Kein Stuhl blieb frei im Festsaal des Kronstädter Demokratischen Forums der Deutschen in Kronstadt (DFDK) am Mittwoch, dem 29. Januar, als dessen Mitglieder und Freunde zusammentrafen um auf das neue Jahr anzustoßen. Wie in den vergangenen vier Jahren, seit diese Veranstaltung ins Leben gerufen wurde, bietet sich der Neujahrsempfang als ein guter Anlass zur Begegnung, zum Wiedersehen an, als ein Anlass Rückschau zu halten, sowie einen Ausblick auf die Zukunft zu werfen. Besonders in einem Jahr, in dem 75 Jahre seit der Deportation der Deutschen in Rumänien nach Russland gedacht werden, aber auch in dem Wahlen anstehen: Kommunalwahlen im Juni, sowie Parlamentswahlen.
Bei der Veranstaltung kamen drei Gäste zu Wort: Hans Erich Tischler, Konsul der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt, Martin Bottesch, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen und Danielis Mare, Vikar der Evangelischen Kirche A.B. für das Repser Land. Gastgeber Thomas Șindilariu, Vorsitzender des Ortsforums Kronstadt, moderierte den Abend.
Siebenbürger Sachsen sind Brückenbauer
Hans Erich Tischler, Konsul Deutschlands in Hermannstadt, äußerte seine Wertschätzung für die Siebenbürger Sachsen. Durch ihren reichen Erfahrungsschatz im Bereich des friedlichen Zusammenlebens verschiedener Völker, aber auch durch den kulturellen und wirtschaftlichen Beitrag setzen sie, als „wichtige Brückenbauer“, in einem Europa das weiterhin zusammenwachsen müsse und werde, „ein großartiges Zeichen, sind Vorbild für viele“. Auch wenn sie nur wenige Mitglieder habe, bringe sich die deutsche Minderheit in Siebenbürgen in Staat und Gesellschaft ein, setzte sich zum Wohle aller ein und sollte sich auch auf politischer Ebene weiterhin dafür engagieren.
Tischler unterstrich die einzigartige Kulturlandschaft, welche die Siebenbürger Sachsen mitgeprägt haben und nannte die Bedeutung der Kirchenburgen, als „identitätsstiftendes Element der Siebenbürger Sachsen“, zu deren Erhalt die BRD sich seit Jahren einsetzt. Für die Finanzierung dieser schwierigen, aufwendigen Aufgabe, der er sehr gerne nachkomme, empfahl er auch das Einwerben von EU-Fördermitteln. Im Bereich Kulturerbe äußerte der Konsul den Vorschlag, dass der Turm der Schwarzen Kirche für Touristen zugänglich gemacht werde.
Auch unterstrich der Diplomat, die Bemühungen der deutschen Minderheit zur deutschen Bildungstradition weiterzuführen, wofür Deutschland sich durch Lehrerentsendungsprogramme, Kulturzentren, oder die Aktivitäten des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) einsetzt.
„Das Forum soll eine einheitliche Linie haben“
Für das Deutsche Forum werde 2020 ein spannendes Jahr, sagte Martin Bottesch. Im Jahr der Wahlen müsse das Forum weiterhin aktiv werden und bleiben in der Gemeinschaft und Verantwortung übernehmen, so wie der verstorbene ehemalige Vorsitzende Paul Philippi schon in den 90er Jahren gesagt hatte. Das heißt auch, sich weiterhin den Wahlen zu stellen, um die Werte der deutschen Minderheit zu vertreten und zur Geltung zu bringen. Dafür müsse man gute Kandidaten für Stadt-, Gemeinde- und Kreisräte finden und sich mitein-ander absprechen, damit „das Forum eine einheitliche Linie“ habe.Bottesch erklärte, dass es nicht selbstverständlich sei, die Wahlen zu gewinnen, auch wenn beispielsweise Hermannstadt seit 20 Jahren deutschstämmige Bürgermeister hat und der Kreisrat derselben Stadt zur Mehrheit aus Deutschen besteht, wo diese nur 1,5 Prozent der Bevölkerung ausmachen.
Nichtsdestotrotz unterstrich er, dass das Forum, zum Unterschied von Parteien, nicht von den Wahlen abhängig ist und bei geringer Stimmenanzahl nicht untergeht. Aufgabe des Forums als Organisation einer Minderheit sei es, dafür zu sorgen, dass Minderheit, Sprache und Schule weiterhin bestehen können. Er zeigte sich sehr zufrieden, dass es weiterhin möglich sei, mit Mitteln der Regierung die Foren im Land zu unterstützen, um kulturelle Veranstaltungen zu organisieren, Bücher und die Zeitung weiter wie bisher herauszugeben, sowie die Schule zu unterstützen.
Auch nannte Bottesch das inZusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien gestartete soziale Projekt für vereinsamte Personen, die der deutschen Minderheit angehören und in Städten und Dörfern leben. Ein Referent für den Kontakt mit Mitgliedern wird in Hermannstadt diese Personen künftig betreuen. Stellt sich das Pilotprojekt als erfolgreich dar, soll es siebenbürgenweit ausgeweitet werden.
Ein Blick in die Zukunft
In seiner Rede sprach Thomas Șindilariu die Dankbarkeit aus für die mit den diplomatischen Vertretern Deutschlands gemeinsam seit 1990 zurückgelegte Wegstrecke, die er unter den Forumsmitgliedern ausmacht.
Er erinnerte an die 75 Jahre seit der Deportation in die Sowjetunion, an die Agrarreform von 1945, an den Zweiten Weltkrieg, die die deutsche Minderheit in Siebenbürgen betroffen haben. Um gegen jegliche Form der Wiederholung solcher „alptraumhafter Entwicklungen“ zu kämpfen, helfen demokratische Wahlen.
Die „erstaunliche Resistenz“, die sich seit dem Fall des Kommunismus rund um Schule, Kirche, Forum zeigt, zeugt von einem hohen Interesse an der deutschen Minderheit, auch seitens von Menschen, die nicht aus dieser stammen. So wäre die Frage, die Șindilariu, wie auch Danielis Mare, Vikar der Evangelischen Kirche A.B. für das Repser Land in ihren Reden stellten, ob es die deutsche Minderheit in Zukunft noch geben wird, positiv beantwortet. Mare bestärkte die Hoffnung, nie aufzugeben.
Die große Nachfrage, der sich die deutschen Schulen des Landes erfreuen, verschärft das Problem des Lehrermangels.
Eine von mehreren Maßnahmen, mithilfe welcher das Ortsforum Kronstadt sich bemüht, die vielen nur provisorisch besetzten Katheder am Honterus-Nationalkolleg im Rahmen von Austausch- und Entsendungsmaßnahmen für eine Zeit lang mit Lehrkräften aus Deutschland zu besetzen, ist auch ein kurzes Präsentationsvideo zur deutschen Minderheit und ihren Schulen in Kronstadt, das beim Ereignis gezeigt wurde.
Zum Abschluss lud Șindilariu zur Mitgliederversammlung des Ortsforums Kronstadt, am 17. Februar, um 18 Uhr, sowie zu Partizipation und Implikation ein, um die Vertreter für die Vertreterversammlung des Kreisforums zu bestimmen und die Kandidaten für die Kommunalwahlen zu wählen.
Zwischen den Ansprachen spielte der Honterianer Paul Ionescu Stücke von J.Ph. Rameau, W.A. Mozart und F. Chopin am Förster-Flügel des Forums. Nach dem gemeinsamen Singen des Siebenbürgenliedes stießen die Gäste mit einem Glas Sekt an und bedienten sich mit Vanillekipfel nach Omas Rezept eines Kronstädter Unternehmers. Kalender, Jahrbücher, sowie weitere Publikationen standen zum Mitnehmen frei.