Goldene Krone, ruhend auf silberner Wurzel

Das Munizipium Kronstadt hat seit Kurzem wieder ein offiziell bestätigtes Wappen

Das offizielle Wappen Kronstadts, das in der Regierungssitzung vom 25. Juli 2024 genehmigt wurde

Albert Arz von Straussenburg: Bildliche Darstellung der Geschichte des Kronstädter Wappens (35 x 25 cm, Privatbesitz Kronstadt). Es ist ein Geschenk des bedeutenden Heraldikers an den mit ihm befreundeten Schriftsteller Erwin Wittstock und dessen Frau, die Ärztin Thea Wittstock geb. Depner, zu ihrer Hochzeit im Jahr 1947; in der linken und rechten Unterecke befinden sich von Arz von Straussenburg geschaffene Phantasie-Wappen für die Familien Wittstock (= niederdeutsch „weißer Stock“) und Depner (= siebenbürgisch-sächsisch „Töpfer“).

Das im Jahr 1972 dekretierte Kronstadt-Wappen auf einer Briefmarke der Rumänischen Post aus der Serie „Wappen der Munizipien in der Sozialistischen Republik Rumänien“ (1979)

Das Munizipium Kronstadt (Brașov), Vorort des gleichnamigen Landeskreises, hat seit Kurzem wieder ein offiziell bestätigtes Wappen. Und um die gute Nachricht gleich vorwegzunehmen: Das neue Stadtwappen ist eigentlich das alte, das als symbolhaftes Zeichen seit Jahrhunderten in Gebrauch und als solches auch heute noch an wichtigen Baudenkmälern der Stadt – z.B. im Giebel der Loggia des alten Rathauses oder am Katharinentor – sichtbar ist. Die erwähnte gute Nachricht ist nicht unbedingt selbstverständlich: Das offizielle Wappen des Landeskreises Kronstadt, das im Jahr 2019 per Regierungsbeschluss genehmigt wurde, ignorierte größtenteils die heraldischen Traditionen der Gebiete, die heute in diesem Landeskreis zusammengefasst sind (siehe dazu unseren diesbezüglichen Beitrag in der „Karpatenrundschau“ Nr. 25/4. Juli 2019).
Das neue Kronstädter Stadtwappen wurde per Regierungsbeschluss Nr. 902 vom 25. Juli d.J., veröffentlicht im Amtsblatt („Monitorul Oficial“), Teil I, Nr. 813/14. August 2024, genehmigt. Ergänzt wird der eigentliche Beschluss durch zwei Anhänge: die bildliche Darstellung des Wappens sowie dessen heraldische Beschreibung (Blasonierung) und Begründung.

Laut Blasonierung besteht das Wappen des Munizipiums Kronstadt aus einem azurblauen Schild, auf dem sich eine goldene Krone mit fünf sichtbaren Zinken befindet; aus der mittleren und den beiden seitlichen Zinken entsprießt je ein blumenartiges Ornament. Aus der Krone hängt eine silberne Wurzel mit 13 Spitzen samt Stammansatz herab. Das Wappenschild trägt eine silberne Mauerkrone mit sieben zinnenbewehrten Türmen.
Die Wappenbegründung besagt, dass die Wurzeln der Sage nach die 13 dörflichen Gemeinschaften des Burzenlandes darstellen, die gleichsam der aus dem Erdboden gesogenen Kraft die Stärke der befestigten Stadt sicherten. Ebenfalls in der Wappenbegründung steht, dass es sich um ein redendes Wappen handelt: Die Krone im Wappenschild bezieht sich auf den lateinischen Namen der Ortschaft, Corona, bzw. deren deutschen Namen, Kronstadt. Die silberne Mauerkrone mit den sieben zinnenbewehrten Türmen bedeutet, dass die Ortschaft den Rang eines Munizipiums, das auch Landeskreis-Vorort ist, einnimmt.

„Eine hübsche alte Wappensage“

In der Wappenbegründung wird, wie bereits gezeigt, das Kronstädter Stadtwappen als redendes Wappen (auch sprechendes Wappen genannt) bezeichnet. Das sind solche Wappen, die auf den Namen des Wappenträgers anspielen. Beim Betrachten des Kronstädter Ortswappens kommt einem die alte Ortssage in den Sinn, die eine quasi volksetymologische Erklärung dafür bietet, wie Kronstadt zu seinem Wappen gekommen ist. Albert Arz von Straussenburg (1892-1968), der bedeutendste siebenbürgisch-deutsche Heraldiker, fasst diese „hübsche alte Wappensage“ wie folgt zusammen (in „Beiträge zur siebenbürgischen Wappenkunde“, Siebenbürgisches Archiv, Bd. 16, Köln/Wien 1981, S. 117): „Noch vor der Einwanderung der Deutschen in Siebenbürgen soll in einem Feldzug gegen die Kumanen der ungarische König Salomon in harter Bedrängnis seine Krone, die ihn weithin kenntlich machte, auf einem Baumstumpf abgelegt und so sein Leben gerettet haben. Viele Jahre später soll die Krone am Fuße der Zinne, an der Stelle, wo heute das Rathaus steht, gefunden und danach noch lange Zeit als besonderer Schatz aufbewahrt worden sein. Auch eine spätere Deutung des Wappens ist ansprechend: Die Wurzeln werden als die dreizehn Landgemeinden erklärt, die der Stadt immer neuen Lebenssaft zuführen, und der Stamm als die Stadt, umgeben von Mauern wie ein Stamm von seiner harten Rinde; auf dem Stamm kann die Krone gesichert ruhen, wie der König auf die Treue der Kronstädter Sachsen bauen kann.“

Honterus und das Kronstadt-Wappen

Bereits vom Ende des 14. Jahrhunderts (1396) ist ein Kronstädter Stadtsiegel bekannt, das eine offene Lilienkrone zeigt. Bis ins 19. Jahrhundert wurden in Kronstadt Urkunden mit Siegeln bekräftigt, die im Siegelfeld in unterschiedlichen Formen und Ausmaßen und bei unterschiedlicher Umschrift die Darstellung einer Krone enthielten. Albert Arz von Straussenburg vertritt allerdings die Ansicht, dass man Siegel und Ortswappen auseinanderhalten sollte. Seinen Angaben zufolge ist die wohl älteste Überlieferung des Kronstädter Ortswappens – die auf dem verwurzelten Baumstamm ruhende Krone – in spätgotischen Fresken in der heute reformierten Kirche in Daia/Szekelydálya (Landkreis Harghita) zu finden, die auf die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert datiert werden. Als erfolgreichsten Verbreiter des Kronstadt-Wappens bezeichnet Arz von Straußenburg den bedeutenden Kronstädter Humanisten und Reformator Johannes Honterus (1498-1549). Die Landkarte von Siebenbürgen, die Honterus im Jahr 1532 in Basel herausgegeben hat, bildet in der rechten Oberecke das Kronstädter Wappen ab. Ebenso bringt es Honterus in vielen seiner Druckwerke in Vignetten und Titelumrahmungen an. Wasserzeichen im Papier der 1546 von ihm gegründeten Papiermühle zeigen ebenfalls, in unterschiedlichen Darstellungen, das Kronstädter Wappen mit Krone und verwurzeltem Baumstamm. Zu sehen ist dieses auch auf zahlreichen Münzen, die im 17. Jahrhundert in Kronstadt geprägt wurden.

Wappen-Dekrete 1930 und 1972

Im 19. Jahrhundert setzt sich zeitweilig die irrige Auffassung durch, dass das echte Kronstädter Wappen wie das Stadtsiegel nur die Krone ohne Baumstamm mit Wurzeln darzustellen hat. Ein entsprechender amtlicher Beschluss wurde von den städtischen Behörden im Jahr 1815 gefasst. „Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts“, schreibt Arz von Straussenburg (a.a.O., S. 130), „ist das Wappen teils als Krone im Schilde mit oder ohne Strahlen, teils als Krone mit Wurzel mit oder ohne Schild zu sehen. Es erscheint in Druckwerken (…), an Gebäuden, auf Medaillen, freilich fast immer farblos.“ Im Jahr 1930 wurde durch ein von König Carol II. unterzeichnetes Dekret die alte Form des Kronstädter Wappens wiederhergestellt: Im blauen Schild liegt die offene goldene Blätterkrone auf einer silbernen Baumwurzel; auf dem Schild ruht die siebentürmige silberne Mauerkrone als Abzeichen einer Stadt im Range eines Munizipiums.

In den kommunistischen Jahrzehnten wurde Kronstadt gleichfalls mit einem offiziellen Munizipalwappen bedacht. Das geschah per Dekret im Jahr 1972. Dieses kommunistische Kronstadt-Wappen zeigt in einem blauen Schild ein raumfüllendes silbernes Zahnrad, darin ein kleines Schild mit dem damaligen Staatswappen vor dem Hintergrund der Fahnen der kommunistischen Partei und des rumänischen Staates. Gekrönt wird das große Zahnrad, Symbol für Kronstadts Schwerindustrie, von einer Fackel. Unter dem Zahnrad befindet sich immerhin in Kleinformat eine Darstellung des historischen Kronstädter Stadtwappens.

Im Jahr 1995 fasste der Kronstädter Stadtrat einen Beschluss, der eine Rückkehr zum alten Kronstädter Stadtwappen vorsah. Es dauerte dann aber nahezu drei Jahrzehnte, bis die Regierung nun, im Jahr 2024, dem historischen, auf eine mindestens mehr als 500-jährige Geschichte zurückblickenden Kronstadt-Wappen erneut einen offiziellen Status verliehen und ihm damit seine Funktion als symbolhaftes Zeichen Kronstadts rückerstattet hat.