Ein Roman für das Guinnessbuch der Rekorde

53 rumänische Autoren zauberten den Prosatext in fünf Stunden

„Moş Crăciun & Co.“ (Der Weihnachtsmann & Co.): ein Spiel, ein Experiment? Was auch immer der 288-Seiten-Roman ist, eines ist sicher: So etwas gab es nie zuvor. Horaţiu Gabriel Decuble, Leiter des Germanistik-Lehrstuhls an der Fremdsprachenfakultät der Universität Bukarest, zugleich Vorsitzender des Kulturvereins „Aedificatio“, hatte die Absicht, einen einzigartigen Weltrekord aufzustellen, und zwar im Bereich der Literatur: Über 50 Schriftsteller wurden letzten Monat an einem Samstagvormittag im Gebäude der Mathematikfakultät versammelt, um möglichst schnell einen Roman fertigzustellen.

Der Kulturzeitschrift „Dilema Veche“ erklärte Gabriel Decuble, wie er auf diese Idee gekommen ist: An der Freien Universität Berlin schrieb Daniel Kehlmann zusammen mit zwölf Studenten im Rahmen eines Creative-Writing-Kurses einen Roman in der Zeitspanne von drei Tagen. Mit Hilfe von ein paar mathematischen Berechnungen und dem Einsatz von Multiperspektivismus kann man absolute Rekorde erreichen, war die Schlussfolgerung des rumänischen ambitionierten Professors und Schriftstellers.

Die ganze Veranstaltung wurde sehr präzise geplant. Um den Roman zu verwirklichen, waren die Erzähler unerlässlich: Gabriel Decuble, die Dichter Florin Iaru und Răzvan Ţupa und der Literaturkritiker Marius Chivu haben die Leitlinien festgelegt und dienten als Koordinatoren. Blitzschnell wurde entschieden, dass die vier Geschichten, die ineinanderfließen, sich in Bukarest (eine Stadt, die jedem Teilnehmer bekannt ist), im Laufe eines einzigen Tages abspielen sollten.

Danach wurde die Erzählung in Episoden eingeteilt – jeder Erzähler hatte sein Schriftstellerteam. Das heißt, dass jeder Schriftsteller einen ziemlich kleinen, ungefähr dreiseitigen Beitrag in einer Zeitspanne von vier Stunden zu schreiben hatte. Zu den anderen 49 Schriftstellern (abgesehen von den Erzählern), die sich beteiligt haben, zählen Leonard Ancuţa, Diana Bădică, Lavinia Bălulescu, Lavinia Branişte, Anca Bucur, Laurenţiu Constantin, Bogdan Coşa, Andrei Crăciun, Augustin Cupşa, Silviu Dancu, Adrian Diniş, Luca Dinulescu, Cosmin Dragomir, Gruia Dragomir, Florin Dumitrescu, M. Duţescu, Mihail Gălăţanu, Adrian Georgescu, Silviu Gherman, Silvia Grădinaru, Adela Greceanu, Mugur Grosu, Ioan Groşan, Marieva Ionescu, Cristina Ispas, Cosmin Manolache, Maria Manolescu, Eusebiu Matei, Marin Mălaicu-Hondrari, Mitoş Micleuşanu, Iulia Militaru, Dmitri Miticov, Oana-Cătălina Ninu, Radu Niţescu, Veronica Plăintescu, Dan Pleşa, Matei Pleşu, Mihai Radu, Ana Maria Sandu, Elena Stancu, Bogdan-Alexandru Stănescu, Alexandru Al. Şahighian, Livia Ştefan, Cecilia Ştefănescu, Simona Tache, Iulian Tănase, Alex Tocilescu, Luiza Vasiliu und Anca Vieru.

Das Ergebnis: In fünf Stunden wurde der Roman fertiggeschrieben, und vier Stunden danach ist auch das erste Exemplar des im Art-Verlag erschienenen Buches gedruckt worden. Der Roman wurde Ende Dezember in der Bukarester Buchhandlung „Bastilia” präsentiert. Über die Vorbereitung dieser beispiellosen Veranstaltung erklärte Gabriel Decuble, dass sie knapp zwei Wochen dauerte. Nach drei Vorstellungsgesprächen und vier Arbeitssitzungen mit den Mitveranstaltern konnte die Premiere stattfinden. Zu den Organisatoren zählen unter anderem die Universität Bukarest und der Art-Verlag.

Abgesehen von der Teamfähigkeit der Teilnehmer wurde in erster Linie bewiesen, dass „Rumänen sich solidarisch an einem gemeinsamen, groß angelegten Projekt beteiligen können, Schriftsteller ihre Egos weglassen und sich selbst überwinden können. Eine Gelegenheit zur Selbstreflexion wurde auch der Literatur geboten“, so Gabriel Decuble.

Dank der Schnelligkeit des ganzen Schreibprozesses hat Guinness Book of Records das Projekt für auswahlberechtigt erklärt. Vorher war es aber notwendig, eine spezielle Abteilung entstehen zu lassen: „Die Eintragung ins Guinnessbuch setzt die Beachtung eines bestimmten Verfahrens voraus – auch das mussten wir sehr genau befolgen – und Guinness zeigte sich am Event interessiert, obwohl keine Kategorie dafür vorgesehen war.

Man musste extra eine für unsere Veranstaltung einführen. Aber die Bestätigung des Rekords dauert noch eine Weile: Das ganze, sehr umfangreiche Dossier muss noch gründlich überprüft werden“, erklärte Gabriel Decuble der ADZ.