Die Sonderausstellung „Biblia Sacra“ umfasst 40 der 105 Lithografien nach den zwischen 1963 und 1965 entstandenen 105 Illustrationen zur Bibel von Salvador Dalí. Den Auftrag, die Bibel zu illustrieren, erhielt der Künstler von seinem Freund und Mäzen Dr. Giuseppe Albaretto. Als römisch-katholischer Gläubiger hat Dr. Albaretto versucht, dem exzentrischen Surrealisten den heiligen Text der Bibel näher zu bringen und ihn durch die besondere Aufgabe zur Bibelrecherche zu zwingen sowie für die christliche Geistlichkeit zu sensibilisieren.
Was sich daraus ergab, ist eine bewundernswerte Werkreihe und für den durchschlagenden Erfolg der Ausstellung in der evangelischen Kirche zeugen sowohl deren feierliche Eröffnung anlässlich des am 3. November 2019 begangenen Reformationstages als auch die anschließende Anfrage nach deren Besichtigung.
Bei der Vernissage hielt Bischofsvikar Daniel Zikeli eine erläuternde Rede zur Ausstellung. Dabei richtete er an den deutschen Kunstsammler Thomas Emmerling, der nicht anwesend war, ein Dankwort, dafür dass er die schon seit Jahren fortdauernde Tradition mit einer neuen Ausstellung in der Kirche in Zusammenarbeit mit der Merkur Galerie fortsetzt.
Thomas Emmerling wurde in Nürnberg in einer Familie siebenbürgischer Herkunft geboren und ist vor 10 Jahren nach Rumänien gereist. Der Kunstsammler hat das Kulturprojekt „Wandermuseum der Kunst“ ins Leben gerufen, welches eine dynamische Tätigkeit aufweist. Dieses Museum ist quer durch Europa gewandert und hat vorübergehend in Deutschland Österreich, den Niederlanden, Ungarn, Bulgarien und Rumänien angehalten. Die prachtvolle Sammlung des Museums umfasst Druckgrafiken in beschränkter Auflage nach Werken von Martin Schongauer, Matthias Grünewald, Albrecht Dürer, Rembrandt van Rijn, Vincent van Gogh, Pierre-Auguste Renoir, Henri Matisse, Henri Toulouse-Lautrec, Pablo Picasso, Jean Cocteau, Otto Dix, Lovis Corinth, Oskar Kokoschka, Grete Csaki-Copony und nicht zuletzt 40 Druckgrafiken von Salvador Dalí.
Gedruckt wurden die Lithografien mithilfe einer Mischtechnik, welche die originalgetreue Übertragung der ursprünglichen Aquarelle in einer begrenzten Auflage von nur 1800 Exemplaren ermöglichte.
Dalí stellte einige der wichtigsten Ereignisse aus dem Alten und Neuen Testament als visuelle Begleitung zum Text aus Anlass der Veröffentlichung einer fünfbändigen illustrierten Ausgabe der Bibel dar, die 1967 beim Rizzoli Verlag in Mailand unter der Obhut des Förderers, Dr. Giuseppe Albaretto, mit dem Titel „Biblia Sacra“, erschien.
Der berühmte Surrealist, dessen Werk zur Zeit der Entstehung der einzigartigen Grafikserie klassische und Renaissanceeinflüsse aufwies, interessierte sich auch für die Wissenschaft. Die Kerntheorie der Quantenmechanik fungierte für ihn als Werkzeug, das ihm ein besseres Verständnis des menschlichen Bewusstseins sowie die Deutung und Uminterpretation der heiligen Sujets seines Schaffens ermöglichte.
Somit versetzt Dalí mit seinen wilden Pinselstrichen die Gestalten der Bibel in eine unerwartete Dynamik und Erregung. Der Expressionismus charakterisiert dabei nicht nur die Bewegungen der biblischen Figuren sondern bestimmt auch die grellen, aufwühlenden Farbtöne, die zahlreiche Wunder des christlichen Glaubens schildern. Hinter Elementen wie die als Explosion dargestellte Metamorphose des Brotes und Weins während des heiligen Abendmahls, die Schaffung des Menschen, die den Betrachter mit roter Farbe fast bespritzt, bis hin zur spiralförmig um den legendären Apfelbaum gewundenen Schlange, stecken wissenschaftliche Motive der Kerntheorie und der DNA-Genetik, die darauf warten, von Kunstfreunden entdeckt und bewundert zu werden.
Die farbenfrohe Ausstellung „Biblia Sacra“ kann bis Ende März 2020 in der evangelischen Kirche Bukarest (Str. Luterană Nr. 2) sonntags nach dem Gottesdienst (Beginn 10 Uhr) sowie dienstags und freitags von 14 bis 18 Uhr und samstags von 12 bis 18 Uhr besucht werden. Besuche für Touristengruppen oder außerhalb des Programms können bei Tel: 0731.312.403 geplant werden.