der aber noch nicht vollständig geordnet, verzeichnet und ausgewertet ist, aber einer genaueren Untersuchung harrt. Die chronologisch jüngsten Stücke sind die „Kronstädter Zeitung“ Nr. 202 vom 6. September mit der Todesanzeige und die Nr. 203 vom 7. September 1933 – dem Tage seines Begräbnisses – mit dem schönen Nachruf: „Prof. Ernst Kühlbrandt +“, ohne den Verfasser zu nennen.
Durch die oben erwähnten Arbeiten hat Ernst Kühlbrandt wertvolle Beiträge zur siebenbürgischen Kunstgeschichte im Allgemeinen, der Kronstädter Kunstgeschichte im Besonderen und vor allem über die Schwarze Kirche erbracht, die den Ausgangspunkt für spätere Forschungen bildeten und auch heute noch gültig und dokumentarisch wertvoll sind.
Soweit der Text von Gernot Nussbächer aus dem Jahr 2007.
Ernst Kühlbrandt hatte 1885 die Tochter Marie Julie des Seifensieders Daniel Gottlieb Eitel geheiratet. Seine Frau ist nach 8 Jahren Ehe 29-jährig gestorben. Von den fünf Kindern aus dieser Ehe erreicht nur ein Sohn das Erwachsenenalter. Im Jahre 1895 heiratet Kühlbrand noch einmal und zwar die Nichte seiner ersten Frau, Hermine Regina Johanna Eitel, Tochter des Stuhlrichters Heinrich Eitel. Aus dieser Ehe stammen noch fünf Kinder, vier Mädchen und ein Junge.
Ernst Kühlbrandt wird 76-jährig, am 7. September 1933 in der Gruft der Familie Eitel C40, in der Inneren Stadt bestattet. In Anbetracht seiner hervorragenden Leistungen für die deutsche Schule und Kirche in Kronstadt wäre er einer entsprechenden eigenen Grabinschrift würdig.