Schon das Cover ist genauso unkonventionell wie das ganze Buch: sechs Briefmarkensets, Postkarten und Umschläge zieren den Band vor dem Hintergrund der imposanten Kirchenburg von Mediasch/Mediaş. Auf 214 bunten Seiten im Hochglanzdruck bieten Liviu Pintigan-Juga und Lucian Romeo Stoia eine Sammlung von Briefmarken und postalischen Belegen, die sicher nicht nur Briefmarkenfreunde entzücken wird, sondern auch Historiker und Volkskundler. Das Besondere: all diese historischen philatelistischen Schätze zeigen Motive aus oder im Zusammenhang mit Mediasch: Personen, Stadtansichten, Graphiken bis hin zur ersten 1931 in der Stadt verwendeten Frankiermaschine. Diese war eine der ersten, die in Rumänien überhaupt zum Einsatz kam.
Die Feier im Jahre 2017 zum 750. Jahrestag der ersten urkundlichen Erwähnung der Stadt Mediasch 1267 war für die Mediascher Philatelisten ein Anlass, zu diesem großen Jubiläum mit einigen Aktionen beizutragen. Die Philatelie besitzt in Mediasch durchaus Tradition, auch wenn davon in der Öffentlichkeit nur wenig zu bemerken ist. Mit dem vorliegenden Band stellen die Autoren das Wirken der Mediascher Philatelisten vor und dokumentieren gleichzeitig die große Bandbreite der von ihnen im Laufe der Jahre gesammelten und dokumentierten Belege.
Seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gibt es Briefmarkensammler und Philatelisten in Mediasch, wie in der hilfreichen Einleitung des durchgehend zweisprachigen Bandes zu lesen ist (S. 9-22). Anfänglich bestand deren Wirken vor allem im Briefmarkentausch unter den Sammlern. Es kam zur Gründung einer Ortsgruppe des „Hermannstädter Philatelisten-Vereins“. Deren Mitglieder organisierten die erste Briefmarkenausstellung vom 27. bis 29. Mai 1939 im ehemaligen Saal der Firma Westen in der Baderau. Anlässlich dieser Schau wurden ein Katalog, eine halb bebilderte Postkarte, eine Vignette und ein philatelistisches Gedenkblatt herausgegeben. Dazu gab es einen Sonderstempel. Diese Ausstellung war die zweite nach jener in Hermannstadt von 1938. Die Einleitung schildert auch die weiteren Ausstellungen, die in Mediasch stattfanden.
1958 wurde der Mediascher Philatelie-Kreis dem Verein der „Philatelisten der Rumänischen Volksrepublik“ eingegliedert und zählte dann zum Regionalverband Kronstadt/Braşov. Die Zahl der Mitglieder erhöhte sich. 1980 und 1981 kam es sogar zur Gründung von Untergruppen nach Themenbereichen wie Raumfahrt und Hermann Oberth („Cosmofilia Hermann Oberth“), der Förderung von Erdöl und Erdgas („Sondorul“ – „der Bohrer“) und Gesundheit („Sănătatea“). In der Folgezeit haben die Gruppen „Sănătatea“ und „Sondorul“ mehrere Ausstellungen, etwa zum „Weltgesundheitstag“ und dem „Tag des Erdölarbeiters“, organisiert.
Doch es kam auch zu Problemen. Eine für 1984 zum 90. Geburtstag von Hermann Oberth geplante Ausstellung „Cosmofilia“ wurde verboten, vorbereitetes Material beschlagnahmt, weil das kommunistische Regime die Ausstellung nicht bewilligte. Nach der Wende von 1989 waren dann wieder philatelistische Aktivitäten ohne staatliche Aufsicht und Genehmigung möglich. Die Einleitung dokumentiert die Entwicklung bis zur Gegenwart und dem Jubiläumsjahr der Stadt 2017.
Ganz abgesehen von dieser instruktiven Einleitung zur Entwicklung der Philatelie-Kreise und Ausstellungen in Mediasch erzählen auch die anschließenden Dokumente Geschichte und Geschichten. Und das auf eine genauso spannende wie unterhaltsame Weise. Alle im Druck exzellent wiedergegebenen Stücke sind mit Kurzbeschreibungen leserfreundlich und hintergründig zugleich erläutert. Dieser Hauptabschnitt ist gut und sinnvoll in fünf Kapitel gegliedert.
Die ersten 26 Belege sind Objekte über Mediasch und Mediascher Persönlichkeiten, von „Rompresfilatelia“ herausgegeben (S. 23-60). Schon hier sind wahre Kostbarkeiten zu sehen, Menschen, Epochen und der historische Kontext in Briefmarkenform. So etwa Marken mit dem Stadtwappen von 1979, mit Hermann Oberth und einer Zeichnung der Dreistufenrakete von 1982, aber auch Exemplare mit Vignetten, die etwa dem Pfarrer, Lehrer, Schriftsteller und Politiker Stefan Ludwig Roth gewidmet sind. Dieser Marke der Rumänischen Post aus der Serie „Deutsche Persönlichkeiten aus Rumänien“ aus dem Jahr 2007 ist als Vignette das Titelblatt von Roths wichtiger Schrift „Der Sprachkampf“ von 1942 beigefügt.
Auch Stadtansichten und Gebäude sind hier auf Briefmarken und Postkarten zu bewundern, etwa das Schuller-Haus, der Kirchturm der Stadtpfarrkirche und das Waffenschmiedehaus aus dem 16. Jahrhundert. Es steigert die Aussagekraft des Bandes, dass zu solchen Stadtansichten und Gebäuden – auch Fabriken wie „Vitrometan“ – aktuelle Fotos zum Vergleich beigegeben sind oder auch die historische Stadtansicht von 1666 großformatig neben der Postkarte abgedruckt ist (S. 39).