Seit der kalten Jahreszeit habe ich Hans (Johann) Lutsch nicht mehr angetroffen. Dafür las ich einen Beitrag von ihm in den „Petersberger Nachrichten“, dem Heimatblatt der Petersberger Nachbarschaft in Deutschland, in dem er natürlich Erinnerungen und Bindungen zu der reichen Pflanzenwelt des Lempesch hervorhob. Und zu Jahresanfang fragte mich Prof. Alexandru Barbu, ehemaliger Leiter der Kronstädter Naturschutzkommission, ob ich wisse, was Hans Lutsch macht und wie es ihm geht? Als einer seiner ehemaligen Mitarbeiter habe er immer wieder gelegentlich mit ihm telefonisch gesprochen. Wenige Tage darauf war dann auf dem Schwarzen Brett der Honterusgemeinde die Anzeige zu lesen, Johann Lutsch sei im Alter von 88 Jahren am 13. Januar gestorben und werde am Friedhof von Hermannstadt beigesetzt.
Unzählige Begegnungen hatte ich im Laufe der Jahre mit dem völlig der Natur verschriebenen, freiwilligen Naturschützler, Ornithologen, Wanderer, Fotografen Hans Lutsch, über den auch unsere Wochenschrift wiederholt berichtet hat, von ihm verfasste Beiträge veröffentlichte. Im Frühling warteten wir regelrecht darauf, dass er seinen Aufruf zwecks Storchzählung an die Redaktion schickt, in dem er Naturfreunde und Ortsbewohner aufforderte, ihre diesbezüglichen Beobachtungen an ihn einzusenden. Und wenn wir uns trafen, sei es auf der Straße, bei verschiedenen Veranstaltungen im Forum, im Rahmen der deutschen Vortragsreihe auch vor der Wende, kam natürlich immer wieder das Gespräch auf den Königstein, den Butschetsch, Hohenstein, Schuler, diese Burzenländer Bergmassive, wo er immer wieder wanderte, seine Beobachtungen machte. Und natürlich der bei Petersberg gelegene Lempesch, wo er jeden freien Arbeitstag oder Sonntag verbrachte, jede Blume je nach Jahreszeit kannte. Förster aus dem Gebiet hatten sogar seinen Namen wie „Poiana lui Lutsch“ oder „Stejarul lui Lutsch“ in Alltagsgebrauch eingeführt. In den letzten Jahren berichtete er mir aber immer wieder von seinem Geburtsort Gergeschdorf, wo er gemeinsam mit seiner Frau Maria die Zeit vom Frühjahr bis nach der Weinlese verbrachte. Nur im Spätherbst und Winter weilten sie in ihrer Blockwohnung im Kronstädter Tractorul-Viertel.
Geboren als Sohn des Winzers Martin Lutsch und Maria in Gergeschdorf, besuchte er die Grundschule da, dann das Lyzeum in Hermannstadt. Er erlernte den Beruf als Eisendreher, und arbeitete ab 1950 in dem Electroprecizia-Unternehmen von Săcele, in dessen unmittelbarer Nähe er auch wohnte. Nachdem er die Meisterschule absolvierte, leitete er eine der wichtigsten Abteilungen und koordinierte die Tätigkeit von fast 300 Personen. Bekannt war er im Unternehmen für seine Genauigkeit, Zuverlässigkeit, aber auch als Naturfreund. Das führte dazu, dass er 1967 als freiwilliger Mitarbeiter der Kronstädter Naturschutzkommission berufen wurde. In seiner offiziellen Eigenschaft setzte er sich u.a. für die Naturschutzgebiete ein. Auf seine Initiative hin wurden die Narzissenwiese bei Schirkanyen mit Maschendraht umzäunt. Desgleichen mit Unterstützung des damaligen Bürgermeisters Peter Dück wurde das Honigberger Moor umzäunt. In Gergeschdorf konnte er sich für die Wiederaufpflanzung von 200 ha Weinberg einsetzen. Auch versuchte er, sich bei den lokalen und Kreisbehörden gegen den unkontrollierten Schafaustrieb einzusetzen, der viel Schaden vor allem der Blumenwelt anrichtete.
Er machte sich sehr fachkundig, schaffte sich Fachliteratur an, um die lateinischen Pflanzenbenennungen zu kennen, er fotografierte und hatte eine reiche Dia-Sammlung angelegt. Das Badezimmer der Wohnung gestaltete er zum Fotolabor um. Johann Lutsch hat viele Referate und Berichte verfasst, die zum Teil veröffentlicht wurden. Eine reiche Korrespondenz hat er mit Prof. Werner Klemm aus Hermannstadt geführt. In den letzten Jahren konnte er wegen seinen Gehbehinderungen sich nur noch in beschränktem Maße Wanderungen widmen, war aber seelisch der Natur wie auch bis dahin weiterhin eng verbunden geblieben.