Die Tournee des Internationalen Chors aus Kanada in Rumänien und die zwei Auftritte in Kronstadt am vergangenen Wochenende standen im Zeichen der rumänisch-kanadischen Freundschaft und der kulturellen Vielfalt. Nachdem das Ensemble am Freitag in der Schwarzen Kirche das Werk „Grand-Messe“ des zeitgenössischen kanadischen Komponisten Gilles Vigneault aufgeführt hatte, interpretierte es am Sonntagabend in Bartholomä die vokal-sinfonische Ballade „Das Kloster Argeş“ von Iacob Mureşianu. Gerade dieses so selten dargebotene Werk verlieh dem Musikabend Charme und lokales Kolorit.
Anwesend als Chormitglied war auch Ioana Gherman, eine Deszendentin der Kronstädter Musikerfamilie Mureşianu. Sie lebt seit Jahren in Montréal und leitet dort den Musikverein „La Muse“, dessen Repertoire hauptsächlich aus rumänischen klassischen Werken besteht. Ihr ist es auch zu verdanken, dass der Internationale Chor für seine Rumänienreise gerade eine Komposition von Iacob Mureşianu gewählt hat.
Unter der Leitung des Dirigenten Michel Brousseau wurde die Legende des Meisters Manole mit großem musikalischem Enthusiasmus und technischer Prägnanz ins Leben gerufen. Der Chor erwies sich als sehr flexibel und sang mit Feingefühl, einer beeindruckenden dynamischen Spannweite und Aufmerksamkeit für Details. Das begleitende Kammerorchester, bestehend aus Instrumentalisten der Kronstädter Philharmonie und der Oper, kommentierte das Geschehen ebenso nuanciert und ausdrucksvoll, auch wenn sich vereinzelt kleine Unsauberkeiten einschlichen.
Dank der Opernstimmen, die die Soloparts sangen – Corina Klein (Sopran), Mihai Irimia und Liviu Iftene (Tenöre) sowie Dan Popescu (Bass) – erhielt die Ballade einen ausgeprägten szenischen Charakter und lyrische Expressivität. Eventuell hätten Handzettel mit dem Text dem Publikum die Möglichkeit gegeben, die bezaubernden Arien besser zu verfolgen. Doch die Warmherzigkeit dieser Musik, die großen instrumentalen Vorspiele und Interludien, die aus der rumänischen Folklore inspirierten Melodien, der raffinierte Aufbau der einzelnen Arien und Rezitative – all das trug dazu bei, dass die Zuhörer mit minutenlangen Standing Ovations für die Darbietung dankten.
Ähnliche Musikerlebnisse könnte man sich gerade in Kronstadt öfter und auch im Rahmen der philharmonischen oder Opernspielzeiten wünschen.
Denn Iacob Mureşianu hat nicht nur das Kronstädter Musikleben, sondern die Entfaltung und Emanzipation der gesamten rumänischen klassischen Tonkunst maßgeblich beeinflusst. Nach seinem Studium in Leipzig widmete er sich in Siebenbürgen dem Musikunterricht, der Komposition sowie dem Konzertleben – als Begründer und Leiter zahlreicher Kammerformationen. Er schenkte der Folklore große Aufmerksamkeit und integrierte sie stets in seine Werke, zu denen die Ouvertüre „Stefan der Große“ oder die Ballade „Constantin Brâncoveanu“ zählen.
Mit diesem Konzert erwies sich die Kirchengemeinde A.B. Bartholomä erneut als aufgeschlossener und interkultureller Gastgeber. Die „kleine, aber aktive Gemeinde“, wie Dr. Carmen Elisabeth Puchianu in der Begrüßung formulierte, freut sich auch an den kommenden Sonntagen auf gute Musik.