Die permanente Ausstellung im großen Raum des Kronstädter Volkskundemuseums bietet einen Rückblick auf die Kronstädter Textilienindustrie des 19. und 20. Jahrhunderts, wobei die sächsischen Unternehmer das Hauptwort dabei zu sagen hatten. Anläßlich des diesjährigen 50. Jubiläums seit Gründung des Volkskundemuseums 1967, bietet dieses eine weitere ausführliche Dokumentation über die verschiedenen Techniken, die bei der Erstellung von Wirkwaren, geflochtenen Kleidungsstücken, Stickerei, bei Spitzengewebe angewendet wurden.
Wie die Leiterin des Museums Dr. Ligia Fulga bei der Vernissage betonte, war die Zusammenstellung dieser Ausstellung im zweiten Saal des Museums ein regelrechtes berufliches Abenteuer, wobei auch die Arbeiten der Vorgänger in diesem Bereich wie Romulus Vuia und Luise Treiber Netoliczka den Fachleuten des Museums äußerst aufschlußreiche Hinweise gaben. Auch wurden mehrere Mitarbeiter wie das Kronstädter Nationalarchiv, Luiza Gherghinescu, Radu Tătaru, Dr. Enikö Szöcs Gazda, Gernot Nussbächer, Valeria Reit, Alexandru Daneş, Adrian Vlădărean zu Rate gezogen. Nicht nur, dass die Ausstellung Ehre dem 50. Jubiläum bereitet, sondern auch durch die Art der Präsentierung der Exponate, der gebotenen Dokumentation, einschließlich der wirkungsvollen Beleuchtung ist die Schau besonders ansprechend. Auch kann das Museum aus seinen rund 10.000 im Eigenbestand befindlichen sächsischen Volkskundeexponaten immer wieder eine besondere Auswahl treffen und diese dem breiten Publikum vorstellen. Zu dem erwähnte der bekannte Ethnograph Dr. Ion Opriş, dass im nächsten Jahr wieder ein besonderer Anlass zum Feiern besteht, da sich 110 Jahre seit der Gründung des Burzenländer Sächsischen Museums erfüllen.
In der Stadt unter der Zinne gab es bis zur Nationalisierung nach dem Zweiten Weltkrieg 1948, mehrere Betriebe und Kleinunternehmen wie beispielsweise die Fabrik für Strumpfherstellung und geflochtene Kleidungstücke von Johann Herter, desgleichen eine weitere Strumpffabrik, die Julius Teutsch in Besitz hatte, die Wirkwarenfabrik des Georg Foith. Aber auch rumänische und ungarische Unternehmer oder Familien waren aktiv in Herstellung von Wirkwaren, Spitzengewebe, Stickerei. Das Museum konnte einen Webstuhl für Tüll erwerben, der bei der Ausstellungseröffnung auch in Betrieb gesetzt werden konnte und die zahlreichen anwesenden Gäste beeindruckte. Dieser war zu der Zeit aus Deutschland importiert worden. Es war ein Produkt der Firma Fritz Faust, vom Ende des 19. Jahrhunderts, und diente der Herstellung von 2,20 Meter breitem Tüll. Bekannt ist der Beitrag von Wilhelm Scherg zur Entwicklung der Kronstädter Textilindustrie, weniger der Wirkwaren. Doch hat er durch den Ankauf des Betriebes von August Schwabe 1904, der sich in der Dârste befand, dann auch Wirkwaren erstellt. Nach 1927 wurde dieser auch auf die Herstellung von Konfektionen profiliert. Eine Gedenkplakette anläßlich des 100. Bestehens der Scherg-Fabrik, das 1923 begangen wurde, konnte das Museum von Familie Kurt und Ursula Philippi ankaufen und ist in der Ausstellung zu sehen.
Auszüge aus den Kleiderordnungen von 1732 in Kronstadt, oder der von 1764 in Mediasch bieten dem Besucher Einsicht auch in den sozialen Status der jeweiligen Träger. An Hand von illustrierten Beispielen werden Kopfbedeckungen, Häubchen für Frauen, gestickte Gürtel vorgestellt. Frauen und Mädchentrachten, deren Unterschiede sind dokumentiert. Auf die Verwendung der Zierschnüre in der Oberen Vorstadt von Kronstadt, auf die Anwendung der Klöppel mit Hilfe eines Holztroges wird eingegangen. Unterstrichen wird die Rolle der Handarbeitsstunden an der deutschen Mädchenschule, wo die Schülerinnen mit dem Sticken, Zuschneiden, dem Dekorieren der Textilien vertraut gemacht wurden. Eine besondere Rolle spielten die Spitzen und Spitzengewebe und deren Verwendung bei der Erstellung von Ausstattungen mit Geweben für den Haushalt. Die Herstellung von Wirkwaren wurde auch nach der Nationalisierung in Kronstadt fortgesetzt.
Beispielsweise hat die Firma von Georg Foith nach der Verstaatlichung von 1948 anfangs unter dem Namen „Textila roşie“, dann „Trikotagenfabrik“ und nach 1989 „Iason SA“ geheißen und die Tätigkeit fortgesetzt.
An der Vernissage der Ausstellung beteiligten sich auch einige Mitglieder des Landesrates der Museen. Dessen Vorsitzender Ernst Oberlaender Târnoveanu hob die entfaltete Forschungstätigkeit und die unternommenen Feldforschungen der Kronstädter Museologen hervor. Akademiemitglied Dr. Georgeta Stoica betonte, bei den vom Kronstädter Volkskundemuseum organisierten Ausstellungen werden immer nur wertvolle Exponate ausgestellt, und es wird auf eine genaue Dokumentation gebaut. In dem grafisch besonders gut gestalteten Ausstellungskatalog äußert die Museumsleiterin ihre Besorgnis darüber, dass diesen bisher verzeichneten Erfolgen ein Ende gesetzt werden könnte, wenn die vorauszusehende Rückerstattung der Gebäude fortgesetzt wird. Anderseits muss aber auch betont werden, dass diese auch nicht mit der gezeigten Stellungnahme gegenüber den Eigentümern einiger der Gebäude oder Teilen davon, für Verständnis ihr gegenüber sorgt.
Um besser die in den Beständen befindlichen Exponate an die interessierten Volkskundler und nicht nur diese zu bringen, soll ein Bilderarchiv eingerichtet werden. Auch wird an eine interdisziplinäre Ausstellung gedacht. Tatsache ist, dass das Kronstädter Volkskundemuseum zu dem Fachinstitutionen gehört, die auf einen der reichsten Bestände, besonders was das sächsische Brauchtum betrifft, landesweit blicken kann. Die vier diesem zugehörigen Einheiten – das Kronstädter Volkskundemuseum am Rudolfsring, das Museum der städtischen Wohnkultur am Alten Marktplatz, die beiden Volkskundemuseen von Săcele bzw. Reps –, umfassen besonders reiche Sammlungen, die auch durch die in den Ortschaften vorgenommenen Ermittlungen immer weiter bereichert werden konnten.