Vor Kurzem entdeckte ich per Internet einen Artikel aus dem Jahre 2016 von Wolfgang Wittstock über die Kronstädter Kunst der Zwischenkriegszeit. In diesem Zusammenhang übersende ich Ihnen zwei Aufnahmen von Gemälden aus Familienbesitz.
Das erste zeigt eine junge Frau vor Kronstädter Kulisse. Die Dargestellte ist meine Tante Hortensia Anna Andrae, geb. am 16. Januar 1916 in Pressburg (Pozsony), heute Bratislava. Das Bild entstand wohl 1935. Diese Datierung ergibt Sinn, weil meine Tante hier (noch) einzeln dargestellt ist. Auftraggeber dieses Gemäldes war meine Großmutter Maria Andrae. Sie lebte seit Anfang der zwanziger Jahre mit meinem Großvater Alfred Andrae in Kronstadt. Dieser war nach beruflich bedingten Aufenthalten in Budapest, Raab (Györ) und Pressburg in den Ort seiner Geburt zurückgekehrt. Geschaffen hat das Gemälde gemäß der Signatur die ungarische Malerin P. Nagy aus Kronstadt. Der genaue Vorname ist mir nicht bekannt. In der Familie wurde sie mit dem Kosenamen Pistel angesprochen.
Am 20. Februar 1936 heiratete die Dargestellte in Tartlau (Prejmer) den Kaufmann Edgar Stei-ner und schenkte ihm, 1937, 1938 und 1943, drei Söhne. Das zweite Gemälde stammt ebenfalls von P. Nagy. Es handelte sich gleichfalls um einen Auftrag meiner Großmutter. Auf der Rückseite ist in ungarischer Sprache mit Bleistift vermerkt: „Frau Andrae, 400 Lei.“ Es zeigt die beiden ältesten Söhne Wolfgang und Klaus unter einem Torbogen vor der Graftbastei und entstand wohl um oder kurz nach 1940. Beide leben heute in Bad Rappenau bzw. Erlangen.
Meine Tante wurde im Februar 1945 gemeinsam mit ihrem Mann in ein Zwangsarbeitslager im Donezbecken deportiert, wo letzterer verstarb. Nach ihrer Rückkehr lebte sie in Tartlau und übersiedelte Ende der siebziger Jahre in die Bundesrepublik Deutschland. Dort starb sie in Gundelsheim am Neckar am 13. Februar 2001.