Den Auftakt zum Heimattag am Pfingstwochenende bildete die multimediale Ausstellung „Mapping Sibiu“ der Münchner Künsterlinnengruppe „connect48/11“ im Haus der Geschichte von Dinkelsbühl. „Mapping Sibiu“? - In der Tat, der Titel löst Unmut aus, wie sich Herta Daniel, Bundesvorsitzende des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, ihren Landsleuten zuliebe bemüßigt fühlt, zu erklären. Die Stadt heißt - auch heute noch - auf Deutsch Hermannstadt! Dies schmälert jedoch nicht die künstlerische Leistung, beeilt sie sich hinzuzufügen. „Mapping Sibiu“ ist das fünfte City-Mapping-Projekt der sechs Künstlerinnen, Rosa Quint, Britta Baßler, Johanna Eder, Martina Fiedler, Sasubrina Reinmund und Franziska Gast, nach Krakau,Thessaloniki, Florenz und Paris. Ihre Vernissage hatte die Ausstellung bereits am 23. November 2017 in Hermannstadt.
Die Idee, das Projekt auch nach Dinkelsbühl zu holen, stammt vom Bundeskulturreferenten des Verbands, Hans Werner Schuster. Was Hermannstadt und Dinkelsbühl, aber auch die bisherigen Städte des City-Mapping-Projekts verbindet, sind mittelalterliche Merkmale, wie wir sie auch in anderen Städten deutschen Ursprungs in Rumänien wiederfinden, aber auch Europa, wofür wir uns heute mehr denn je einsetzten müssen, motiviert Museumsdirektorin Metgzer ihre sofortige Begeisterung.
Die Künstlerinnen, die jeweils unterschiedliche Ansätze verfolgten, verbrachten 2016 fünf Tage in Hermannstadt auf den Spuren der deutschen Minderheit, aber auch der Rumänen, Ungarn und Roma. Dort stellten sie sich der Herausforderung, sowohl den ersten Eindruck eines Fremden einzufangen, als auch, sich mit Traditionen und Klischees auseinanderzusetzen.
Ein erster Eindruck sei das extrem geschlossene Stadtbild gewesen, bemerkt Rosa Quint. „Es gibt keine Zwischenräume, nur große Tore, man muss immer hineingehen.“ „Wahrscheinlich lag dies an der Wehrhaftigkeit, der geschlossenen Stadtmauer“, fügt sie an. Ihre Bilderserie auf Leinwand reflektiert Häuserzeilen, nahtlos mit dem nächsten Mauerwerk verbunden, und aneinandergereihte farbige Fassaden, „die das Auge verlocken, aber keine Einblicke gewähren“. Eine großformatige Malerei mit dem Namen „45°N/24°O“ ist inspiriert von den Plänen der Stadt, dem Netz der Straßen, den Strukturen der Plätze. Und der seltsame Titel? „Es sind die Koordinaten von Hermannstadt“, verrät Quint und erklärt auch gleich den Namen der Gruppe: „connect 48/11“ bezieht sich auf die Verbindung zwischen ihrer Heimatstadt München, Breitengrad 48/Längengrad 11, mit den anderen Städten des Projekts.
Auch Martina Fiedler inspirierte sich an der Architektur: Ihre Siebdrucke, realisiert mit zwei mitgebrachten Dachziegeln, zeigen rote Dächer mit Augen, die einen ständig zu beobachten scheinen, und rundbogige Hoftore, hinter denen sich lebendige Hinterhöfe verstecken. Das Leben auf Plätzen und in Gäßchen faszinierte Britta Baßler: „Begegnungen“ heißt ihre Installation mit Linoldruck und Collage - gezeichnete Menschen in Bewegung, wie Statisten vor der schwarzweißen Fotokulisse der Stadt montiert. Mit Übergängen zwischen Alt und Neu und dem kulturellen und sozialen Spannungsgefüge befasste sich Franziska Gast. Auf ihren Lichtinstallationen überlagern sich Bilder der modernen, fortschrittlichen Stadt mit Pferdewägen, lebendigen Alltagsszenen, traditionellen und historischen Elementen. Sasubrina Reinmund begab sich auf die Suche nach Klängen, Tönen und Geräuschen. Fündig wurde sie in der Musik der Roma: schneller Rhythmus, Fingerschnipsen, klatschen, sich auf die Schenkel schlagen, tanzen in Gruppen auf der Straße. In schnellen Tuscheskizzen zeichnete sie das Klangbild der Roma-Musik der Stadt. Johanna Eder spürte dem rumänischen Aberglauben nach: Strigoi – Untote zwischen Diesseits und Jenseits, die sich nachts mit Küchengeräten bekämpfen, so die Legende. Ihre Installation zeigt an transparenten Fäden hängende Objekte – Teekanne, Kaffeemühle, Apfelspaltenschneider, Fleischklopfer, Kochlöffel und Nudelwalker, die wie von Geisterhand durch die Luft „fliegen“.
Wie die Wahl überhaupt auf Hermannstadt fiel, erklären Rosa Quint und Johanna Eder. „In letzter Zeit haben wir uns besonders für Orte interessiert, die nicht so bekannt sind, oder wo etwas Prekäres passiert“, motiviert Quint. Eder erklärt in der Begleitbroschüre zur Ausstellung: „Uns interessierte Rumänien mit Siebenbürgen auch als Land, in dem vielfältige Volksstämme und Kulturen mit ihren Unterschieden seit Jahrhunderten miteinander leben und auskommen wollen. Das ist ein sehr zeitgemäßes, brisantes, europäisches Thema.“