„Es gibt gute und schlechte Geheimnisse!“ Das steht auf Deutsch und Englisch auf dem Dreiradwagen, den Rino vor sich her schiebt. Rund um die Welt will der Schweizer das in den nächsten sechs Jahren tun. Die schlechten Geheimnisse sind nicht im Wagen verborgen – sie sind, leider, überall verbreitet – 223 Millionen mal. So viele Fälle von sexuellem Kindermissbrauch gab es nämlich weltweit im vorigen Jahr. Das sei das schlimmste Verbrechen das es überhaupt geben kann, sagt der 37-jährige Sozialarbeiter und Experte im Kinderturnen der mit bürgerlichem Namen Rinaldo Inäbnit heißt. Seit Jahren beschäftigt ihn dieses Thema über das weiterhin eher von seiner sensationellen Seite in den Medien berichtet wird. „Die Prävention bleibt auf der Strecke“, muss Rino feststellen und will das ändern. Er selber hat in Workshops mit ehemaligen Opfern solchen Missbrauchs gearbeitet; nun will er auf die Vorbeugung dieser Untaten aufmerksam machen und zu diesem Zweck auch Geld einsammeln. Infos und Ratschläge zu diesem vielerorts als Tabuzone betrachteten Thema gibt es in mehreren Sprachen auf seiner Webseite www.walk-around-the-world.com.
Im Wagen selber führt Rino ein Zelt, Küchengegenstände, Verpflegung, Kleider und, nicht zuletzt, eine Gitarre mit, wie auch das Computer-Zubehör, um täglich seine Aufzeichnungen und Fotos festzuhalten, die dann, via Facebook („Pigipex Eichhörnchen“) und Web, weltweit mitverfolgt werden können. Alles in allem sind es rund 40-50 Kilogramm. Der durchtrainierte Sportlehrer, der bereits mehrere Ultraläufe vorweisen kann, macht sich weniger Sorgen um die physische Belastung. Von den bereits seit dem 16. April aus Luzern bis Weidenbach/Ghimbav begangenen 2121Kilometern hat er einen guten Teil davon in Österreich im Jogging-Tempo zurückgelegt. Nun tritt er „auf die Bremse“ und es geht im Schrittrhythmus voran. Wichtiger war die psychische Vorbereitung auf dieses so ungewöhnliche Unternehmen. Damit hat er vor rund einem Jahr begonnen mit der langen, nicht leichten Reihe von Verabschiedungen: von der Wohnung, vom Arbeitsplatz, vom Verein, von Familie und Freunden, von der Heimat. Mutter und Geschwister waren zunächst schockiert von der Idee, in den nächsten Jahren Rino irgendwo in der fremden weiten Welt zu Fuß unterwegs zu wissen. Aber dann haben sie verstanden, was dieses Projekt für Rino bedeutet und stehen ihm nun in Gedanken fest beiseite. Heftige Emotionen kamen in Rino nochmals auf als er die Schweizer Grenze hinter sich ließ. „Ich saß an der Grenze. Ich schlotterte und zitterte und ich weinte“, gibt Rino zu. Es war aber auch eine völlige Befreiung, um sich nun voll auf sein Abenteuer zu konzentrieren.
In Rumänien kam Rino über Großwardein/Oradea – Klausenburg/Cluj – Schäßburg/Sighişoara nach Kronstadt/Braşov. In Weidenbach legte er beim Prichindel-Kinderhaus das seine Landsfrau Sonja Kunz leitet, einen Rasttag ein.
Viermal musste er bereits die Reifen wechseln, wie viele Paar Turnschuhe abgelaufen werden, steht in den Sternen. Er übernachtet vor allem auf Campingplätzen, da ja Rumänien als „Bärenland“ bekannt sei. Bisher habe er aber eher streunende Hunde abwehren müssen – da erwies sich das mitgenommene Ultraschallgerät als sehr nützlich. Gastfreundschaft und Staunen über sein Wandern - das sei ihm hierzulande viel öfter widerfahren als in der Schweiz – sein Land, das ihm nun im Vergleich mit Rumäniens landschaftlicher Vielfalt erst recht als klein vorkommt. „Mit nichts als dem Herzen in der Hand, begebe ich mich auf diese Reise. Und so bin ich auf die Solidarität der Mitmenschen angewiesen“, schreibt der Weltwanderer auf seiner Webseite. Unterstützung kann in Form von Spenden erfolgen aber auch indem ihm eine kostenlose Unterkunft angeboten wird, oder Essen und Trinken oder die Möglichkeit sich zu waschen, zu entspannen. Ab und zu wird wohl auch eine längere Unterbrechung erfolgen, wenn es sich ergibt, eine zeitweilige Arbeitsstelle zu finden und so zu etwas Geld zu kommen.
Von Kronstadt ging es weiter Richtung Bukarest und von da nach Bulgarien zur Schwarzmeerküste. „Ich weiß, ich werde es schaffen und ich weiß, ich will es schaffen“. Die Motivation ist da – auch in Form von Unterschriften und Botschaften der Kinder aus Stans in der Schweiz von denen sich Rino in Folge eines Konfliktes zwischen Erwachsenen notgedrungen trennen musste, was ihn zutiefst betroffen und enttäuscht hatte. Selbst wenn extreme Herausforderungen (z.B. in der Wüste) folgen werden, weiß er: „Du musst da durch, es kommen nachher wieder wunderschöne Landschaften, tolle Begegnungen.“
Die Weltumrundung sieht er bereits jetzt als sein Lebensprojekt an. Aufgrund der Tagebuchaufzeichnungen sind Bücher denkbar die die einzelnen Etappen dieser Weltreise schildern; für ein Dokufilm interessiert sich bereits ein Schweizer Fernsehteam. Da nun aus der abenteuerlich scheinenden Absicht, die Welt zu Fuß zu begehen, Wirklichkeit wurde und bereits konkrete Berichte, Begegnungen, Ergebnisse vorliegen, ist es denkbar, dass sich auch ein Sponsor finden, lässt der Rino zuverlässige Hilfe leisten kann. Seine Welttour ist kein Luxus – im Gegenteil es sei nicht teuer, ihn zu unterstützen. Dafür werde er einen Sponsor weltweit „mit sich führen“ – warum nicht auch als Tattoo auf der Schulter?
Die „Karpatenrundschau“ wünscht Rino auf seinem langen Weg durch mehrere Kontinente und über mehrere Jahre viel Erfolg und gutes Gelingen für seine so selbstverständliche und wichtige Botschaft, die er mit sich führt: Prävention gegen Kindermissbrauch!