Dutzende Grundschüler stehen vor einer großen, weißen Halbkugel am Großen Ring in Hermannstadt. Manche sind aus Talmesch mit dem Zug, andere sind zu Fuß aus der Schule in Hermannstadt gekommen, um Animationen zu sehen, die im „Dome”, der weißen Halbkugel gezeigt werden. Diese werden in 360 Grad auf der gesamten Halbkugel ausgestrahlt, sodass die Zuschauer von allen Seiten von bewegten Bildern umgeben sind. Für viele ist es das erste Mal, dass sie an so einer virtuellen Erfahrung teilnehmen. Ein Mädchen hat sogar ihren grauen Plüschhund mitgebracht. Ältere Grundschulklassen waren bereits in den Vorjahren beim Astra Film Junior, einer Sektion für Kinder und Jugendliche des landesweit ältesten und bedeutendsten Filmfestivals für Dokumentarfilme, dem Astra Film Festival.
Zwischen dem 21. und 27. Oktober konnten Grund- und Gymnasialschüler, sowie Lyzeaner zahlreiche Dokumentationen und Animationen im Dome und im Kino sehen. Viele der in den Filmen behandelten Themen wurden nach der Vorführung auf kindgerechte Art mit Fachleuten oder in der Klasse mit den Lehrkräften besprochen.
Interaktive Filme
Rund 250 Kinder liegen auf dem Rücken auf den Sitzsäcken im Dome und blicken nach oben. Drei nette Außerirdische fliegen durch das Weltall und landen versehentlich in einem Wald auf der Erde. Alles ist neu für sie und sie brauchen Hilfe, um zu lernen, auf die Pflanzen und Tiere aufzupassen. Sie fragen das Publikum, was die kleinen Wesen sind, die fliegen, summen und ihnen Angst einjagen. „Bienen!” antworten die Schüler im Chor. Sie beantworten alle Fragen der galaktischen Wesen und helfen ihnen somit, den Wald, in dem sie sich befinden, zu retten. Dabei lernen sie auf spielerische Art und Weise über das Pflanzenwachstum, die Vielfalt der Ökosysteme der Erde und die entscheidende Rolle der Wälder als Lebensräume. Jeder der Streifen im AF-Junior-Programm hat aktuelle und interessante Themen aufgegriffen, sodass sich das Publikum ab 6 Jahren mit Klimawandel, Mut, Bullying, aber auch dem Wunsch, seinen Traum um jeden Preis zu verfolgen, auseinandersetzen konnte.
Umfassendstes Bildungsprogramm
AF Junior ist das älteste und umfassendste Bildungsprojekt durch Film und Filmbildung für Schülerinnen und Schüler im vorschulischen und schulischen Bereich im Land. Das Transilvania Film Festival in Klausenburg (TIFF) und das One World Romania in Bukarest sind zwei der rumänischen Festspiele, die ebenfalls Streifen als Lernform anwenden. Genau wie das AF Junior, bilden auch sie die Lehrkräfte aus und zeigen Jugendlichen im Rahmen von mehrtägigen Dokumentar/Film-Workshops die Geheimnisse dieser Kunst.
2009 begann das Astra-Film-Junior-Projekt, das von Csilla Kató, der künstlerischen Leiterin des AFF ins Leben gerufen wurde, Streifen für die junge Generation in Hermannstadt zu zeigen. Das Ziel: zu kritischem Denken anzuregen, Neugier zu wecken und Empathie für die auf der großen Leinwand erzählten Geschichten und Erfahrungen zu fördern.
15 Jahre später führen die Festspiele ihre Mission weiter und versammeln Tausende Kinder aus dem Munizip, aber auch aus Ortschaften im ganzen Kreis zu gemeinsamen Erfahrungen und Diskussionen. In einer Broschüre vom AF Junior finden Lehrkräfte und Bildungsberater Informationen, wie sie Dokumentationen im Unterricht einsetzen können. So lernen die Kinder ausgehend vom Medium Film über die Welt, in der sie leben, über die Verantwortungen, die sie ihr gegenüber haben, über Toleranz und üben freies Denken und Sprechen.
Für die Zukunft plant das Team des Festivals, eine Kinemathek für Kinder und Jugendliche einzuführen, die auch außerhalb des Festivals, und zwar das ganze Jahr über, Bildung durch Film anbietet.
6+, 11+, 15+
Das Programm des Festivals ist für Schüler in drei Altersgruppen aufgeteilt: 6+, 11+, 15+. Wenn die Kleinsten von einem lustigen Würfel über die Welt der Gefühle und den gesunden Umgang mit ihnen, aber auch über das Sonnensystem oder über die Umwelt gelernt haben, unternahmen Gymnasialschüler eine Weltreise mit Charles Darwin oder fanden von einer KI-Drohne heraus, wie Mikroben zum Wachstum beitragen und Wasser und Luft reinigen. Jugendliche andererseits, die die immersive Erfahrung besser tolerieren als kleine Kinder, konnten im Dome eine Geschichte der Sondereffekte verfolgen und fortgeschrittene Gleichungen und Technologien miterleben, die heute in der digitalen Welt von Spielen und Videos alles möglich machen.
„Wir haben eine Generation, die von jungem Alter an sehr viel audiovisuellen Inhalt konsumiert, aber zu wenige Gelegenheiten erhält, darüber zu reflektieren. Die Rolle des Astra Film Junior- Programms ist genau diese: ihnen die notwendigen Werkzeuge zu geben, um kritisches Denken zu entwickeln und die Fähigkeit zu trainieren, den audiovisuellen Inhalten, denen sie ausgesetzt sind, aufgeschlossen zu begegnen“, sagte Dumitru Budrala, Gründungsdirektor des Astra Film Festival.
Komplexe Inhalte auf anschauliche und fesselnde Weise vermittelt
Auch die Filme, die im Kino gezeigt wurden, haben großes Interesse geweckt. Die jungen Zuschauer konnten von Mariella, einem 11-jährigen Mädchen, das Kung Fu macht, Tricks zur Selbstkontrolle lernen und Methoden gegen das Bullying und Cyberbullying von der 13-jährige Rosalie erfahren. Stijns Geschichte zeigte dem Publikum die Bemühungen des 14 Jahre alten Jungen, auf Alkohol und Drogen zu verzichten. Auch die Geschichte eines jugendlichen Flüchtlings hat beeindruckend gewirkt. Derart Lebensgeschichten können mehr Verständnis und Empathie für Mitmenschen wecken und dazu verhelfen, bewusster zu handeln.
Astra Film Teen
Der große Erfolg des Programms für Minderjährige hat dazu geführt, dass es ab diesem Jahr auch das Astra Film Teen gibt. Dieses richtet sich an Schüler ab 15 Jahren, denen wichtige Themen vorgelegt werden, die sie zum Nachdenken anregen. Der Wunsch vieler junger Menschen, als Freiwillige am Festival teilzunehmen, führte auch zu ihrer Einbindung in die Zukunft dieser Sektion – von der Auswahl der Filme und Diskussionsthemen mit Fachleuten bis hin zur Organisation der Vorführungen. Unter den Freiwilligen in diesem Jahr waren auch jene, die als Kinder mit der Schulklasse beim AF Junior mitgemacht haben, mit Dokumentarfilmen aufgewachsen sind und nun zur Astra-Familie gehören.
Das Astra Film Festival mit seinen Sektionen für Kinder und Jugendliche stand unter der Schirmherrschaft des Präsidenten von Rumänien und wurde vom Nationalen Kulturfond AFCN und dem Hermannstädter Bürgermeisteramt mitfinanziert.