Film-, Theater- und Tanzfestivals, Ausstellungen, Konzerte, Workshops, Sprachkurse, Leseförderungs-Programme: Das Team des deutschen Kulturzen-trums Kronstadt blickt zurück auf fast zwei Jahrzehnte voller inte-ressanter Projekte. Die Ziele des Kulturzentrums in der Langgasse/Str. Lung˛ Nr. 31 sind es, die deutsch-rumänische Zusammenarbeit im Kulturbereich zu unterstützen und ein aktuelles Deutschlandbild zu vermitteln. Auch in der schwierigen Corona-Zeit passte sich das kleine Team an die Herausforderungen an. Doch bevor das Jubiläum 2024 groß gefeiert wird, bringt auch der Herbst ein paar Kulturevents, die man sich nicht entgehen lassen sollte.
Ältester Trickfilm der Welt, begleitet von Live-Musik
Der älteste Trickfilm der Welt mit Live-Musik – mit dieser Veranstaltung beginnt das Herbstprogramm des Deutschen Kulturzentrums. Am Samstag, dem 17. Oktober, werden Film- und Musikliebhaber in den Patria-Saal zu einem Kinokonzert der besonderen Art eingeladen. Lotte Reinigers Meisterwerk Die Abenteuer des Prinzen Achmed von 1926, inspiriert von den Geschichten aus „Tausendundeiner Nacht“ wird live vom Klausenburger Künstler Danaga begleitet.
Mächtige Zauberer und böse Geister haben sich verbündet, um eine große Liebe zu verhindern, doch die schöne Prinzessin Pari Banu und der Kalifensohn Achmed geben nicht auf. Die Abenteuer des Prinzen Achmed ist der älteste erhaltene Trickfilm der Welt. Lange vor Walt Disney schuf Lotte Reiniger anspruchsvolle Animationen – doch trotz ihrer bahnbrechenden Pionierarbeit bekam die deutsche Künstlerin selten die Anerkennung, die sie verdiente. Lotte Reiniger, geboren am 2. Juni 1899 in Berlin, arbeitete schon als Studentin mit Silhouetten und Schattentheater. Durch frühe Filme von Paul Wegener beeindruckt, wollte sie Schauspielerin werden und besuchte die Max-Reinhardt-Schule am Deutschen Theater Berlin. Reiniger arbeitete mit Bertold Brecht und Erwin Piscator zusammen, vor allem aber gilt sie als Pionierin des Silhouettenfilms. 1922 schuf Lotte Reiniger ihren ersten Märchenfilm „Aschenputtel“. Von 1923 bis 1926 arbeitete Lotte Reiniger in Potsdam mit Carl Koch, Walther Ruttmann, Berthold Bartosch an ihrem berühmtesten Werk, dem poetischen Animationsfilm „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“.
100.000 Einzelbilder für einen Film
In den Jahren 1923 bis 1926 schnitt Reiniger für etwa 250.000 Einzelaufnahmen Figuren aus schwarzem Karton. Sie verband die einzelnen Glieder mit Draht, um sie für die Aufnahmen zu animieren. Als Hintergründe verwendete sie transparente Lagen aus Butterbrotpapier mit kunstvollen Landschaften, Städten und orientalischen Interieurs. Es entstand ein zeitlos schöner Film in Handarbeit mit circa 100.000 Einzelbildern. Er erzählt vom Sohn des Kalifen von Bagdad, Prinz Achmed, der in allerhand Abenteuer gerät: Er wird auf ein fliegendes Pferd gelockt, das mit ihm auf die Insel Wak-Wak fliegt. Dort verliebt er sich in die schöne Pari Banu, und es folgen Entführungen, Missverständnisse, viele Kämpfe gegen Zauberer und böse Geister, bis am Ende dann doch alles gut ausgeht. Unterstützt wird Achmed von Aladin und seiner Wunderlampe. Die Poesie der Bildkompositionen und seine genialen Figuren machen die märchenhaften „Abenteuer des Prinzen Achmed“ noch immer zu einem Erlebnis.
Der auf einem analogen Synthesizer und einer Baglama (türkisches Saiteninstrument, das ursprünglich aus dem alten Persien stammt) gespielte Soundtrack wird die Zuschauer in eine märchenhafte Welt entführen. Danaga (vollständiger Name Daniel Aga), der den Film musikalisch begleiten wird, ist ein Musiker aus Klausenburg, der seit 2009 aktiv ist und der Öffentlichkeit für seine folkloristischen Werke bekannt ist.
Im Laufe der Jahre hat er zahlreiche Soundtracks für Theateraufführungen, Kurzfilme, Animationen und Performances geschaffen. Er glaubt nicht an musikalische Genres und ist der Meinung, dass der einzige Maßstab für Musik ihre Fähigkeit ist, Türen zur Transzendenz zu öffnen. Ob mit Pfeifen, Synthesizern oder Stammesrhythmen, Musik sollte nicht nur den Körper, sondern auch das Herz, den Verstand und den Geist bewegen, meint der Künstler.
Schattenspiel-Workshop mit Maria Brudașcă
„Im Zusammenhang mit dem Konzert bieten wir auch zwei Workshops an, in dem die Teilnehmer von der Klausenburger Künstlerin Maria Bruda{c˛ in die Geheimnisse des Schattenspiels eingeweiht werden“, meint Roxana Florescu, Leiterin des Deutschen Kulturzentrums Kronstadt. Anhand von selbst erstellten Schattenspiel-Figuren werden die Teilnehmer einzelne Film-Sequenzen erstellen. Der erste Workshop beginnt am 6. Oktober um 18 Uhr. Einschreiben kann sich jeder, der interessiert ist (wobei die Teilnehmeranzahl auf 10 Personen beschränkt ist).
Die Teilnahmegebühr beträgt 50 Lei pro Person. Auch eine Eintrittskarte zum Konzert am nächsten Abend ist inbegriffen. Der zweite Workshop findet am Vormittag des 7.Oktober statt und wendet sich ausschließlich an Schüler des „Hans Mattis-Teutsch“ Kunstlyzeums. „Es existiert die Möglichkeit, dass wir in Zukunft eine Ausstellung mit den Produkten, die während des Workshops entstanden sind, organisieren“, sagt Florescu.
Theateraufführung für Kinder, Filmreihe und Prüfungen
Im November steht wieder eine Theateraufführung im Kalender. Diesmal wird zum Anlass des Martinstages ein Kinderstück in der Redoute gezeigt. „Es handelt sich um ein Gastspiel des Theaters mini Coquette aus Bukarest, einem Theater, das Vorstellungen für Kinder in deutscher Sprache zeigt. Dieses Mal wird es um das Laternenfest zum Martinstag gehen. Der genaue Termin ist noch nicht festgelegt, wird aber rechtzeitig bekanntgegeben“.
Bis Ende des Jahres wird die Filmabend-Reihe, die in der ersten Jahreshälfte sowohl im Deutschen Kulturzentrum als auch im Deutschen Forum stattgefunden hat, weitergeführt.
Es handelt sich um deutsche Filme, sowohl ältere als auch sehr neue, die aus dem Filmarchiv des Goethe-Instituts von Athen geliehen sind. Bisher sind die Filmabende auf relativ großes Interesse gestoßen, zur Zeit arbeiten wir noch an einem Programm und müssen uns für einen Standort entscheiden. Aber wir haben vor, weiterhin einen Film pro Monat zu zeigen“, sagt die Leiterin des Kulturzentrums.
Nicht nur kulturelle Events werden beim Kulturzentrum organisiert, sondern auch Prüfungen für das Goethe-Zertifikat.
Das Deutsche Kulturzentrum ist ein vom Goethe-Institut akkreditiertes Prüfungszentrum. Somit existiert die Möglichkeit, in Kronstadt Prüfungen für die Goethe Zertifikate A1, A2, B1, B2 und C1 abzulegen. Diese sind weltweit anerkannt und lebenslang gültig. Die nächsten Prüfungstermine sind am 23. und 24. November 2023, der Anmeldetermin ist am 22. Oktober 2023.
Die Bibliothek ist einen Besuch wert
Weiterhin finden Literaturbegeisterte in der Bibliothek des Kulturzentrums die neuesten Romane, die auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises standen. Im Regal mit Neuerscheinungen findet man schon die Romane, die 2022 auf der Shortlist standen. Darunter „Dschinns“ von Fatma Aydemir, eine ergreifende Familiengeschichte von türkischen Auswanderern nach Deutschland, die sich über eine Zeitspanne von 30 Jahren erstreckt. Nachdem der Familienvater Hüseyin dreißig Jahre lang bei einer deutschen Metallfabrik gearbeitet hat, erfüllt er sich in der Frühpension den Traum von einer Eigentumswohnung in der Türkei. Eine Woche bevor seine Frau Emine nachkommen soll, reist er an, um dort die Wohnung vorzubereiten. Am selben Tag jedoch erleidet er einen Herzinfarkt und stirbt an den Folgen. Um dieses Ereignis wird die Geschichte aufgebaut. Statt zur Besichtigung der neuen Wohnung, reist die Familie zur Beerdigung von Hüseyin an. Der Roman weist kein traditionelles Handlungsmuster auf, sondern entfaltet sich anhand der Perspektiven der einzelnen Familienmitglieder. Die Erzählung springt dabei zwischen Vergangenheit und Gegenwart und streckt sich somit von 1970 bis 1999, dem Zeitpunkt von Hüseyins Tod. Neben Generationskonflikten und Streitigkeiten in der Familie spielen auch Themen wie Herkunft, Identität und Geschlecht eine zentrale Rolle.
Informationen zu Deutschkursen, Kulturveranstaltungen, Workshops usw. finden sich auf der Homepage unter ccgbv.ro, oder auf der Facebook-Seite des Kulturzentrums: facebook.com/CCGBV/. Die Räumlichkeiten befinden sich im ersten Stock des Gebäudes Langstraße/str. Lung? Nr. 31, 500035 Kronstadt.
Das Kulturzentrum ist erreichbar unter der Telefonnummer 0268 473 104, oder per E-Mail unter contact@ccgbv.ro.