Blättert man heute nach fast 100 Jahren in dem Reisehandbuch durch das damalige Großrumänien, das von Emil Sigerus 1925 herausgegeben worden war, und Landkarten aller Regionen umfasst, wird man weniger von den heutigen Gegebenheiten des Landes und dessen Naturschönheiten, Baudenkmälern, die die Jahrhunderte überlebt haben überrascht, als von den praktischen Hinweisen jener Zeit. Der Autor, der mit der Zusammenstellung eines solches Führers beauftragt worden war, hatte nur wenig Zeit für dessen Redaktion, hatte auch relativ wenig Literatur dafür zur Verfügung. Gedacht war, dass das handliche Buch vor allem für Vergnügungsreisende des Inlandes, dienlich sein sollte aber auch für Besucher aus dem Ausland und für Geschäftsreisende, die über die Gegebenheiten des nach 1918 gegründeten Großrumänien informiert werden mussten.
Herausgegeben wurde der Reiseführer vom Kulturamt des Verbandes der Deutschen in Großrumänien, vom Rüdiger Verlag Berlin. Gedruckt wurde dieser in der Wilhelm Krafft Druckerei von Hermannstadt. Und wie der Autor in seinem Vorwort betont, war damals im Lande noch alles im Werden begriffen, „wie das bei einem durch den Weltkrieg so bedeutend vergrößerten Land auch ganz natürlich ist“. Auch konnten nicht alle Daten einwandfrei als sicher verwendet werden, da es beispielsweise noch keine Volkszählung zu dem Zeitpunkt der Gestaltung des Reisehandbuches gegeben hatte, das in Kleinformat A5, rund 140 Seiten stark erschienen ist. Daher verwendete der Autor die diesbezüglichen Daten aus bis dahin erschienenen Dokumentationen. Eingeleitet wird der Reiseführer durch eine Reihe von Vorbemerkungen. So war es verpflichtend, einen Reisepass vorweisen zu können, wenn man aus einem anderen Land kam. Hielt man sich in einer Ortschaft auf, musste man diesen persönlich bei der Ortsbehörde (Siguran]a) vorzeigen. Beim Überqueren der Grenzübergänge wurde eim Zoll das Gepäck genaustens durchsucht. Damals herrschte im Land die Goldwährung, doch waren keine Goldmünzen im Verkehr. Die rumänische Münze war der Leu, die in 100 Bani untergliedert war. Ausländische Währungen konnte man am sichersten wie auch gegenwärtig in Banken oder Wechselstuben, die es in größeren Ortschaften gab, eintauschen. Als beste Reisezeiten wurden die Monate Juni bis Oktober empfohlen. Fahrtmöglichkeiten gab es mit der Eisenbahn, Dampfschiffen, eigenen Wagen oder Miettaxis. Direkte Fahrkarten konnte man in Berlin, Dresden, Leipzig, München u.a. für Städte wie Bukarest, Hermannstadt, Kronstadt, Temeswar, Klausenburg, Großwardein, Czernowitz lösen. Auf den Bahnhöfen der größeren Städte konnte man Fahrpläne zwecks Orientierung kaufen. Solche wurden auch in Buchhandlungen angeboten. Der Autor machte die Reisenden aufmerksam, dass es auch viel Unsicherheit besonders für Ausländer gibt, daher soll man auf sein Gepäck bestens aufpassen.
Eine Einschätzung der Gästehäuser, Gaststätten und Kaffee-stuben klärte den Reisenden ebenfalls auf und bietet auch einige konkrete Anhaltspunkte. Einleitend findet man auch Erklärungen der wichtigsten Worte aus dem rumänischen Sprachgebrauch und deren Bedeutung in deutscher und ungarischer Sprache. Informiert wurde der Leser über weitere allgemeine Daten. Die Fläche des Landes wurde mit 294.244 km2 angegeben. Gegenwärtig sind es 237.000 km2. Die Einwohnerzahl mit 16.300.000, davon zu 80 Prozent Rumänen 13 Millionen, gefolgt mit 1,1 Millionen Ungarn, 800.000 Deutsche, 800.000 Juden, 400.000 Russen, 120.000 Bulgaren, 50.000 Griechen, 25.000 Zigeunern, 80.000 Türken u.a. Der Konfession nach waren 11 Millionen orthodox, 2 Millionen griechisch-katholisch, 800.000 evangelisch, 532.000 gehörten verschiedenen christlichen Sekten an. Interessant ist einen Blick auf die damalige Landeseinteilung zu werfen. Im Banat gab es drei Kreise, in Siebenbürgen 15, einer in der Maramuresch, 3 im Sathmarer Gebiet, 11 in der Bukowina, 13 in der Moldau, 17 in der Walachei, 4 in der Dobrudscha, 9 in Bessarabien. Der Kronstädter Kreis wird mit 1491 km2 Fläche und 101.953 Bewohnern angegeben. Hermannstadt sogar mit 3619 km2 und 175.515 Bewohnern, Fogarasch mit 2444 km2 und 93.916 Bewohnern. Der Kreis Târnava Mare mit dem Vorort Schäßburg hatte 3338 km2 und 148.864 Bewohner. Es folgt eine ausführliche Vorstellung der einzelnen Landesgebiete, ausgehend von den geschichtlichen Voraussetzungen und bis zu Angaben nach der Jahrhundertwende, auf die eingegangen wird. Temeswar wird als der Hauptort des Banats vorgestellt. Auch ein Stadtplan wird dem Reisenden geboten, Gästehäuser wie Bristol, Grand, Metropol, Goldener Hirsch, Splendid vorgestellt. Das Deutsche Konsulat und das Österreichische befanden sich am Ferdinand Boulevard Nr. 5. Die da erscheinenden deutschen Zeitungen „Banater Tageblatt“, „Temeswarer Zeitung“, „Schwäbische Volkspresse“, „Banater Landwirt“, „Von der Heide“, „Temeswarer Volksblatt“ werden mit Anschriften angegeben. Eine Donaufahrt durch den Kasanpass, das Banater Erzgebirge werden dem Besucher geschildert. Nach der Maramuresch und dem Sathmarer Gebiet folgt eine Beschreibung Siebenbürgens, wobei ausführlich auf die Beschreibung von Hermannstadt, dessen Umgebung, Fogarasch, Kronstadt, Schäßburg eingegangen wird. Besonders ist dabei die Beschreibung der Landschaft, des Hochgebirges zu erwähnen. Nicht übergangen werden die da befindlichen Baudenkmäler, die Kirchenburgen, die Stadtpfarrkirche von Hermannstadt, deren Bau bis ins 14. Jahrhundert zurückreicht. Nicht übersehen wird das Bronzestandbild des Bischofs Georg Daniel Teutsch, das Gebäude des Gymnasiums, das Gebäude des Rathauses in der Metropoliegasse und natürlich das Brukenthal-Museum.
Auf der Fahrt von Hermannstadt über Fogarasch nach Kronstadt wird das Brukenthalschloss, die Sommerresidenz in Freck vorgestellt. Nicht zu übersehen die Fogarascher Burg, wie auch die Kirchenburgen im Gebiet, wie dann anschießend die des Burzenlandes im Kapitel Kronstadt und Umgebung. Die Schwarze Kirche, das Kronstädter Rathaus, die Festung am Schlossberg, die Bartholomäuskirche aber auch die orthodoxe Nikolauskirche, die Honterus- und die Mädchenschule werden mit geschichtlichen Angaben den Reisenden vorgestellt. Ein Abstecher bietet der Autor auch in die Vororte von Kronstadt, eine Fahrt mit der Stadtbahn in die Noa, aber auch nach Törzburg. Es folgen die Reisemöglichkeiten und Angebote in die ungarischen Gebiete, der Haromszek und in die Csik. Ein weiteres Ziel bietet Klausenburg, der Stadt, die damals 83.542 Einwohner laut Reiseführer zählte. Die Mehrheit der Bevölkerung bestand da aus Ungarn und Rumänen, aber es gab auch 2073 Deutsche. Außer der Vorstellung dieser Universitäts- und Kulturstadt werden Reiserouten beschrieben u.a. nach Bistritz. Aus Siebenbürgen wird der Besucher in die Walachei und nach Bukarest begleitet. Vorgestellt werden das Königspalais, die Universitätsbibliothek, die 164 gegründete Universität, das Amann-Museum, das Postpalais und die Nationalbank.
Ein Spaziergang in den Ci{migiu-Park und durch die Calea Victoriei sind weitere Vorschläge für vorgenommene Aufenthalte. Fahrten von Kronstadt über Predeal nach Bukarest, oder von Hermannstadt durch den Rotenturmpass sind auch empfohlen. Dabei ist der Akzent besonders auf die schöne Landschaft gelegt. Es folgen die Beschreibungen der wichtigsten Städte in der Moldau, Jassy, Galatz, Foc{ani, aber auch Dolhasca, Bac˛u, Piatra Neam] u.a. Weiteres Reiseziel ist die Bukowina, wo besonderes auf die orthodoxen Klöster von Sucevi]a, Putna, Vorone], dem ehemaligen Fürstensitz Suceava eingegangen wird. Bessarabien mit der Hauptstadt Kischiniew, den da bestehenden Traditionen und Sehenswürdigkeiten, und zum Schluss die Dobrudscha mit dem Donaudelta runden das Reisehandbuch ab, nicht ohne die Hafenstadt Konstanza ausführlich vorzustellen. Der 1902 dem Verkehr übergebene Hafen an der Schwarmeerküste wird auch einer ausführlichen Vorstellung unterzogen. Ein alphabetisches Inhaltsverzeichnis, ein Werbeteil vor allem für Geschäfte in Hermannstadt, aber auch aus anderen Gebieten, einer bunten Karte mit den Gebieten von Großrumänien runden den Reiseführer ab. Sehr aufschlussreich ist darin die Fülle an Materialien aus der Zeit nach der großen Vereinigung von 1918. Auch sind die darin gebotenen Daten sehr nützlich bei Vergleichsstudien der Epoche und anderen Perioden der Landesgeschichte.