Eigentlich ist Charlotte eher schüchtern. Ob so ein Überlebenscamp für Mädchen da das Richtige ist? Die Alternative: Ferien auf dem Dorf bei Oma, wo ganz sicher nichts passiert, und die Gemeindebibliothek rauf und runter lesen...
Was sich schlimmer anlässt als befürchtet – sieben fremde Mädchen in einem maroden Kleinbus und eine altbacken wirkende Betreuerin mit Klimperketten und langen Fingernägeln, geschenkte Taschenlampen ohne Batterien und muffige knallgelbe Decken mit dem lächerlichen Motiv des Ferienlagers, dem Eichhörnchen „Pfiffi“ - wird für die ungleichen Teilnehmerinnen un-versehens zur Reifeprüfung fürs Leben.
Erstmal geht einiges schief… Und dann? Freiheit – grenzenlose Freiheit! Auf sich gestellt im Wald, jedes Mädchen mit einem Hund zur Seite, müssen sich die Heldinnen plötzlich vor der Außenwelt verstecken. Aber auch sich selbst versorgen, alles selbst organisieren, Fieber und Wunden behandeln, Streit schlichten, Nachtwache halten und zusammenhalten, dies alles in einem alten Stollen, fernab der Zivilisation, wobei sie zunächst gar nicht mitbekommen, was draußen alles passiert und vor allem über sie geschrieben wird… über die mysteriöse „Mädchenmeute“ mit den Hunden.
Charlotte lernt von Anouschka, wie man Pilze und Heilkräuter sammelt oder wie man „containern“ geht – so nennt man das Beschaffen abgelaufener Lebensmittel aus dem Supermarkt. Von Freigunda, dem bizarren „Mittelalter-Mädchen“ – sicher wird sie in der Schule stark gemobbt, denkt Charlotte – erfahren die Gefährtinnen, wie man sich vor Hunden Respekt verschafft oder im Wald eine Leiter bastelt. Die unabhängige, rebellische Bea wird ihre Anführerin, von Charlotte glühend bewundert. Gemeinsam kümmern sich alle um die „kleine Antonia“, die jüngste im Bunde, oder rätseln, was die verwöhnte Yvette in dem Abenteuercamp wohl gesucht hätte, bis diese ganz überraschend ein kolossales Geheimnis lüftet.
Von ihrer Berühmtheit - und dass sie gar nicht so allein waren, wie sie anfangs dachten - erfahren die Mädchen erst spät. Dazwischen: ein mutmaßlicher Mord oder zumindest unterlassene Hilfeleistung, ein gestohlenes – oder besser gesagt, geborgtes Auto, der tragische Verlust von drei Hunden, mysteriöse Brötchen- und Futterspenden und schließlich eine eingestürzte Mauer mit einem Skelett dahinter, umgeben von Nussknackern und Engeln… Dazwischen: immer wieder die betörende Einsamkeit des Waldes, die die Mädchen mehr und mehr in den Bann zieht, anzieht, hi-neinzieht, dies mit ungeahnter Kraft. Kein bisschen Langeweile kommt auf so ganz ohne Handy, ohne Technik, ohne Außenkontakt.
„Mädchenmeute“ ist ein hinreißend witziger Roman über eine moderne „schamanische“ Prüfung und Transformation, ein An-die-Grenzen-Stoßen, aus der nicht nur Hauptheldin Charlotte als neuer Mensch mit gestärktem Selbstbewusstsein und einer bis dato nie gekannten inneren Sicherheit hervorgeht. Ein Erlebnis fürs Leben – auch wenn man es nur lesend miterlebt.