„Es ist an der Zeit“

Ausstellung von George Roșu im Kunstmuseum

„Es ist an der Zeit anzufangen, auch wenn es zu spät ist“ steht im Text. Statt der Stunden, steht auf der Uhr: Ich kann, ich kann, vielleicht. Fotos: Hugo Ioan Spahiu

Eine gelbe Uhr auf der weißen Wand ist das erste, was man im Ausstellungsraum Nummer 1  des Kunstmuseums sieht, wo der Künstler George Ro{u seine neuesten Werke in „Hier ist noch Zeit für etwas Neues” zur Schau gestellt hat. Die Uhr deutet auf die Zeit hin, die vergangen ist, seit man auf Lokalebene „immer wieder“ versucht hat, die Kulturlandschaft auf ein höheres Niveau zu bringen und immer wieder gescheitert ist.

Auch die Exponate, gelbe DIN-A4-Blätter, ringsum im Saal zeigen Uhren. Wo man nur hinschaut, wird klar, dass die Zeit davonfliegt. Wenn man auch noch die Texte zu den Zeichnungen liest, wird klar, dass sie für die lokale Kulturlandschaft bislang vergebens vergangen ist. Egal wie viel man versucht habe, ein eigenständiges Angebot für die Stadt zu erarbeiten, sei Kronstadt weiterhin kulturell „tot”, wie Ro{u bereits 2019 in einem ADZ-Interview sagte. Das ist auch der Grund, warum die Vernissage ausgerechnet am 1. November, zum Totensonntag, organisiert wurde.

Seit sieben Jahren ist der ehemalige Honterianer aus Kronstadt weggezogen, weil er als visueller Künstler hier keine Perspektive sah. Bei seinen Besuchen zu Hause merkt er jedes Mal, dass sich weiterhin keine bemerkenswerten Veränderungen getan haben. In seiner Heimatstadt fehlen ihm immer noch eigenständige Kunstgalerien, ein „gutes Theater in Deutsch oder Ungarisch oder zumindest ein gutes Theater in rumänischer Sprache”, lokale Initiativen, die auf nationaler Ebene etwas taugen.

„Es ist an der Zeit, dass es nicht mehr zu spät ist, um anzufangen“
„Es ist an der Zeit, einmal anzufangen“ heißt ein Text unter einer gezeichneten Uhr, „Es ist an der Zeit, wieder anzufangen“ ein anderer Anreiz, „Es ist an der Zeit anzufangen, obwohl es schon zu spät ist“. Jeder der Texte unter den gezeichneten Uhren beinhaltet ein Wortspiel, das vom Begriff „Zeit“ ausgeht und das auf die wiederholten Bemühungen deutet, die gemacht wurden, damit die wundervolle Stadt auch auf kultureller Ebene beeindruckt. Die staatlichen Institutionen haben kein bemerkenswertes Angebot, viele privaten Anbieter haben mit der Zeit aufgegeben, zu versuchen, in der Stadt Events zu veranstalten, weil sie keine Unterstützung erhielten. Enttäuschung, Resignation, Wut sind aus Roșus Werken herauszulesen.

Die Situation der Kunst und Kultur beschäftigen ihn schon lange. In seinen Grafiken, die im Vorjahr anlässlich der Wiedereröffnung des Kunstmuseums auf der Fassade standen, machte er auf den Wert und die Notwendigkeit der Kunst in der Gesellschaft aufmerksam.

Immer noch keine Kulturstrategie
Seit Jahren wartet die Stadt auf eine Kulturstrategie. Vergebens. Zwar ist die Anzahl der Veranstaltungen in den letzten vier Jahren stark angestiegen, durch die bedeutend größere Finanzierung von NGOs, Vereine und Organisationen seitens des Bürgermeisteramts. Diese ist von einer halben Million Lei im Jahr 2018 auf 3,5 Millionen Lei für dieses Jahr gestiegen. Doch sind die meisten Events nicht einzigartig und sie sind klein und haben nicht das Potential als internnationale oder nationale Attraktion zu wirken. Viele Kunstschaffende und Organisatoren von Kulturevents, darunter auch George Ro{u, beklagen, dass es keine Einheitlichkeit, keine Richtung und kein Konzept im Bereich Kultur gibt. Ein erfahrener Kulturmanager, der auch von Kunst und Kultur etwas versteht, sei nötig, um eine kohärente Strategie aufzubauen und einen konkreten langfristigen Plan durchzuführen.

Ein Teufelskreis
„Es ist kein realer Fortschritt der lokalen Kultur sichtbar“, erklärt der Künstler. „Ein Teufelskreis verhindert den Fortschritt: Inhalt, Qualität, Bedingungen und Kohärenz“. Vielen der Kulturevents mangele es an Inhalt oder Qualität und den wenigen privaten Initiativen (Festivals und Veranstaltungen), die wirklich etwas taugen, mangele es an Bedingungen, um ihre Vorhaben nach Wunsch zu verwirklichen. Es mangele nicht nur an finanzieller Unterstützung, sondern vor allem auch an Räumlichkeiten, Technik, Ausstattung und an professionellen Leuten, die ihre Arbeit mit Hingabe verrichten.

„Hier ist noch Zeit für etwas Neues“ ist bis zum 8. Dezember im Kunstmuseum zu besichtigen.