Zur Geschichte der Schulerau bei Kronstadt (II)

Die früheste Begehung des Gebietesund die spätmittelalterlichen Anfänge seiner wirtschaftlichen Nutzung

Kaiser Sigismund von Luxemburg, Portrait in Öl von Albrecht Dürer, Deutsches Historisches Museum, Berlin.
Foto: Wikimedia commons

Der „Mongolensturm“ von 1241 mit all seinen verheerenden Folgen für die jungen Siedlungeni m Burzenland und im Kronstädter Tal haben für alle Überlebenden die grundlegende Frage der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zur Abwehr weiterer Einbrüche feindlicher Horden aufgeworfen. Die damals üblichen Verschanzungen durch Erdwälle und Holzverhaue hatten sich auch bei der Burg am „Gesprengberg“ in Bartholomae wie auch bei weiteren Abwehrsystemen dieser Art als unwirksam erwiesen.

Die Befestigung auf der Zinne in der sogenannten „Brasovia-Burg“ war der einzige Zufluchtsort der Siedler aus „Corona“ und dem Kronstädter Tal, die hier den notwendigen Schutz gegen die vernichtende Macht der aus den asiatischen Steppen stammenden Reitervölker erfahren konnten.

Nicht wenige hatten sich damals dadurch retten können, dass sie sich in den dichten Wäldern der naheliegenden Berghänge versteckten. Das Gebiet der „Salomonsfelsen“ wird für die Bewohner der Oberen Vorstadt ein Refugium gewesen sein. Die eine Stunde weit entfernte Schulerau war unserer Auffassung nach von den flüchtenden Talbewohnern nicht erreichbar. Auch hatten die meisten Bewohnern der Täler eine auf Aberglauben und Mythen aufgebaute Furcht vor Wäldern und Gebirgen. Es waren dieses für sie Orte, wo Geister, Hexen, Kobolde u.v.a. ihr Unwesen trieben. Diese Orte wurden mit Ehrfurcht und nicht selten auch aus Angst gemieden.

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts hatte sich die Gefahr der sogenannten „Goldenen Horde“ aus den asiatischen Steppen wesentlich geschwächt. Hingegen bahnte sich nun akute Gefahr aus dem südlich der Donau gelegenen Balkan an. Die Türken eroberten Schlag auf Schlag Gebiete südlich der Donau und unterwarfen die dortige Bevölkerung. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sie in die Gebiete Siebenbürgens einfallen würden. Die Strategie der Sicherung der Grenzen in Siebenbürgen änderte sich schlagartig, indem nun die in der südlichen Kette der Karpaten gelegenen Pässe und Übergänge an Bedeutung gewannen.

König Sigismund von Luxemburg besuchte in den Jahren 1395 (Februar-März) und 1398 (Dezember-Januar) Kronstadt und leitete daselbst die Sicherung der Stadt und der Umgebung gegen die zu erwartenden Türkeneinfälle. Vor allem mahnte er dringlich, den Bau der Stadtmauer von „Corona“ voranzutreiben. Die Absicherung der Stadt nach Süden erfolgte mit großer Wahrscheinlichkeit durch Verschanzungen in der Talenge bei den Salomonsfelsen, nachdem vor Ort klar wurde, dass der Verlauf der damals nur vage festgelegten Grenze zum rumänischen Fürstentum Muntenia nicht in der Nähe der Schulerau verlief und somit von hier nicht unmittelbar Gefahr drohte.

Es wird mit großer Wahrscheinlichkeit in den letzten Dezennien des 14. Jahrhunderts gewesen sein (schriftliche Hinweise mit konkreten Zeitangaben fehlen), dass die um Neustadt/Cristian weidenden Herden mit ihren Hirten von Westen kommend erstmals auch die Bergwiesen der Schulerau erreichten und damit dieses Gebiet, das bis dahin ungenutzt da lag, zur typisch spät-mittelalterlichen Weidenutzung erstmals in Beschlag nahmen.

Genehmigungen oder gar schriftliche Verträge gab es damals noch nicht, weil die Besitztumsverhältnisse nicht geklärt waren.

Der Zugang wird mit großer Wahrscheinlichkeit auf einer der Varianten der heute unter dem Namen „Lexen-Weg“ bekannten Trasse erfolgt sein, welche sich auch damals unter mäßiger Steigung, ohne Serpentinen oder sonstigen Hindernissen, in fast natürlichen Weise aus dem Tal des Weidenbachs bis in die untere „Große Schulerau“ erstreckte.

Aus der Kenntnis der damaligen Verhältnisse in Neustadt lässt sich das „Ausschweifen“ der Neustädter Herden und Hirten in die Schulerau gut erklären. Der Neustädter „Hattert“ war recht bescheiden ausgefallen und für die neben der sächsischen Ortschaft siedelnden rumänischen Hirten blieb wenig Weideplatz für ihre Herden übrig. Aus Sicherheitsgründen war die rumänische Siedlung den bewaldeten Ausläufern der Schulerau zugewandt und mit großer Wahrscheinlichkeit lagen schon damals die Weideplätze an den ins Burzental auslaufenden Berghängen.

Durch die sich ständig bewegenden und nach neuen Futterplätzen suchenden Herden, war man dann irgendwann unerwartet auf den einladenden Bergwiesen der Schulerau angekommen. Jedenfalls betrachteten die Neustädter Hirten seit jeher diese Wiesen der Schulerau als zur Ortschaft „Cristian“ und somit ihnen gehörig. Einige Forscher ordnen die rumänische Bezeichnung des Schuler-Gebirges, „Cristianul Mare“ (bei den Siebenbürger Sachsen nie im Gebrauch), diesem Umstand zu. (Siehe G. Nussbächer: „Das alte Neustadt im Burzenland“, in „Aus Urkunden und Chroniken“, S.80. Kriterion Verlag Bukarest, 1985.)

Ähnliches spielte sich dann einige Jahrzehnte später, zu Beginn des 15. Jahrhunderts, auch in dem engen oberen Kronstädter Tal ab. Hier siedelte vorrangig die rumänische Bevölkerung, die sich seit 1383 (dem Beginn des Baues der großen Kirche in Corona) durch Zuzug und natürliche demografische Entwicklung stark vermehrt hatte.


Teil I