Die Kronstädter Innere Stadt (auf rumänisch oft vage mit „Cetatea Braşovului“ übersetzt) ist das Herzstück der Stadt, der Ort den die Touristen praktisch mit Kronstadt identifizieren. Die Schwarze Kirche, das alte Rathaus mit dem Marktplatz, das Katharinentor, die Purzen- und die Klostergasse, die Promenade am Fuße der Zinne – das sind Symbole der Stadt, die alle sehen wollen. Restaurants, große und kleine Hotels, Gästehäuser, Hostels rechnen mit Gästen, wie auch die Museen oder die zahlreichen Läden in der Purzengasse. Denn ein Tourist will nicht nur die Stadt erkunden und Fotos schießen - er will auch gut essen, sich unterhalten, etwas erleben und eventuell etwas einkaufen.
Es gibt mehrere Kategorien von Touristen, die man als Kronstädter auch leicht erkennen kann. Zum einen sind es die Gruppen. Ihre Reisebusse halten bei den großen Hotels. „Aro“ und „Capitol“ haben inzwischen Konkurrenz erhalten. „Ramada“, „Cubix“, „Kronwell“ sind auch da, aber nicht in der Inneren Stadt. Ist der Bus auf Durchfahrt und hält nur einige Stunden in Kronstadt, so ist die Tiberiu-Brediceanu-Allee entlang der südlichen Stadtmauer der Ort, wo diese Busse auf ihre Fahrgäste warten. Eine zweite Kategorie sind die Rucksacktouristen, fast ausschließlich junge Leute, die individuell oder in kleinen Gruppen die inzwischen zahlreichen Hostels in der Inneren Stadt oder in der Oberen Vorstadt aufsuchen.
Und schließlich sind es jene Touristen die mit ihrem eigenen Wagen anreisen. Diese Gruppe ist für die Gastgewerbeindustrie vielleicht die interessanteste. Von ihr erwartet man, dass sie mehr Geld in der Stadt lässt, vor allem wenn die Touristen hier auch einen mehrtägigen Aufenthalt planen.
Zusätzliche günstige aber auch sichere Parkplätze in der Inneren Stadt bedeuten mehr Kunden, mehr Einnahmen, hoffen die Betreiber der Restaurants, Läden, Pensionen. Sie stellen eine Lobbygruppe dar, die nun in der Stadtverwaltung ihre Interessen berücksichtigt sehen will. Leider ist die Anzahl der gegenwärtig zur Verfügung stehenden Parkplätze, beschränkt und entspricht keinesfalls der Nachfrage. Denn die Anrainer haben ihre eigenen festen Parkplätze, die entsprechend gekennzeichnet sind und für die eine jährliche Gebühr an die Stadt zu zahlen ist. Die Straßen sind eng, am Straßenrand säumen sich tagsüber lückenlos die abgestellten Pkw, deren Fahrer dafür ihre Münzen in den Parkautomaten werfen. Es gibt so gut wie keine andere legale Parkmöglichkeit, denn der Gehsteig sollte den Fußgängern vorbehalten bleiben.
Geplante Tiefgaragen und Parkhäuser
Im Stadtrat hat man unlängst beschlossen, die Parkgebühren im Stadtzentrum zu erhöhen (von 1,5 Lei auf 3 Lei/Stunde). Ausnahme macht das neue Parkhaus (das einzige) beim Militärhospital. Dieses ist sehr selten wirklich voll ausgelastet. Schwer erreichbar, nicht richtig ausgeschildert, zu eng für größere Wagen sind einige der angeführten Gründe für den geringen Reingewinn, die diese Investition der Stadt einbringt. Ein anderer, trotz höherer Tarife (5 Lei/Stunde) doch oft beanspruchter Parkplatz (wegen der zentralen Lage) ist jener am Rossmarkt (Bariţiu-Straße). Das sollte eigentlich eine provisorische Lösung sein – aber das Geschäft läuft gut - schöner Reingewinn bei minimalen Investitionskosten. Wer hätte deshalb Interesse, diese Geldquelle versiegen zu lassen?
Weitere Projekte werden immer wieder, wie Versuchsballons, lanciert, um zu testen, wie sie in der Öffentlichkeit ankommen. Mal spricht man von einer Tiefgarage unter dem Titulescu-Zentralpark, mal von einem Parkhaus an der Postwiese gegenüber dem Aprily-Lajos-Lyzeum, mal könnte eine Tiefgarage unter dem Şaguna-Sportplatz ihren Platz finden. Ja, warum nicht auch unter dem Marktplatz – mit einem Bonus für die Anrainer, die da günstige Abos erhalten würden. Ein weiteres Projekt stellte ELMAS vor: die „Parcarea Hirscher“ (siehe www.parcarehirscher.ro), weil sie in der Apollonia-Hirscher-Gasse 5 in einem alten umzubauenden Wohngebäude untergebracht werden soll. Es handelt sich um ein vierstöckiges, vollautomatisches, modern ausgestattetes Parkhaus mit Lift. ELMAS-Generaldirektor Marton Geza machte Werbung für sein Projekt, mit dem er der Stadt nützlich sein wollte. Vom Bürgermeisteramt erhielt er ein vorläufiges Nein, angeblich weil bei seinem Gesuch ursprünglich nur von Büroräumlichkeiten und nicht von einem Parkhaus die Rede war, was Marton aber leugnet.
Mehr Parkplätze bedeutet mehr Verkehr
Den meisten Expertenmeinungen, wie auch den Stellungnahmen der Kronstädter in der Presse und in den sozialen Netzwerken ist zu entnehmen, dass zusätzliche Parkplätze mitten im historischen Stadtzentrum der falsche Ansatz wäre. Parkmöglichkeiten ermutigen den Autoverkehr, steigern die Umweltverschmutzung, mindern die Lebensqualität. Immer wieder hört man, Tiefgaragen oder Parkhäuser seien technisch machbar und anderswo in Westeuropa gang und gäbe. Sicher, technisch kann vieles zustande gebracht werden, wobei jede Stadt ihre eigene Geschichte und Gegebenheiten vorzuweisen hat. Nur, was für ein Sinn soll das Ganze haben? Gerade Leute, die sich einer Verkehrspassage entlang der Graft vor nicht all zu langer Zeit vehement widersetzten, schweigen oder sind nicht abgeneigt, solche Initiativen in Kauf zu nehmen. Wie hätte sich z.B. Dipl-Architekt Günther Schuller dazu geäußert? Ihm war das „Glaskastenmonstrum“ direkt neben der Forstfakultät (der Rohbau für ein in den 80erJahren geplantes Studentenkulturheim) bereits eine maßlose Bausünde, die er und andere auch erfolgreich verhindern konnten, denn der Betonklotz wurde abgetragen.
Beim Bürgermeisteramt scheint man abzuwarten. Von den genannten Parkhaus-Projekten wird anscheinend jenes auf der Postwiese bevorzugt. Der gesamte Bebauungsplan der Inneren Stadt (PUG) soll überdacht werden. Für Vorschläge sei man offen.
Denn die Innere Stadt kennt in den letzten Jahrzehnten Veränderungen, die vielleicht auch zu einem Umdenken zwingen. Viele Geschäfte mussten schließen, Immobilien stehen leer und verfallen, seriöse Investoren lassen auf sich warten. Shopping macht man in den neuen Einkaufszentren am Stadtrand. Museen klagen über Besucherschwund, Kultureinrichtungen siedeln um (z.B die Philharmonie), Kinos werden geschlossen. Für Neubauten, wie ein Vielzwecksaal, ist in der Inneren Stadt kein Platz. Selbst das Bürgermeisteramt verlegt einige Dienststellen ins „neue Bürgerzentrum“, wie die Bauten rund um den ehemaligen Hidromecanica-Platz zusammenfassend genannt werden, deren Bau übrigens noch zu Ceauşescus Zeiten begonnen wurde.
Beim Bürgermeisteramt spricht man von erweiterten Fußgängerzonen in der Inneren Stadt, von verkehrstechnischen Alternativen, um die Obere Vorstadt aus ihrer gegenwärtigen schwer erreichbaren Lage zu befreien, von weiteren Initiativen im Sinne einer verbesserten Stadtmobilität. Eine zunehmend autofreie Kronstädter Innere Stadt müsste auf geplante Parkhäuser und Tiefgaragen verzichten können, was aber nicht heißt, dass der Tourismus dadurch zu leiden hätte.