Bedauerlicherweise werden nicht viele rumänischsprachige Romane ins Deutsche übersetzt. Doch falls es vorkommt, sind sie meist einen Blick wert. So kam dieses Jahr „Das rote Hemd“ im Dittrich Verlag heraus. Geschrieben wurde es vom Autor Dan Ivan, der in Österreich lebt. Der Originaltext wurde 2024 auf Rumänisch veröffentlicht und wurde nun von Peter Groth übersetzt. Leider verliert sich der Roman jedoch in seinen zahlreichen Geschichten, die zwar interessant sind, dabei aber von den Charakteren und den Dialogen schwer zusammengehalten werden.
Doch worum geht es? Der Verlag beschreibt es so: „Ein Italiener mit Visionen und einer manisch-depressiven Erkrankung in einem rumänischen Gefängnis, zwei verschwundene Statuen des berühmten Bildhauers Br²ncu{i, eine wohlhabende Familie im Strudel der Geschichte Italiens und Rumäniens, und ganz viel Kunst“ und trifft damit durchaus den Nagel auf den Kopf. Es werden Geschichten von fünf Generationen der italienischen Familie Martinelli, die zum Teil nach Rumänien migriert, wieder zurückkehrt und so weiter, erzählt.
Doch da fangen auch die Probleme des Romans an. Er möchte geradezu einen Familienepos abbilden, nimmt sich dafür aber nicht genug Raum. Der ganze Roman ist nur 160, relativ großgeschriebene, Seiten lang. Dadurch ist er schwerlich ein Roman, eine Gattung, die sich unter anderem durch ihre Länge auszeichnet, sondern fast eher eine Novelle oder Erzählung.
Natürlich sind solche Begrifflichkeiten eher unwichtig, aber die Kürze führt dazu, dass die meisten Charaktere nicht genug Raum bekommen und wie Abziehbilder wirken. Ihre Geschichten werden wie Chroniken, anhand der wichtigsten Ereignisse, erzählt. Dadurch kann man sich in die Figuren kaum einfühlen und sie werden einem egal.
Es hilft auch nicht, dass der Roman oft sehr gestelzte Dialoge hat. Ein Beispiel: „Du machst mich sprachlos, Junge, kann ich denn gar nichts tun, um dich zur Umkehr zu bewegen?“ – „Nein, Onkel, ich kann unmöglich länger bleiben. Ich wollte in die Neue Welt, nach Amerika. Zu Hunderten verlassen sie gerade Kampanien und Kalabrien, doch sie werden von der Armut getrieben. Ich nehme jetzt einen anderen Weg. (...)“. Liest man dies laut vor, wird schnell klar, dass so niemand spricht; Vielleicht in alten Theaterstücken, oder in Filmen, wo die Exposition in Dialogen überbracht werden soll. Es ist natürlich unfair, eine Stelle auszusuchen und auszustellen, die natürlich nicht das ganze Werk repräsentiert. Jedoch wirken leider viele Dialoge im Roman unnatürlich.
Gerade dadurch und durch die Kürze des Textes fällt es enorm schwer, in die Welt des Romans einzutauchen. Der sonst durchaus interessante Thematiken aufwirft und Geschichten über Flucht, dem Streben nach Erfolg und Macht, Rumänien und Italien und natürlich die Liebe erzählt. Man gleitet beim Lesen über die Zeilen, ohne wirklich hineingezogen zu werden.





