Am 12. Juni 2015 wurde Dragoş Baltin zum ersten offiziellen Besucher des Dinosaurierparks aus Rosenau/Râşnov. Er bekam eine großen, bunten Karton auf dem mit roter Farbe „Ticket Nr. 1“ geschrieben steht und sein Foto wurde auf der Webseite des Themenparks veröffentlicht. Der Vierjährige war mit seinen Eltern aus dem 300 Kilometer entfernten Călăraşi angereist, um die 45 lebensechten Dinosaurier-Exponate zu sehen, die im Wald in der Nähe der Bauernburg ausgestellt sind.
Dem kleinen Dragoş folgten in den nächsten 3 Tagen über 11.000 Leute. Alle wollten die prähistorischen Riesen hautnah erleben. Mit so einem Erfolg hatten die Gründer des Parks nicht gerechnet. Die Idee kam ihnen nach einem Besuch im Freilichtmuseum Münchenhagen, Deutschlands größtem Erlebnis- und Themenpark. Das war 2009. Nach sechs Jahren haben sie es geschafft, den größten Dinosaurierpark Südosteuropas in Rosenau zu eröffnen. Im Park, der eine Fläche von 1,4 Hektar einnimmt, sollen Besucher anhand der lebensechten Konstruktionen vieles über die Entwicklung des Lebens in prähistorischen Zeiten erfahren.
Selfies, Vulkanausbrüche und fliegende Dinos
Wenn man zur Bauernburg hochgeht, erspäht man aus der Ferne einen riesigen grünen Vogel, der in der Luft schwebt. Wenn man sich nähert, bemerkt man, dass es ein Flugsaurier ist. In der Kreidezeit, vor 100 Millionen Jahren, hat diese Art noch auf der Erde gelebt. Heute kennt man die Flugsaurier nur aus Action-oder Zeichentrickfilmen. Wo haben sie gelebt? Womit sich ernährt? Mit welcher Geschwindigkeit konnten sie fliegen? Wann und wo wurden die ersten Fossilien der Flugsaurier gefunden? Auf alle diese Fragen kann man im Dinopark Rosenau eine Antwort erhalten. Direkt beim Eingang gibt es Spielplätze für kleine Kinder, mehrere Holzhäuser in den Bäumen, eine (viel zu kleine) Gaststätte und einen mini-Erlebnispark mit Gleitseilbahn. Dann gelangt man an einen künstlichen See, in dem ein Dinosaurier schwimmt.
Es ist der Spinosaurus, der erste an ein Leben im Wasser angepasste Dinosaurier, den Paläontologen vor wenigen Jahren in der Sahara entdeckt haben. Auf einer kleinen Metallplatte, die vor dem See angebracht ist, findet man Informationen in drei Sprachen (Rumänisch, Deutsch und Englisch) über den Spinosaurus und über die anderen Exponate, die man im Park antrifft.
Man erfährt, in welchem Zeitalter der Dinosaurier gelebt hat, mit was er sich ernährte und wo das Skelett gefunden wurde. Die vielen Kinder, die den Park besuchen, scheinen aber eher daran interessiert zu sein, auf die Exponate zu klettern, ihre Köpfe zwischen die riesigen Zähne des Deinosuchus zu stecken und Selfies mit dem Brontosaurus oder dem Triceratops zu machen.
„Vergangenes Wochenende mussten wir schon die ersten Zähne ersetzen. Wir rechnen damit, dass ab und zu noch Farbe von den Exponaten abgeht und man sie neu anstreichen muss. Eigentlich darf man nicht auf die Dinosaurier klettern. Es kommen aber täglich Tausende von Leute in den Park, und das kann man nur schwer kontrollieren“, meint Mircea, der Führungen durch den Park organisiert. Diese Führungen sind besonders für Kindergruppen zu empfehlen. Sie starten unten am See neben dem Spielplatz. Dann geht es weiter in den Wald hinein. Mit verschiedenen Tricks kann man die Aufmerksamkeit der Kinder gewinnen. Zum Beispiel drückt man einen Knopf, und ein großer Plastikvulkan bricht aus. Die Erde um den Vulkan bebt, die Kinder sind begeistert.
Prähistorische Riesentiere fliegen in der Luft, schwimmen im See, klettern auf Bäume, lauern hinter Felsen und öffnen ihren Rachen. Manchmal stehen sich zwei Exemplare kampfbereit gegenüber. Es sind Szenen aus dem Leben der Dinosaurier, die sich vor Millionen von Jahren abgespielt haben und nach den letzten wissenschaftlichen Entdeckungen wiedergegeben werden. Alles ist mit großer Genauigkeit dokumentiert, kein einziges Haar liegt falsch, kein Zahn ist zu viel. „Bloß von der Farbe weiß man nichts. Man kann nur Spekulationen machen. Ob der Stegosaurus wirklich gelb war und der Diplodocus grün oder braun, wird man wohl nie wissen“, meint Mircea.
Kreativ sein und dabei etwas lernen
Alle Exponate des Parks wurden in Zusammenarbeit mit verschiedenen Wissenschaftlern auf Basis der neuesten Forschungsergebnisse rekonstruiert. Die lebensechten Rekonstruktionen wurden mit Hilfe von Experten aus Deutschland angefertigt. Alle Dinos sind in Originalgröße. Darunter Diplodocus, der mit einer Länge von 22 Metern der längste aller vollständig gefundenen Dinosaurier ist, oder Tyrannosaurus Rex, der größte Fleischfresser, der je auf Erden gelebt hat. Das Original gibt es seit 60 Millionen Jahren nicht mehr. Eine seiner vielen Kopien, acht Meter lang und drei Meter hoch, steht nun im Rosenauer Wald und wird von Touristen bestaunt. Angefertigt ist das prähistorische Tier aus Glasfiber, das den Witterungen und Außentemperaturen standhalten soll.
Im Park kann man nicht nur Dinos bestaunen und Fakten über die Entwicklung der Erdgeschichte erfahren. In den drei Baumhäusern direkt neben dem Eingang können Kinder kreativ sein und gleichzeitig etwas lernen. Im Zeichen- und Malhaus stehen Kittel, Ölfarben und Pinsel frei zur Verfügung. Ein kleiner weißer Plastikdinosaurier kostet 5 Lei. Wenn man ihn fertig bemalt hat, darf man ihn nach Hause mitnehmen. Im gegenüberliegenden Haus wird bald eine Laubsägen-Werkstatt eröffnet. Hier wird man Dinosaurier aus Holz herstellen können. Daneben liegt das Bildhauerhaus, wo bald Diplodocus- oder Stegosaurus-Statuen gebaut werden. Gelegentlich finden in den drei Häusern Workshops statt, die von Spezialisten geleitet werden.
Der siebenbürgische Zwergdino
Neben dem Souvenirladen am Eingang kann man in einer Glastruhe die Fossilien eines prähistorischen Tiers bewundern, das vor 70 Millionen Jahren in der Gegend gelebt hat, wo heute Siebenbürgen liegt. Es handelt sich um den Zwergdinosaurier, der im Hatzeger Land, zwischen den Gebirgsmassiven Şureanu und Retezat gelebt hat: Hatzegopteryx Transylvanicum. Bei den Fossilien handelt es um das kompletteste Skelett, das je in Rumänien gefunden wurde. Das Exponat ist eine Leihgabe des Geoparks Ha]eg und kann bis Ende des Sommers in Rosenau bewundert werden.
„Es ist das erste von den vielen Projekten, die wir zusammen mit dem Geopark Haţeg durchführen werden. Wir legen großen Wert auf den didaktischen Aspekt des Freizeitparks und haben vor, viel mit Schulen und Universitäten zusammenzuarbeiten“, meint Adrian Apostu, einer der Gründer des Parks. Für die Gründung der Freizeitanlage hatte das Privatunternehmen, das er zusammen mit zwei anderen Geschäftspartnern leitet, eine Finanzierung aus europäischen Mitteln in Höhe von 5 Millionen Euro erhalten. „Interessant ist, dass die Wissenschaft neue Erkenntnisse sammelte, während wir das Projekt geschrieben haben. Wichtige archäologische Funde haben neue Fakten bewiesen, und so mussten wir wieder von vorne anfangen. 2009 haben wir das Projekt eingereicht , 2012 den Vertrag für den Park unterzeichnet. Die Bauarbeiten haben vor einem Jahr begonnen“, erzählt Apostu.
Noch ist der Park nicht zu 100 Prozent fertig. Ein Kinosaal und mehrere interaktive Säle mit Touchscreen-Wänden müssen noch gebaut werden. Der Souvenir-Shop, wo Besucher Schlüsselanhänger, Spielzeugdinos und T-Shirts mit dem Logo des Parks kaufen können, wird erweitert. In Kürze werden die Besucher T-Shirts und Kaffeetassen mit ihren Fotos aus dem Park bedrucken können, um mit einem schönen Andenken nach Hause zu fahren. „Anfang August wird alles fertig sein“, meint Apostu, der in den Sommermonaten mit 1500 Besuchern pro Tag rechnet. Der Themenpark aus Rosenau wird in den nächsten Jahren noch größer werden. „Auf unser Wunschliste stehen noch Abenteuertrassen für Kinder und Erwachsene, eine Mammut-Grotte und mehrere Spielplätze. An Ideen mangelt es nicht. Wir wollen jedes Jahr ein Drittel des Profits in neue Projekte für den Park investieren“, sagt der Geschäftsmann.
Das Projekt stößt auch auf Kritik
Der Park neben der Bauernburg stößt aber nicht nur auf Besucherenthusiasmus, sondern auch auf Kritik. Letzte Woche wurde er von Beamten des Kronstädter Verbraucherschutzes besucht. Der Grund war, dass die Freizeitanlage eröffnet wurde, obwohl die Bauarbeiten noch nicht abgeschlossen waren. Die Inhaber haben sich wohl beeilt, um genau zu Beginn der Schulferien zu öffnen. Im Park seien Arbeiter ohne Schutzausrüstung gesehen, die zwischen den Besuchern Baumaterialien transportieren würden. Außerdem würden überall im Park Werkzeuge herumliegen. Durch die Bauarbeiten könnten die Besucher gefährdet werden. Diese sollten außerhalb des Besucherprogramms unternommen werden. Auch stößt der Park auf andere Kritiker. Viele Bewohner Rosenaus meinen, der mittelalterliche Charme der Burg würde durch den Park zerstört. Plastikdinosaurier haben neben einem historischen Denkmal nichts zu suchen und seien kitschig. Trotzdem können sie dagegen nichts tun: seit diesem Sommer gehören die Riesentiere zu den Symbolen der Stadt.