„Verhalte dich so, wie du es von anderen erwartest!“

Kurzinterview mit Nationaltrainer Christoph Daum

Während seines Kronstadt-Besuchs war Daum auch Gast des Honteruslyzeums. Im Foto: Christoph Daum (links) zusammen mit Lyzeumsdirektor Helmuth Wagner (Mitte) und Hilfstrainer Ionuţ Badea.
Foto: Christian Macedonschi

Ein Heimsieg heute gegen Polen bringt Rumänien näher an die WM-Teilnahme in Russland. Alles andere versetzt die von Christoph Daum trainierte Nationalelf in eine Warteschleife, die zusätzlichen Druck mit sich bringt. Der deutsche Trainer hofft auf einen Sieg, weiß aber, dass im rumänischen Fußball Aufbauarbeit folgen muss. Er glaubt an das Zukunftsprojekt des jungen Fußballverbandleiters R˛zvan Burleanu, das ihn überzeugen konnte, diese neue Herausforderung in seiner langen und sehenswerten Trainer-Laufbahn anzunehmen. Beim Stammtisch des Deutschen Wirtschaftsklubs Kronstadt war Daum vor zwei Wochen als Ehrengast eingeladen. Dabei ergab sich auch die Gelegenheit, folgendes Kurzinterview mit ihm über seine Arbeit mit der Landesauswahl zu führen.

Warum gab es keine Freundschafts-Länderspiele in der Vorbereitung der Qualifikations-Spiele?

Es gab keinen freien Termin. Wir sind auf die FIFA-Abstellperioden angewiesen; außerhalb dieser Perioden stellen die Vereine ihre Spieler nicht ab, auch weil FIFA selber in verschiedenen Wettbewerben eingebunden ist. Mir stehen als Nationaltrainer nur die FIFA-Abstellperioden zur Verfügung. Ich habe jetzt in der nächsten Abstellperiode, wo wir nur am Freitag ein offizielles Spiel haben, extra den nächsten Dienstag genutzt um ein Freundschaftsspiel mit Russland, in Grosny, zu absolvieren.

Ist die Einbürgerung ausländischer Spieler für die Nationalelf eine Lösung?

Die Einbürgerung von Spielern aus dem Ausland findet ja in allen Ländern statt. Bisher nicht in Rumänien. Aber was in anderen Ländern sich als erfolgreich erwiesen hat, kann man ja auch in Rumänien übernehmen. Muss man nicht, kann man aber übernehmen. Wir haben uns die Spieler, die dafür eventuell in Frage kommen, genau angeschaut, sind aber bisher noch nicht zu der Überzeugung gekommen, da einen Spieler zur Einbürgerung zu bewegen. Jene, die von sich aus das gerne machen würden, die würde ich nicht so gerne in der Nationalmannschaft sehen, wobei da die Nationalität keine Rolle spielt. Eine Einbürgerung sollte immer der Ausnahmefall sein. Ich würde erstmals auf die Förderung der durchaus vorhandenen eigenen Talente mehr abheben, aber wenn es Sinn macht, würde ich auch die Einbürgerung eines Ausländers immer mit in Betracht ziehen.

Wie sehen Sie den neuen Spielmodus mit Playoff und Playout in der rumänischen Meisterschaft?

Es gibt Vor- und Nachteile. Wir kennen ja einige Länder, die den Playoff-Modus haben und sehr gute Ergebnisse erzielen betreffend Einnahmen: Fernsehgelder und Zuschauergelder. Die verkaufen also zwei Saisontickets: einmal für die Vorrunde, einmal für die Playoff-Runde. Und das ist sehr lukrativ dank hohen Preisen für die Playoff-Runde. Ich weiß nicht, ob der wirtschaftliche Faktor hier in Rumänien so greift – die genauen Zahlen liegen mir jetzt nicht vor, für andere Länder kenne ich die Zahlen. Da sprechen die Playoff-Zahlen schon eine eindeutige Sprache; es sind sehr hohe Einnahmen.
Andrerseits, eine hohe Anzahl von Spitzenspielen, Derbyspiele, tun dem gesamten Niveau der Liga, der  Entwicklung der Spieler gut. Ich hab hier das Spiel Steaua gegen Dinamo sehen können.

Das war eines der Spiele auf höherem Niveau, die ich hier gesehen habe. Dieser Modus, nach einer Meisterschaftsrunde noch mal neu anzufangen… die Vor- und Nachteile sind für alle Mannschaften die gleichen. Ich bin jetzt nicht ein so großer Befürworter dieses Playoff-Modus, aber man muss sehen, dass er z.B. in Belgien für die Vereine eine unheimlich wichtige wirtschaftliche Bedeutung hat. Sportlich finde ich es besser, wenn man eine Meisterschaftsrunde zu Ende spielt und dann derjenige, der wirklich Erster ist, auch Meister ist. Aber dadurch wird eine andere Planung von den Vereinen verlangt, um für die Playoffs gerüstet zu sein. Es werden andere Prioritäten gesetzt; die Spiele der ersten Meisterschaftsrunde verlieren etwas an Bedeutung. Dafür nimmt die Bedeutung der Playoff-Spiele enorm zu.

Wie streng sind Sie gegenüber, sagen wir, gewissen Star-Allüren Ihrer Profis?

Ich versuche alle Profis zu verantwortungsbewussten Menschen anzuleiten. Eigentlich lautet der Grundsatz: Behandle andere Menschen so, wie du selber behandelt werden möchtest. Und nach diesem Grundsatz gehe ich an die Spieler heran. Es gibt gewisse Dinge, die wir deutlich ansprechen, Überzeugungsarbeit leisten.

Gibt es einen Regelkatalog?

Nicht schriftlich. Ich hab auch mit der Mannschaft darüber gesprochen. Der Regelkatalog ist eigentlich in der Regel ausgedrückt: ´Verhalte dich so, wie du es eben von anderen selber erwartest!‘. In dieser sogenannten Goldenen Lebensregel ist alles enthalten was man zu einem guten Umgang untereinander braucht. Sollte es mal zu irgendwelcher, ja, Regelverletzung (die aber nicht aufgeschrieben sind) kommen, werden wir schon, sagen wir mal, erzieherisch unterstützend eingreifen.

Strafgelder?

Ich halte eigentlich nichts von Strafgeldern.

Herzlichen Dank für Ihre Antworten und viel Erfolg mit der rumänischen Nationalmannschaft!

Die Fragen stellte Ralf Sudrigian