Ausgerechnet nachdem der Doc Ozzy eingeschläfert hat, bittet er Daniels Mutter um ein Date. Und Daniel weiß, was dann kommt. Am nächsten Morgen wird der Tierarzt in Unterhosen in der Küche sitzen und bald als Dauergast zu Tisch, er wird Daniel auffordern, ihn Thomas zu nennen und versuchen, mit ihm über Fußball oder Mädchen zu reden… Und dann, nach ein paar Wochen, wird er ihren Blicken ausweichen, sie immer öfter versetzen, sie betrügen, und sie wird nicht mehr zur Arbeit gehen, heulend am Küchentisch sitzen und über ihn schimpfen und gleichzeitig auf ihr Handy schielen, ob da nicht doch eine Nachricht eingeht. Wie ein Gewitter wird er weiterziehen, „nur dass der Himmel über meiner Mutter dann nicht mehr blau sein wird, sondern tiefschwarz“.
So geht es immer, seit sein Vater weg ist. Und dann packt Daniel die Wut. Wie ein Feuerball breitet sie sich in seinem Kopf aus. Da ist nur noch dieser Lichtblitz, geräuschlos, dieser eine Moment, der auch die Zeit verschluckt und dann geht es los: Sein Körper muss treten, hauen, zerstören. Bis der eigentliche Daniel wieder die Oberhand gewinnt. Und gar nicht weiß, was passiert ist. Daniel starrt auf das Praxisschild. Dr. Thomas König, Tierarzt, steht dort. Dr. Thomas König, Hundemörder, denkt Daniel. Ozzy hatte Krebs gehabt.
Vor dem Haus steht der grüne Sportwagen des Doc. Daniel fühlt den toten Ozzy und dann geht es wieder los. Mit dem Schlüssel zieht er eine feine Linie über den strahlenden Lack. Das Kreischen erfüllt seinen Kopf. „Mein Hund ist tot und ich bin allein und ich kratze einmal um den ganzen Wagen herum und dann nochmal und fühle gar nichts dabei.“ Am nächsten Morgen sitzt der Doc tatsächlich in der Küche. Allerdings angezogen.
Daniel hat einen skurrilen besten Freund. Edgar. Sein bester, sein einziger. „An Edgar ist nichts so, wie es gehört.“ Mit Edgar kann man über jeden Furz quatschen oder auch gar nicht reden. Gemeinsam pflegen sie ein Hobby: Die Feindschaft mit „Princess Evil“. Eines Tages wollen sie sich an der bösen Klassenkameradin rächen, die eigentlich Alina heißt, in einer protzigen Villa wohnt und auf alle von oben herabsieht. Princess Evil, kühl, cool und schön, hat keine Freunde und es scheint ihr mörderischen Spaß zu machen, andere grundlos zu erniedrigen. Eines Tages, wenn Daniel und Edgar genug Informationen gesammelt haben, werden sie einen Plan aushecken. Dann wird Princess Evil mal das Opfer sein.
Doch eines Tages geschieht etwas Furchtbares. Der kleine Bruder von Princess Evil wird überfahren. Der Täter ist flüchtig. Es soll ein Sportwagen gewesen sein. Als Daniel am Scheinwerfer des Wagens vom Doc dann auch noch ein abgesprungenes Stück entdeckt, keimt in ihm ein schrecklicher Verdacht.
Will er glauben, was ihm immer offensichtlicher erscheint, je mehr er nachforscht, sich dabei sogar Alina nähert, und feststellt, dass nicht nur der Doc, sondern auch Princess Evil vielleicht doch ganz anders sind? „In meinem Kopf prüfe ich ganz kurz, wie es wäre, wenn ich den Doc Thomas nennen würde, irgendwann viel-leicht mal.“ Und Alina? Seine wachsende Neugierde lässt ihn sogar vor Edgar Heimlichkeiten haben, mit schlechtem Gewissen zwar. Heimlich trifft er Alina an der Unfallstelle. Dort findet sie etwas, was seinen Verdacht nur umso mehr erhärtet...
Die leise Hoffnung auf so etwas wie Familie scheint jetzt wie eine Seifenblase zu platzen. In den inneren Kampf mengen sich verletzte Gefühle. Warum hatte der Vater ihn und seine Mutter damals verlassen, ohne Wiedersehen, ohne ein Lebenszeichen? An dem Tag, als er fortging, hatte er ihm Ozzy geschenkt. Er wird dich lieben, hat er gesagt, und ihm ein zauseliges schwarzes Fellbündel ins Bett gelegt. Und in dem Moment wusste Daniel, dass auch er Ozzy abgöttisch lieben würde.
Wie wird der Fünfzehnjährige das Gefühlschaos in seinem Kopf diesmal meistern? Wie Edgar begegnen? Wie dem Doc? Wie seiner Mutter, die endlich ihr Glück gefunden zu haben scheint – und jetzt soll alles dahin sein? Nun hängt alles von ihm ab.
Mit „Krummer Hund“ ist Juliane Pickel trotz des ernsten Themas ein kolossales Lesevergnügen gelungen: mitreißend, bildintensiv, manchmal auch tiefsinnig, vor allem aber herzerfrischend witzig!
Die monatliche ADZ-Reihe „Wertvolle Jugendbücher“ möchte Kinder und Jugendliche zum Lesen in deutscher Sprache anregen.