Am Samstag, dem 25. Juni, startet die 7. Auflage der Konzertreihe „Musica Barcensis“, die jedes Wochenende bis zum 28. August in den evangelischen Kirchen von Neustadt, Petersberg, Rosenau, Weidenbach, Tartlau, Zeiden, Honigberg, Wolkendorf und Kronstadt (Bartholomäer Kirche und Martinsberger Kirche) stattfinden wird. Veranstalter sind die Stiftung für Kultur und Patrimonium „Forum ARTE“, die evangelischen Kirchengemeinden A. B. Kronstadt, Bartholomä, Weidenbach, Zeiden, Neustadt, Wolkendorf, Honigberg, Rosenau, Petersberg und Tartlau, mit Unterstützung der Stadtverwaltung Rosenau. Es ist das erste Jahr, in dem das Festival vom Kronstädter Kreisrat finanziell unterstützt wird. Musica Barcensis, von den Kronstädter Organisten Paul Cristian und Steffen Schlandt koordiniert, ist von Jahr zu Jahr gewachsen. Kronstädter und Touristen werden in diesem Sommer wieder einmal eingeladen, an den Juli- und Augustwochenenden zehn unterschiedliche Kirchen und Kirchenburgen zu besuchen und musikalische Veranstaltungen der Extraklasse zu erleben. Alle Konzerte sind einmalig - für viele der eingeladenen Künstler ist es das erste Mal, dass sie vor dem Kronstädter Publikum auftreten.
Die Kirchen sind bei den meisten Konzerten voll
Der Kronstädter Organist Steffen Schlandt hatte die Idee einer Sommerkonzertreihe schon vor 17 Jahren in die Tat umgesetzt. 1999 hat er in Tartlau das Projekt „Diletto Musicale” ins Leben gerufen. Der Orgelbauer Ferdinand Stemmer hatte eine seiner Truhenorgeln zur Verfügung gestellt, um diese bei Konzerten in Siebenbürgen bekannt zu machen. So kam Steffen Schlandt auf die Idee, eine Musikreihe zu starten, die vor allem vokale und instrumentale Besetzungen mit der Truhenorgel ermöglicht. Seitdem finden jeden Sonntagnachmittag im August in der Evangelischen Kirche Tartlau Konzerte statt. Die besondere Akustik und die wunderschöne historische Kulisse trugen dazu bei, dass die Kammermusikreihe immer besser besucht wurde. Parallel dazu fanden jeden Sonntag im Juli der Bartholomäer Konzertsommer statt, dessen Initiator der Organist Paul Cristian ist. 2010 entschied man sich zur Vereinigung der beiden Events. Außerdem hatte man eingesehen, dass es auch in Orten wie Weidenbach, Honigberg und Rosenau ein musikalisches Potential gab, das erschlossen werden musste. So entstand im Jahr 2010 die Musica-Barcensis-Reihe. Das Festival hat zwei musikalische Leiter: Paul Cristian und Steffen Schlandt. Seit 2014 hat der Verein Forum Arte das Kulturmanagement übernommen. Die Veranstaltung wurde mit jeder Auflage bekannter und beliebter, die Besucherzahl stieg von Jahr zu Jahr.
„In den ersten Jahren waren es im Durchschnitt 30 bis 40 Leute pro Konzert. Letztes Jahr waren es im Durchschnitt 175. Das bedeutet mehr als 3000 Zuschauer beim ganzen Festival. Es ist ein konstantes Wachstum, was sehr gut ist. Viel mehr sollte die Besucherzahl trotzdem nicht wachsen. Die Kirchen sind jetzt schon bei den meisten Konzerten voll“, meint Schlandt. Zu den Konzerten in den Ortschaften kommen meistens Leute aus Kronstadt, Touristen oder nach Deutschland ausgewanderte Siebenbürger Sachsen, die in diesen Monaten ihre Heimatorte besuchen. In den letzten Jahren konnten die Organisatoren aber bemerken, dass auch Bewohner der jeweiligen Ortschaften zu den Konzerten kommen. „Das ist sehr erfreulich. Wir wollten schon immer die Leute aus den Ortschaften ansprechen. Man muss nicht bis nach Kronstadt gehen, um ein Konzert zu besuchen, man hat es praktisch direkt vor der Tür. Und es ist und bleibt kostenlos.“ Andererseits haben die Stadtbewohner die Chance, die tägliche Hektik und den Stress gegen die Ruhe auf dem Dorf auszutauschen und dazu auch noch ein kulturelles Programm zu erleben.
Orgelfahrt schon ausgebucht
Der diesjährige Auftakt der Konzertreihe am 25. Juni bringt eine Neuigkeit, und zwar eine von dem Musikerehepaar Ursula und Kurt Philippi initiierte Orgelfahrt in die Umgebung von Kronstadt.
Die Teilnehmer werden sich durch die Ortschaften Reci, Chichiş, Neustadt und Kronstadt auf die Spuren des Orgelbauers Karl Einschenk (1867-1951) begeben. Es werden vier Kirchen verschiedener Konfessionen besichtigt, die eine Einschenk-Orgel beherbergen. Dabei werden die Teilnehmer interessante Fakten über das grandiose Instrument erfahren. Auch werden kleine Lesungen aus den Lebenserinnerungen des Orgelbauers stattfinden. Am Vormittag werden die reformierten Kirchen und Orgeln in der nahen Szeklergegend besucht. In Reci hat man die Möglichkeit, am See spazieren zu gehen und zu Mittag zu essen. Am Nachmittag steht die restaurierte Orgel aus Neustadt auf dem Programm. Zum Abschluss der Tour werden die unitarische Kirche und die Blumenauer Kirche besucht.
„Leider ist die Reise schon ausgebucht, das heißt, dass alle Plätze im Bus belegt sind. Interessenten können aber mit dem eigenen Auto anreisen“, meint Steffen Schlandt.
Musiker aus acht Ländern
Im Sommer gibt es in der Stadt kein großes Kulturangebot. Musica Barcensis startet immer dann, wenn bei Philharmonie, Oper und Theater Saisonschluss ist. Deshalb lohnt es sich, am Wochenende einen Ausflug in die nähere Umgebung zu unternehmen. Man verbindet Tourismus mit Kultur. Falls man begeisterter Radfahrer ist, kommt auch noch der Sport dazu. Es ist schon zur Tradition geworden, dass man am ersten Wochenende des Festivals auf dem Fahrrad zum Konzert fährt. Die Aktion wird in Zusammenarbeit mit dem Verein „Braşovul pedalează“ organisiert. Alle leidenschaftlichen Fahrradfahrer sind herzlich eingeladen, mitzufahren. Dieses Mal geht es nach Weidenbach, wo um 18 Uhr in der evangelischen Kirche ein Konzert der Schüler der Musikschulen aus Kronstadt und Sankt Georgen/Sf.Gheorghe stattfindet.
Danach folgen bis Sommerende noch acht Wochenenden voller Musik. „Bei dieser Auflage werden Musiker aus acht Ländern auftreten: Schweiz, Slowakei, Holland, Australien, Deutschland, Ungarn, Spanien und Rumänien. Bei 10 der Konzerte werden Musiker auftreten, die dem Publikum noch unbekannt sind. Sehr schön wird es am 9. Juli in Wolkendorf sein. Dann tritt ein Kinderensemble aus der Slowakei auf, die auf Handglocken spielen und von einer Organistin aus der Schweiz begleitet werden. Ein Highlight ist auch das Konzert, wo der ungarische Trompeter Hegyi Gabor auftreten wird. 2015 hat der in Deutschland lebende Musiker den Preis ‘Echo Klassik’ erhalten. Das ist das Äquivalent eines Grammy-Preises. Aber es treten auch rumänische preisgekrönte Musiker auf, wie der junge Violinist Andrei Stanciu“. Wie immer bleiben die Kirchen die Haupträume der Konzerte. Die Musik, die gespielt wird, ist speziell dazu angepasst und die Besucher können die ausgezeichnete Akustik genießen und die Räumlichkeiten bewundern. Viele von ihnen haben nur durch die Konzerte die Gelegenheit, die Kirchen zu besuchen. „Viele der Gäste sind junge Musiker, für die sich die Gelegenheit bietet, sich kennenzulernen und zu vernetzen. Das ist für uns sehr wichtig. Die Kirchengemeinden waren immer sehr offen und unterstützen uns“, sagt Schlandt.
„Es ist ein Festival, das aus dem Inneren gewachsen ist“
Die siebente Auflage bringt noch eine Premiere: zum ersten Mal erhielten die Organisatoren eine Finanzierung vom Kronstädter Kreisrat. Bisher konnten sie es wegen der oft absurden Bürokratie nicht schaffen. Außer dem Finanzierungsantrag muss man eine Vielzahl von anderen, oft unnützen Papieren einreichen. „Das große Problem ist, dass die finanzierten Kulturprojekte viel zu spät bekanntgegeben werden. Wenn wir erst Anfang Mai erfahren, dass wir Geld bekommen haben, ist es ein wenig zu spät, um Künstler einzuladen, ihnen die Flüge zu reservieren und so weiter. Wir würden gerne jedes Jahr eine Musikreihe zu einem bestimmten Thema haben. Das ist aber nicht möglich, wenn wir nicht rechtzeitig wissen, wieviel Geld uns zur Verfügung steht“, meint Schlandt. Für „Musica Barcensis“ wurde eine Finanzierung von 37.000 Lei zur Verfügung gestellt. Das ist gar nicht viel, wenn man bedenkt, wie viele Veranstaltungen es gibt und wie viele Musiker zum Festival anreisen. „Es ist ein Festival, das aus dem Inneren gewachsen ist, obwohl die Finanzierung immer nur knapp gedeckt ist. Es ist langsam, aber stetig gewachsen und man kann die Erfolge sehen. Das Schönste ist, dass so viele Musiker gerne mitmachen wollen, obwohl wir ihnen keine großen Honorare bieten können. Es sind nur Musiker, die mit Herz und Blut dabei sind und nur solche Leute können etwas bewegen.“