Einmal von Bram Stoker in die Welt gesetzt, ist der Dracula-Mythos nicht mehr zu stoppen. Dracula, der bekannteste Vampir der Welt, ist in Transsilvanien zu Hause und macht, ob man es will oder nicht, Gratiswerbung für diese Region. Das Dracula-Markenzeichen solle man verstärkt für den einheimischen Tourismus einsetzen, wünscht sich Christian Macedonschi, Vorsitzender des Kronstädter Verbandes zur Förderung und Entwicklung des Tourismus im Kreis Kronstadt. Dabei sollte man aber Wert darauf legen, genau zu unterscheiden zwischen Dracula als prominenten Untoten und Vlad Ţepeş (Vlad der Pfähler) als historische Gestalt, die lediglich den irischen Schriftsteller als Vorbild zu dieser weltweit bekannten Horrorfigur inspiriert hat.
Vlad der Pfähler ist nun zur Hauptgestalt einer Liebesgeschichte geworden, die ihn mit einer Kronstädter Sächsin, Katharina, verbindet. Von ihr weiß man nur, dass sie sehr schön gewesen sein soll. Solange das als eine romantische Fantasy-Story dargestellt wird oder höchstens als eine Sage – wo man, wie des Öfteren üblich, kräftig nachgedichtet hat – kann man sowas im Namen der Marktwirtschaft noch gelten lassen. Wenn aber eine selbsternannte Kronstädter „Forschungshistorikerin“, die unter dem Namen Diana Krausser auftritt, die Sachen durcheinanderbringt und mit ihren aus der Luft gegriffenen Behauptungen einen Anspruch auf wissenschaftliche Arbeit erhebt, dann sollte man das nicht unterstützen, wie es Alexandru Surdu, Mitglied der Rumänischen Akademie, im Vorwort zu „Draculas geheime Geliebte: Katharina aus Corona“ (Miranda Verlag, Kronstadt, 2013) tut. Dracula kommt auf dem in rumänischer, deutscher und englischer Fassung erschienenen Buchtitel vor; im Text geht es um Vlad }epe{ und nicht nur um seine vermeintliche Geliebte aus Kronstadt, sondern auch um ernst gemeinte „Theorien“ wie: Vlad ist der uneheliche Sohn des ungarischen Königs Sigismund; er ist in Kronstadt geboren und hat eigentlich sieben Vornamen: George, Johannes, Nicholas, Lucas, Antonio, Iulian und Stefan; auf der Kronstädter orthodoxen Skt.-Georg-Kirche steht die älteste Ţepeş-Statue (als Jäger in eine Posaune blasend, mit einem Jagdhund).
Dracula kann Geld einbringen, Dracula kann einem das Gruseln beibringen, aber er kann nicht rückwirkend Geschichte schreiben. Vlad Ţepeş alias Dracula für die Törzburg-Vermarktung zu reaktivieren, sollte ausreichen.