Der Spielraum des Internationalen Opern-Festivals, von der Hermannstädter Staatsphilharmonie vom 10. bis 28.September veranstaltet, versteht sich nicht elitär, trotz der Tatsache, dass innerhalb von knapp drei Wochen namhafte Opernensembles und Berufschöre aus Rumänien reihum Gastspiele nach Hermannstadt/Sibiu bringen. In puncto szenischem Gesang, aber nicht nur, fehlt es im Programmheft des Festivals nicht an klangvollen rumänischen und internationalen Namen. Wer sich den Besuch eines stundenlangen Opernabends nicht zumutet, kann auch in die kürzeren Veranstaltungen reinhören und große Musik in kleinen Portionen genießen.
Das Ensemble „Flauto dolce“ aus Klausenburg/Cluj spielte am 14. September in der evangelischen Johanniskirche ein einstündiges Konzert mit Musik aus dem rumänisch-geografischen Raum des 17. bis 19. Jahrhunderts, zuallererst als Unterhaltung des Publikums konzipiert. Zoltán Majo, Blockflöte und künstlerischer Leiter des Quartetts, moderierte frei-heraus durch ein Sammelsurium unterschiedlichster Musikstücke aus der Geschichte fast aller in Siebenbürgen existierenden ethnischen Minderheiten. Sogar in der Stadt Gherla hatte er geforscht und nach den traditionellen Melodien der vormals dort lebenden armenischen Volksgruppe gestöbert. Zoltán Majo war der Wortführer und ehrgeizige Regisseur des Konzerts schlechthin. Zum Publikum suchte er als Sprecher einen ungezwungenen Kontakt, die Mitstreitenden Maria Szabo (Blockflöte), Erich Türk (Cembalo) und die Sängerin Mihaela Maxim animierte er durch seine ständige körperliche Präsenz im Chorraum der Johanniskirche, die er zu einer regelrechten Theaterbühne umgestaltete.
Wer an diesem Abend ein klassisches, braves Barockmusik-Konzert erwartet hatte, dessen Hörgewohnheiten wurden auf den Kopf gestellt. Gemacht werden könnte der Vorwurf, in einem derartigen Stückwerk-Programm sei vielleicht noch ein dünner roter Faden vom ersten bis zum letzten Ton zu finden, nicht mehr aber die komplette DNA-Kette, das „reine“ Erbgut einer jeden Arie oder Instrumentalwerks, gezielt werde auf ein Übermaß an Unterhaltung. Mit so einer Bemerkung hätte ein Zuhörender, der sich als Verteidiger der Musik in ihrer Ursprünglichkeit wähnt, die Aufführenden konfrontieren können, was in diesem Fall jedoch die falschen Personen träfe.
Zu gut ist Erich Türk als Gründungsmitglied des noblen „Baroque Ensemble Transylvania“ und als Organist bekannt, der sehr wohl weiß, wie ein Konzertprogramm zu gestalten ist, in welchem der (barocken) Musik kein unzeitgemäßer Stempel aufgesetzt werden soll. Der Ausflug in Richtung U-Musik, und sei es mit Werken des 17. und 18. Jahrhunderts, sei ihm und dem Ensemble „Flauto dolce“ gegönnt! Schließlich gibt es auf dem Planeten noch Typen wie David Garrett oder gar Nigel Kennedy, die nichts anderes probieren, als Ernst und Unterhaltung miteinander zu verschmelzen.
Zuhörer, welche dazu neigen, dem Ernst den Vorzug zu geben, werden bestimmt am 25. September um 19 Uhr abends in der Hermannstädter römisch-katholischen Stadtpfarrkirche entschädigt, wenn sich das wackere Orchester der Hermannstädter Staatsphilharmonie, der Chor der Klausenburger „Transilvania“-Philharmonie, Dirgent Stephen Smith und Mezzosopranistin Annina Haug (beide Schweiz) zu Musik von Georg Friedrich Händel ein Stelldichein geben.