Ein nicht mehr alltäglich stattfindendes Ereignis in einer Zeit in der Kulturereignissen immer weniger Beachtung gegeben wird, fand am Freitagnachmittag, dem 19. Juni l.J. in den Räumen der Negru-Vodă-Stiftung von Fogarasch statt. Der Dichter Andrei Vremir stellte seinen kürzlich in dem Klausenburger Verlag Limes erschienen fünften Gedichtband vor – sicher sein bisher gelungenster und ansprechendster. Eine auserlesene Teilnahme, wie ein Sprecher dabei bemerkte, konnte bei diesem Anlass verzeichnet werden. Der nun erschienene Band „Verbomahie“ wird durch ein bezeichnendes Motto von Robert Penn Warren eingeleitet: „Wir leben lange Zeit auf Grund der Wörter. Nachträglich kommt das Alter. Dann verlieren Dinge und Wörter all ihre Bedeutung“.
Die 87 in dem Band umfassten Gedichte strömen viel Nostalgie aus. Immer wieder taucht der Gedanken der Vergänglichkeit und des Todes auf, was bei dem diskret in Fogarasch, dieser Provinzstadt im wahrsten Sinne des Wortes in der es kaum noch etwas Besonderes zu verzeichnen gibt, lebenden Autor, der heuer auch sein 60. Lebensjahr erfüllte, verwunderlich wirkt. Anderseits beherrscht er sehr gut Wort und Sprache, äußert seine Gedanken und Gefühle sehr zusammenfassend, sehr bildlich in seinen Gedichten. „Wie ein dünnes Hemd/habe ich/meinen Körper auf die Seele gezogen/bin hinaus gegangen/ins Leben, in endlosen Sturm/der Wörter“ schreibt er in dem Yannik gewidmeten Gedicht „Viscol“ (Sturm).
Seine Gedichte sind sehr kurz, doch stark im Ausdruck, denen man gewisse Ähnlichkeit von der Form her mit den Haikus die vor Hunderten Jahren in Japan entstanden, geben kann. Strikt in Form und Metrik, bleiben diese offen und können von dem Leser weiter interpretiert werden. „Alternd/sieht man die Buchstaben/wie diese/immer kleiner werden/leer an Sinn/das Licht des Wortes/wechselnd/in einem Nebel/ohne Ausgang“, stilisiert er das „Jahresende“ (Sfâr{it de an). Regelrechte Ehrfurcht zeigt er vor dem geschrieben Buch in dem Gedicht „Cartea“: „Ich,/wenn ich ein Buch öffne,/ziehe den Hut/und erhebe mich/ehrfurchtsvoll./Bücher,/diese Gedankenflut/in welche, schweigsam/man sich vertieft/nur mit der Seele“.
Der erste Gedichtband von Andrei Vremir (Pseudonym von Florentin Piţu) erschien 2006. In den nächsten drei Bänden 2007, 2008, 2010 ist eine wesentliche Steigerung der Ausdrucksform feststellbar, wobei der nun aufliegende Band, als Krönung seines bisherigen Schaffens gewertet werden kann. Der Literaturkritiker Liviu Ioani unterstreicht sowohl in seinem Vorwort zum Band, wie er es auch bei der Buchvorstellung getan hat, dass der Autor konsequent in der Thematik und literarischen Form geblieben ist. Seine Lieblingsthemen sind der Mensch, die Vergänglichkeit, Liebe, das Schaffen, die er kurz, doch mit viel Gefühl behandelt.
Ioan Funariu, ehemaliger Direktor des Radu- Negru-Kolleg der einen Rückblick auf die Beziehung Dichter und Wort in der rumänischen und zum Teil Universalliteratur bot, hob die Eleganz des Stils bei Andrei Vremir hervor. Und mit Recht wies Ionel Mihali, ein älterer Kollege des Autoren und selbst Schriftsteller auf die Leichtigkeit hin, mit der Andrei Vremir schreibt, wobei man den Eindruck gewinnt, dieser spiele mit den Wörtern. Die Theorien sind vergänglich, doch die Gedichte bleiben, wie im Falle von Andrei Vremir, der im Alltag als Lehrer für französische Sprache in seiner Geburtsstadt wirkt. In diesem Kontext bezeichnete auch sein Kollege von dem Aurel Vijoli-Kolleg der Stadt, Ovidiu Brânză, dieses sei der beste Lyrikband seiner bisher fünf erschienen Bücher.
„Geliebte/all diese Gedichte/die ich Dir nun vortrage,/habe ich auswendig/in einem anderen Leben gelernt/und zweifellos folgt es/diese eines Tages zu schreiben/aber nur/nach meinem Tod“, schließt er den Band mit dem Gedicht „Cercul“ (Der Kreis).
Der ansprechende Entwurf des Titelumschlags und das Layout dieses Buches die von Gabriela Surdu gesichert wurden, runden einen gelungenen, nur zu empfehlenden Lyrikband ab. Dieses in einer Zeit, wo allgemein die Poesie leider weniger Beachtung findet.