Am Mittwoch, dem 22. Februar 2017 um halb zwölf Uhr läuteten die Glocken der Schwarzen Kirche zum Gedenken an den aus Kronstadt gebürtigen langjährigen und verdienstvollen Kirchenmusiker Adolf Hartmut Gärtner, der zur gleichen Stunde in München beerdigt wurde. Da er seit etwa sieben Jahrzehnten nicht mehr in Kronstadt lebte, dürfte es angebracht sein, der heutigen Generation einiges über ihn vorzustellen. Adolf Hartmut Gärtner wurde am 3. Juni 1916 als Sohn des Maschinen-Oberingenieurs Adolf Julius Gärtner (1878 – 1961) und seiner Gattin, der Klavierlehrerin Elfriede Julie geb. Stenner (1889 – 1980) in Kronstadt geboren. Bis zum Jahre 1935 besuchte Gärtner die Honterusschule und war einer der Schüler des großen Organisten und Musiklehrers Victor Bickerich (1895 – 1964). In den Jahren 1935 – 1939 studierte Gärtner an der Staatlichen Akademie für Kirchen- und Schulmusik in Berlin. Seine erste Anstellung erhielt er durch die Vermittlung von Bickerich 1939 als Chormeister des 1859 gegründeten Kronstädter Männergesangvereins. In den Jahren 1941 – 1944 war er Musiklehrer am Landeskirchlichen Seminar in Hermannstadt und Chormeister des dortigen Musikvereins „Hermania“.
Im Jahre 1943 heiratete er die aus Schäßburg stammende Musiklehrerin Erika Hildegard Ballmann.
Der Zweite Weltkrieg verschlug Adolf Hartmut Gärtner nach München, wo er Organist an der Paul-Gerhardt-Kirche in München-Laim wurde. Als solcher gründete er den Paul-Gerhardt-Chor, den er 41 Jahre lang bis 1986 leitete, ebenso wie auch das Münchener Oratorienorchester. Im Jahre 1980 wurde er zum Kirchenmusikdirektor ernannt. Außerdem war er Studiendirektor und Seminarlehrer für Musik am Theresien-Gymnasium in München. Er gründete und leitete auch andere Musikformationen und begeisterte Hunderte von Jugendliche zum Mitmachen in Sing-, Chor- und Instrumental-Gemeinschaften und durch deren Aufführungen erreichte er viele Tausende Zuhörer und Musikfreunde.
Für seine Verdienste um das Musikleben wurde ihm 1986 die Medaille „München leuchtet“ verliehen und im Jahre 2005 erhielt er den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis.
Zum 100. Geburtstag seines Lehrers schrieb er am 23. Februar 1995 das Vorwort seiner großen Monographie „Victor Bickerich, Kirchenmusiker und Musikpädagoge in Siebenbürgen“, die zwei Jahre später erscheinen konnte. Es ist eine in mehreren Jahren reich dokumentierte Arbeit über den Meister, der das Kronstädter Musikleben durch mehr als 40 Jahre mitgeprägt hat. Eine schöne Vorstellung dieses Bandes bot anläßlich des 60. Todestages von Bickerich ein jüngerer seiner Schüler, Dr. Hanspeter Türk, im Rahmen der Vortagsreihe des Kronstädter Deutschen Forums am 20. Mai 2014.
Im Alter von mehr als 90 Jahren veröffentlichte Gärtner im Jahre 2008 sein erstes Erinnerungsbuch „Nichtalltägliches aus neun Jahrzehnten“, das er ursprünglich für seine Familie geschrieben hatte. Vier Jahre später folgte im Jahre 2012 der Band „Nichtalltägliches aus neuneinhalb Jahrzehnten“ und 2015 dann „Nichtalltägliches aus fast hundert Jahren“. In diesen Büchern gibt Gärtner gute Einblicke in sein langes und bewegtes Leben, die eine schöne Lesefreude bereiten.
Sein 100. Geburtstag wurde im Juni 2016 schön gefeiert.
Er starb am 9. Februar 2017 in München.
Seine Kronstädter Herkunft hat Adolf Hartmut Gärtner stets betont und bis zuletzt durch Beziehungen gepflegt.
Er schenkte dem Archiv der Honterusgemeinde seine Erinnerungsbücher sowie die Memoiren seines Großvaters mütterlicherseits, des verdienten Kronstädter Stadtarchivars Friedrich Wilhelm Stenner (1851 – 1924). Mit Gärtner ist auch der „Coronensia“-Nachlass von Stenner in Verbindung, der 1957 ins Münchner Südost-Institut kam und der 2006 durch die Vermittlung und die Bemühungen von Dr. Harald Roth und Thomas [indilariu von dort in das Archiv der Honterusgemeinde gelangte. Die Töne des Gedenkläutens sind verklungen, aber diese Zeilen sollen nach dem alten Grundsatz „Verba volant, sed scripta manent“ (Die Worte verfliegen, aber die Schriften bleiben) die Erinnerung an einen der großen Söhne Kronstadts bewahren helfen, für den wir Gott nur dankbar sein können.
Gernot Nussbächer