Der Goldene Hirsch und die Schwarze Kirche
Begonnen hat die Entstehungsgeschichte des heutigen Produktions- und kreativen Zentrums „foton“ mit ersten Aufträgen, die in Zusammenhang mit dem Goldenen Hirsch-Schlagerfestival standen. Damals, vor 23 Jahren, gab es kaum Ansichtskarten und Werbematerial rund um dieses Festival, dessen Zentrale das Aro-Palace-Hotel war. Radu Pescaru, der die Kronstädter Technische Hochschule beendet hatte, wagte den Schritt in eine ganz andere Richtung: Verlagstätigkeit und Herstellung von Info- und Werbematerial. Das hatte direkt auch mit seiner Liebe zur Fotografie zu tun. Heute erinnert sich der 48-Jährige Verwalter des foton-Verlages, der im Parterre eines Wohnblocks in der Kronstädter Zizinului-Straße untergebracht ist, an jene ersten Aufträge und Kontakte, die prägend für ihn sein sollten. Der damalige Kronstädter Bezirksdechant und Tartlauer Pfarrer Johann Orendi gehörte auch zu den ersten Auftraggebern, wobei es um die touristische Förderung der Tartlauer Kirchenburg als UNESCO-Weltkulturerbe ging.
So kam dann die Bekanntschaft mit Vertretern der Honterusgemeinde zu Stande und, nachdem Pescaru nicht nur seine Fachkenntnis, sondern auch die erforderliche Zuverlässigkeit bewiesen hatte, auch die Zusammenarbeit bei der Herausgabe von Broschüren und anderem Infomaterial über die Schwarze Kirche – das Wahrzeichen Kronstadts. Von dem damaligen Gemeindekurator, Dipl.-Ing. Erwin Hellmann, hatte Pescaru viel zu lernen, wie auch von Leuten wie Gernot Nussbächer oder Peter Simon. Die gute Zusammenarbeit hat sich bewährt und wird fortgeführt, was den foton-Leiter voller Stolz erfüllt und was für ihn der Verleihung eines Ehrendiploms gleichkommt. Inzwischen ist das Tätigkeitsfeld erweitert worden. Investiert wurde bei Foton in neuste Technik, darunter auch, über ein Saxonia-Projekt, in einen leistungsstarken Video-Montagetisch. Radu Pescaru ließ es sich nicht nehmen auch ein Ultraleichtflugzeug, einen Motorschirm der Marke X-Citor zu kaufen, um so die notwendige Unabhängigkeit für Luftaufnahmen zu haben. Inzwischen fehlen auch die Dronen nicht in seiner Ausstattung.
„Lerne Rumänien kennen“
In den letzten zwölf Jahren hat „foton“ ein eigenes Projekt als Markenzeichen eintragen lassen. Es heißt „Cunoaşte România“ („Lerne Rumänien kennen“) und nimmt sich vor, Rumänien über Multimedia-Produkte, Videos, Alben, illustrierte Karten, einer Vielfalt von Souvenirs (von Becherunterlagen bis Leporellos, d.h. faltbare Streifen mit Ansichtskarten), Webproduktionen bekannt zu machen. Die dazu notwendige Datenbank wird ständig erweitert. Das setzt Dokumentationen im ganzen Land voraus, Heranziehen von Mitarbeitern, Zugang zu Archiven usw. Es entstanden eine Bild-Monographie Rumäniens, Spielkarten-Sets und Leporellos zu Themen wie Naturschönheiten, Burgen und Schlösser, die siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen, Volkstrachten aus diversen Landesregionen, Volkskunst, historische Foto-Aufnahmen, Vorstellungen touristischer Regionen wie das Donaudelta, die Donauklamm bei den Eisernen Toren, Klöster, Salzbergwerke, illustrierte Karten von Landeskreisen (Kronstadt/Braşov, Neamţ, Jassy/Iaşi), CDs und DVDs.
Eines der größten und bekanntesten Projekte war die Herausgabe des Bandes „Braşovul de odinioară“ („Das einstige Kronstadt“) - eine Zeitreise ins alte Kronstadt auf Grund vor allem alter Ansichtskarten aus Sammlungen wie jener des vormaligen Vorsitzenden des Kreisrates Kronstadt, Aristotel Căncescu. Alles folgt dem Prinzip, die Schönheiten der Heimat bekannt zu machen, dabei aber keine Kompromisse in Sachen Kitsch einzugehen. Vieles ist mit mehrsprachigen Begleittexten erläutert. In diesem Sinne erinnert Radu Pescaru an ein Zitat des deutschen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, das im Verlag, eingerahmt an einer Wand, in rumänischer Übersetzung zu lesen ist: „Wo Wissenschaft und Kultur zurückgedrängt werden, nimmt früher oder später Gewalt und Willkür diesen Platz ein.“
Für Anregungen und Verbesserungsvorschläge hat man bei Foton immer ein offenes Ohr. Außer Radu Pescaru treffe ich bei meinem Besuch weitere drei Mitarbeiter an, die konzentriert vor ihren Monitoren arbeiten. Kreativität ist gefragt.
Andrerseits erledigt man da soviel wie möglich in Eigenregie: zum Beispiel das Zurechtschneiden, das Drucken und Vervielfältigen, das Verpacken, das Lagern - was sich in möglichst geringe Herstellungskosten niederschlägt. Zusätzliche Details betreffend Bestellungen mit Mindestauflagen und Kontaktadressen sind auf der eigenen Webseite (www.foton.ro) zu finden. Was Radu Pescaru noch am Herzen liegt, ist Partner in Sachen Vertrieb zu finden. Denn der Einzelhandel ist umständlich, zeitraubend und unsicher. Die Partnersuche beschränkt sich aber nicht nur darauf: „Wir suchen Partner, die unsere schöpferischen Kapazitäten und unsere Dokumentationen verwerten.“ Dass auch reine Werbung dabei ist, nimmt man bei „foton“ in Kauf. Aber jene Projekte, die dem Tourismus, der Förderung der rumänischen Landeskunde im In- und Ausland dienen – das sind Bereiche, die diesem Kronstädter Verlag weiterhin seine besondere Ausrichtung verleihen sollen. Eine nicht leichte aber umso schönere und beachtenswerte Aufgabe, der man sich selber stellt.