Am vergangenen Mittwochabend war die Domkirche zum Heiligen Georg voll. Musikliebhaber aller Altersgruppen kamen zusammen, um dem Orgelkonzert von Johannes Berger beizuwohnen. Das ursprünglich für 19.30 Uhr vorgesehene Ereignis fing jedoch kurz vor 20 Uhr an. Der vor dem Altar aufgestellte Spieltisch der Wegenstein-Orgel funktionierte nicht wie gewünscht, sodass die Veranstalter kurzerhand beschlossen, Johannes Berger an der Konsole oben auf der Empore spielen zu lassen. Das Problem war schnell gelöst, denn das Publikum konnte den Musiker auf einem Bildschirm rechts vorne in der Kathedrale verfolgen.
Johannes Bergers Auftritt eröffnete das internationale Festival „Die Orgeln der Festung“ (Orgile Cetății) in Temeswar/Timișoara. Das durch die Bemühungen des Kulturvereins „Timorgelfest“ organisierte Festival erlebt heuer seine zweite Auflage und umfasst insgesamt 16 Orgelkonzerte – 14 davon in verschiedenen Kirchen Temeswars, darunter in vielen römisch-katholischen Gotteshäusern, und zwei im Orpheum-Saal der Musikfakultät bzw. in der Aula Magna der West-Universität Temeswar. Das Festival mit freiem Eintritt endet am 6. September.
„Ich habe mich sehr gefreut, erstmals in Rumänien überhaupt zu spielen. Ich habe viele schöne Dinge über Temeswar gehört und über die Orgel hier im Dom, die wunderbar ist. Es gab ein paar technische Herausforderungen, was die Orgelanlage angeht, aber letztendlich hat doch alles ganz gut geklappt“, sagte Johannes Berger in einem Interview für Radio Temeswar.
Der Organist und Cembalist Johannes Berger ist gebürtig aus Rosenheim in Deutschland. Schon seit der Kindheit faszinierten ihn die Tasteninstrumente. Später studierte er in München Orgel, Cembalo und geistliche Musik, dann in Amsterdam und in Salzburg. Johannes Berger ist Preisträger nationaler und internationaler Wettbewerbe. Seit 2009 ist er Hauptorganist und Kustos an der Heldenorgel, der größten Freiluftorgel der Welt, in Kufstein, Österreich. Er arbeitete mit berühmten Orchestern zusammen, darunter mit den Münchner Philharmonikern oder dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks.
In Temeswar bot Johannes Berger, der zugleich künstlerischer Leiter und Cembalist des Barockensembles „Concerto“ in München ist, eine bunte Mischung an Werken an. Beginnend mit Wolfgang Amadeus Mozarts „Fantasie in f moll“, gefolgt von Flötenuhrstücken von Beethoven bis hin zu zeitgenössischen Werken, wie etwa Naji Hakims „Arabesque“ – all das konnte das Publikum beim ersten Orgelkonzert der Konzertreihe „Die Orgeln der Festung“ erleben. In diesem Jahr werden 150 Jahre seit der Geburt des Komponisten Max Reger gefeiert – ein gerade für Organisten bedeutender Komponist. Deswegen hatte Johannes Berger Variationen und Fuge zu „God Save the King“ von Max Reger (1873 – 1916) für das Programm im Temeswarer Dom, an der Wegenstein-Orgel mit der Produktnummer 100, der größten Orgel in Westrumänien, ausgewählt.
Cristina Struța ist die künstlerische Leiterin des Festivals „Die Orgeln der Festung“. Das Festival wird vom Temescher Kreisrat, der West-Universität Temeswar und dem Kulturministerium durch das nationale Programm „Temeswar – Europäische Kulturhauptstadt 2023“ gefördert. „Die Orgel ist das Hauptinstrument bei allen Konzerten, aber ich habe mir gewünscht, auch andere Künstler mitauftreten zu lassen – es gibt Rezitale für Orgel und Violine, für Orgel und Duduk, es gibt Orgelmusik und Sand Art, Orgel und Gitarre, und vieles mehr“, sagte Cristina Struța dem Medienpartner „West City Radio“ gegenüber.
Im vorigen Jahr stellte der Verein den Band „Orgile Cetății“ im Temeswarer Kunstmuseum vor. Darin können Interessierte die Geschichten aller 16 Orgeln klassischer Faktur in Temeswar nachlesen – das Buch ist mit Fotos von Dana Moica bebildert, die auch das laufende Festival fotografisch dokumentiert. In diesem Sommer können die Teilnehmer an dem Festival alle 16 Orgeln Temeswars live erleben – im Rahmen der Konzerte, die verschiedene Organisten von nah und fern darbieten werden. Das nächste Ereignis ist für morgen vorgesehen – um 19 Uhr werden in der römisch-katholischen Kirche im Temeswarer Stadtteil Mehala der Organist Felician Roșca und der Tenor Daniel Zah auftreten. Auf der Facebook-Seite „Orgile Cetății“ können Details über alle Ereignisse im Rahmen des Festivals nachgelesen werden.