Unter dem Motto „Ohne Vergangenheit keine Zukunft“ hat das Kronstädter Ortsforum am Donnerstag, dem 28. März, zusammen mit aus dem ganzen Land angereisten Ehrengästen, Mitgliedern, Partnern und Freunden im Apollonia-Kulturzentrum (dem Gebäude der ehemaligen Burzenländer Bank) auf den Frühling und zugleich auf einen Aufbruch und Neubeginn angestoßen.
Der wichtigste Grund zum Feiern wurde gleich zu Beginn von der Vorsitzenden Olivia Grigoriu angekündigt: die Mitglieder des Kronstädter Ortsforums haben demokratisch beschlossen, die Kandidatur von Allen Coliban für eine zweite Amtszeit als Bürgermeister von Kronstadt zu unterstützen.
An der vom Ortsforum organisierten Veranstaltung nahmen als Ehrengäste der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Peer Gebauer, der Bürgermeister Allen Coliban, Paul-Jürgen Porr, der Vorsitzende des DFDR, Martin Bottesch, Vorsitzender des Siebenbürgenforums, der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Gan], der Unterstaatssekretär im Departement für Interethnische Beziehungen Thomas [indilariu, der Vorsitzende des Kronstädter Kreisforums Bernhard Heigl, der Leiter des Honterus-Kollegs Radu Chiv˛rean und die Leiterin des Deutschen Kulturzentrums Roxana Florescu teil.
Erhalt der Identität ist wichtig
In ihren Grußworten sprachen die Gäste über die deutsche Vergangenheit Kronstadts, über die Wichtigkeit der Bewahrung von Identität und Sprache und über ihre Zukunftsvisionen in der multikulturellen Stadt am Fuße der Zinne. Ein wichtiger Diskussionspunkt war der Erhalt der Innenstadt und die Förderung der deutschen Sprache und Kultur.
Dass die Stadt eine „vielversprechende“ Zukunft habe betonte die Vorsitzende des Ortsforums Olivia Grigoriu in ihrem Grußwort. Sie dankte den Institutionen, die den Erhalt der deutschen Kultur und Sprache sichern: das muttersprachliche Schulwesen, die christlichen Gemeinden, die zur Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses gehören, das Deutsche Kulturzentrum, der Deutsche Wirtschaftsclub, die Zeitung und das Forum.
„Wir haben qualitativ hochwertige muttersprachliche Kindergärten und Schulen in deutscher Sprache. Solange es diese gibt, wird es auch weiterhin Menschen geben, die sich zur Minderheit bekennen, die sich wünschen, Teil dieser reichen Geschichte zu sein. Menschen, die sich einbringen möchten, um historische Denkmäler zu bewahren und die Kultur zu pflegen“.
Dass Kronstadt eine der schönsten Städte in Rumänien und in Europa ist, bemerkt Dr. Peer Gebauer, der Botschafter der Bundesrepu-blik Deutschland, bei jedem seiner Besuche. Er unterstrich in seinem Grußwort den wichtigen Beitrag, den die Deutschen im Aufbau der modernen Gesellschaft hatten. „Es geht darum, diesen großen Kulturschatz, dieses Erbe auch in Zukunft fortzuführen“.
Über die deutsche Geschichte, die die Stadt prägt, sprach auch der Bürgermeister Allen Coliban, der eine gute Zusammenarbeit mit dem Deutschen Forum versprach. Martin Bottesch, Ovidiu Gan] und Radu Chiv˛rean sprachen ebenfalls über die Wichtigkeit des Erhalts der Sprache und des deutschen Unterrichtswesens aber auch über die Notwendigkeit, bei den kommenden Wahlen die richtigen Kandidaten für eine bessere Zukunft der Stadt zu unterstützen.
„Wir müssen am selben Strang ziehen“
Sehr oft fielen die Worte „Gemeinschaft“ und „Zusammengehörigkeit“ an diesem Abend. Doch Dr. Paul-Jürgen Porr wies darauf hin, dass der Gemeinschaftssinn, von dem immer die Rede ist und dank dessen „die Siebenbürger Sachsen fast 900 Jahre als Gemeinschaft überleben konnten“ leider in Kronstadt „nicht mehr so ausgeprägt ist“. Er sprach das Problem direkt an: „Die Honterusgemeinde hat nichts mit den Bartholomäern zu tun, es gibt Probleme zwischen Kreis- und Ortsgruppen, der X kann nicht mit dem Y umgehen. Wir sind zahlenmäßig immer weniger und können uns solche Probleme nicht mehr leisten. Wir müssen in unser aller Interesse am selben Strang ziehen und auch in dieselbe Richtung“, war seine Aufforderung.
Der Vorsitzende des Ortsforums Bernhard Heigl erwähnte die in letzter Zeit stattfindenden Diskussionen darüber, wer Mitglied im Forum sein kann oder darf. Er ist der Ansicht, dass „Deutschsein“ „vor allem im Kopf stattfindet, etwas Gelerntes, Anerzogenes, im Laufe der Kindheit oder der Schulzeit bewusst oder unbewusst Aufgesogenes ist, was durchaus Herz und Gemüt mit einbeziehen kann und soll, und nicht so sehr von der (…) genetischen Zusammensetzung eines Menschen abhängt“.
Anselm Honigberger, Vorsitzender der Heimatgemeinschaft der Kronstädter, konnte nicht bei der Veranstaltung anwesend sein. In seinem Grußwort, das Uwe Leonhard, Geschäftsführer des Ortsforums vorlas, erwähnte er, dass eines der wichtigsten Ziele eines jeden Vereins sei, die Mitgliederzahlen zu erhöhen. „Je mehr Mitglieder ein Verein hat, umso leichter ist es die verschiedenen Aufgaben zu stemmen. Wenn es um Fragen wie z.B. ´Was können wir tun um die Belange unserer Mitglieder oder der Deutschen in Kronstadt bei der Stadtverwaltung zu vertreten?´ oder ´Was können wir unseren Mitgliedern als Unterstützung bzw. Unterhaltung anbieten?´ oder ähnliches geht, ist es viel effektiver, wenn man bei der Ideensammlung auf viele Meinungen zurückgreifen kann. Deshalb rufe ich Sie alle dazu auf sich mit Ihren Möglichkeiten einzubringen. Sprechen Sie die Vorstandsmitglieder des Forums an. Es ist ein zeitlicher, manchmal auch anstrengender Aufwand aber er lohnt sich.“
Kronstadt im Jahr 2035 und die Rolle der Kultur
Thomas Șindilariu, Unterstaatssekretär im Departement für Interethnische Beziehungen, sprach von seinen Zukunftsvisionen und stellte sich Kronstadt im Jahr 2035 vor. „Ich hoffe sehr und vertraue darauf, dass wir als deutsche Gemeinschaft, als rumänische Gesellschaft und als Europäer lange vor 2035, am besten morgen, alle begreifen, wie wichtig Informationssicherheit und Seriosität sind. Wir müssen als Gesellschaft lernen, verlässliche Information von Wunschdenken oder Manipulation zu unterscheiden.
Als Historiker steht mir klar vor Augen, dass der Wohlstand unserer Heimat so europäisch wie heute zuletzt um das Jahr 1400 war, als an der Schwarzen Kirche gebaut wurde oder um das Jahr 1900, als das Gebäude, in dem wir uns befinden, als Sitz eines sächsischen Geldinstituts, der Nationalbank A.G, neu aufgebaut wurde und eines der Symbole in der Stadt war für den Aufschwung einer modernen und europäisch vernetzten Wirtschaft“.
Roxana Florescu, Leiterin des Kronstädter Kulturzentrums, das in diesem Jahr sein 20. Jubiläum feiert, ging in ihrer Rede auf die Wichtigkeit von Kunst und Kultur ein. „Für mich, nach 20 Jahren Kulturarbeit, ist es wichtig zu bemerken, dass sich enorm viel in der Kronstädter Kulturszene entwickelt hat. Kulturelle Einrichtungen sind gegründet worden, manche haben sich auf dieser Bühne etabliert, andere haben widrige Zeiten nicht überlebt, es sind Partnerschaften entstanden, auch dort, wo es vor zwei Jahrzehnten als unmöglich erschien, es gibt neue Fördermöglichkeiten, andere Mittel wurden gekürzt. Die Kulturszene ist ein lebendiger Bereich, immer wieder in Entwicklung. Durch Synergien zwischen Kultur und andere Wissensbereiche entstehen neue Möglichkeiten, manche werden wahrgenommen, andere nicht. Wir befinden uns gerade in einem Punkt, wo mir Kulturarbeit als besonders wichtig erscheint. Selbst wenn die Provokationen aus anderen Bereichen kommen, sollte Kulturarbeit nicht unterschätzt werden. Denn gerade Kunst und Kultur sind es, die uns ermöglichen, den Blick frei nach hinten zu werfen, zu gucken, was war, um den Neuanfang zu wagen“.
Kunst war es auch, die die Veranstaltung schön umrandete. Der Auftritt der Jugendblaskapelle auf der Purzengasse erfreute nicht nur die Gäste, sondern auch die Kronstädter, die sich am Abend des 28. März in der Innenstadt befanden. Und die musikalische Darbietung der Künstler Zeyla Tomlyn und Yekta aka Mircea Ardeleanu, die dem begeisterten Publikum Songs aus dem neuen Album „White Cat“ vorstellten, war eine Freude und sorgte für die schönsten Momente des diesjährigen Frühlingsempfangs.