Der Sonntag ist gottesdienstfrei? Ist ja kaum zu glauben! Aber es ist wahr und kommt immer wieder mal vor. Gut, dass man das dann schon ein paar Wochen im Voraus weiß und anfangen kann zu planen. Aber was eigentlich? Als evangelischer Dorfpfarrer – was tust du an einem solchen Sonntag? Bleibst du zuhause und faulenzt – endlich mal auch!? Wie sehr dich der Gedanke auch reizt: Das geht nicht! Wie sollst du dann deinen Glaubensgenossen noch begegnen, wenn auch du diesem schlechten Beispiel folgst? Wie aber dann umgehen mit diesem Tag: Urlaub nehmen – warum eigentlich, wenn es doch nichts zu vertreten gibt? Halt, warte: „Vertretung“… das hast du doch schon lange nicht mehr gemacht – das wäre doch DIE Idee! Nur schade, dass keiner deiner Kollegen auf deine Anfrage hin Interesse gezeigt hat, eine Gemeinde von dir vertreten zu lassen, die sonst keinen Gottesdienst hätte. Andersrum: Ist doch schön, wenn alle versorgt sind… Na gut, dann eben etwas anderes tun. Fragt sich nur: was?
Dann fiel mir ein: Die Petersberger Presbyter wollten doch 2018 einen Gemeindeausflug machen! Wäre da nicht was für sie?
Und hast du nicht geseh‘n war die Idee geboren, dass mit Bistritz und Jassy ein 3-Tages-Ausflug möglich wäre, bis einschließlich den 29. Mai, den orthodoxen Pfingstmontag. Aus der Gemeinde, die wir durchtelefoniert haben, aus Petersberg und Brenndorf fanden sich 6 Leute, die zusammen mit der Pfarrfamilie in den Norden unseres Landes fahren wollten, um anzuschauen, was sich da anschauen ließ: Die Gegend von Petersberg bis Bistritz – nicht über den Highway Schäßburg, Neumarkt und Reen, sondern über die ungarischen Orte Csikszereda, Gyergyňszentmiklós und Ditrň. Besonders das Letzte, rum. Ditr˛u, dt. Dittersdorf, überraschte mit seinem von Weitem sichtbaren neugotischen Kirchengebäude in Grau und weiß, das sich da imposant inmitten einer großen Wiese erhebt. Wir erfuhren, dass es mit EU-Förderung renoviert werden konnte und der römisch-katholischen Kirche gehört, und der Ort namensgebend für das amerikanische Detroit sein soll.
Dann ging es weiter durchs enge Miereschtal nach Deda, von wo wir die Abkürzung über die Hügel nahmen und am Teleki-Schloss in [ieu vorbeikamen. In Bistritz selber trafen wir eine Gruppe der evangelischen Kirchengemeinde Mediasch mit ihren Pfarrern, und Stadtpfarrer Krauss zeigte uns die Stadt. Am Sonntag gingen wir zur Kirche, denn man selbst als Pfarrer braucht hin und wieder auch ein geistliches Wort, eine gute Predigt zum Anhören, nicht nur zum Selber-Machen… und ein paar Kirschen mit dazu, wenn’s welche, wie diesmal in Bistritz, nach dem Gottesdienst im Pfarrgarten für alle zu holen gab.
Wir starteten von hier aus über den Tihu]a-Pass, den meine Frau und ich zuletzt vor 25 Jahren befahren hatten, als wir in die Bukowina zum Predigteinsatz fuhren. Der Vergleich war sofort da – damals ein fast menschenleeres Gebiet, heute überquellend von Häusern und Häuschen, Pensionen und Hotels. Vorbei ging‘s an Dorna Vatra und Jakobeni, zwei Orte meines Einsatzes, und nach Poschoritta zu seiner evangelischen Holzkirche, mit dem altbekannten Spruch über dem Haupteingang: Ein feste Burg ist unser Gott! Ein wenig verlassen sieht sie aus, die einzige Holzkirche unserer Gemeinschaft. Weiter nach Vorone? mit dem allgegenwärtigen Tourismus, denn vor dem Kloster gibt’s eine lange Straße voll mit Buden – allerdings ohne Dracula, ohne Schreckgespenst – hauptsächlich Trachten und volkstümliche (rumänische) Kleidung. Dann doch ein wenig anders als bei uns! Und weiter ging’s, vorbei an niederen, aber gepflegten Häuschen, mit ebensolchen gepflegten Gärten, vorbei am Palast von A.I. Cuza bei Ruginoasa bis hin nach Jassy, zum Gästehaus der Metropolie, gleich neben dem Theater. Ein Rundgang noch im Abendlicht, vorbei an den kunstvoll restaurierten Kirchen bis hin zum Kulturpalast und wieder zurück. Am nächsten Morgen dann der genauere Rundgang mit Besichtigung, auf Anraten von Frau Kurator Agache auch ein Blick ins Panoramic des Unirea Hotels und ein Abstecher zur Universität. Ein freier Spaziergang durch Jassy, und wieder ab ins Auto und weiter geht’s –nun eigentlich zurück. Nach Roman, wo die katholische Kirche ein sehenswürdiges Spital renovieren muss, dann quer durch das Hochland zur Bicaz-Klamm und zum Lacul Rosu, nach Gheor-gheni, Miercurea Ciuc und wieder nach Haus.
Spätabends um 22 Uhr, müde und erschöpft, aber voll wunderbarer Eindrücke über die jetzt gar nicht sooo ärmlich aussehende Moldau kamen wir zuhause an. Schnell auspacken, Tiere füttern und ab ins Bett, denn morgen muss man wieder arbeiten!
Und, freilich, dann, auch ein wenig zurückdenken an die vergangenen Tage, Danke sagen dem einen und dem anderen, der ganzen Gesellschaft und den Gastgebern, der Kirchengemeinde für die Unterstützung, dem Herrgott für das Wetter und die gute Laune – und: Danke, überhaupt!