In schweren Zeiten muss man den Gürtel enger schnallen, meinen die Politiker. Jedoch findet eine kluge, attraktive Frau eine andere, viel effizientere Lösung: Frau nehme… einen zweiten Liebhaber. Dass dieses perfekt funktionierende System einmal einen Funktionsfehler aufweisen könnte, war zunächst undenkbar, aber eigentlich vorprogrammiert. Was daraus wurde und mit welchem Aufwand der Fehler behoben werden konnte, erzählt die neueste Aufführung an der deutschen Abteilung des Hermannstädter Radu-Stanca-Theaters.
„Ein Schlüssel für zwei“ ist eine komplizierte Geschichte. Es gibt das Liebespaar Harriet (Johanna Adam) und Gordon (Daniel Plier). Dass Gordon verheiratet ist und das nicht mit Harriet, ist ungewöhnlich, aber irgendwie noch akzeptabel. Weil Harriet einen weiteren Mann, den ebenfalls verheirateten Alec (Daniel Bucher), in ihrem Leben hat, braucht sie ein gewisses organisatorisches Talent. Die beiden Männer dürfen sich nämlich niemals treffen.
Ein präzise ausgearbeiteter Wochenplan sorgt dafür. Im Notfall wird ein Treffen mit der streng puritanischen „Mami“, die komischerweise literweise Wodka vernichtet, vorgeschoben. Die beiden Liebhaber kommen nicht nur für Harriets kostspieligen Unterhalt auf, sondern versorgen sie auch mit Lebensmitteln: Gordon, ein passionierter Hühnerzüchter, mit Eiern, und Alec, der eine ganze Flotte von Fischkuttern besitzt, mit Fisch. Dass ein solcher, von Herzen geschenkter Heilbutt dem fragilen Liebesnest beinahe zum Verhängnis wird, hätte niemand gedacht. Ein falscher Tritt von Gordon, der am glitschigen Geschenk von Alec ausrutscht, wird zur Ursache des sich rasant entwickelnden Chaos.
Für dieses Chaos sowie für eine weitere heitere Komödie am Radu-Stanca-Theater verantwortet der Regisseur Şerban Puiu. Spannend, gepfeffert mit dem sprachenübergreifenden Humor, voller unerwarteter Wendungen entwickelt sich die Handlung zu einem immer schnelleren Wirrwarr aus immer mehr Figuren, die dazu ständig ihre Identität wechseln müssen. Das Ensemble meistert die Boulevardkomödie der beiden britischen Autoren, John Chapman und Dave Freeman, perfekt.
Das Zusammenspiel ist tadellos, die Sprache vorzüglich und die Schauspieler sind einfach unverschämt gut. Regisseur Puiu ist in Hermannstadt/Sibiu für das Inszenieren von Komödien bekannt, seien sie auf Rumänisch oder Deutsch, auch wenn er Letzteres nicht beherrscht. Der Name Şerban Puiu steht für eine entspannende, aufmunternde Aufführung, die das Publikum mit positiven Gefühlen und Bauchmuskelkater nach Hause entlässt. Ob „Außer Kontrolle“ oder „Millionenschwere Seniorin sucht Erben“, Puius Regie ist wie sein markantes Lachen sofort zu erkennen.
Die Aufführungen der deutschen Abteilung sind nicht nur für die Deutsch sprechenden Zuschauer interessant. Die Simultanübersetzung macht sie für alle zugänglich. Doch viel wichtiger ist die hohe Qualität der schauspielerischen Leistung sowie der gebotenen Stücke. Die Hauptrolle spielt Johanna Adam einwandfrei. Sie ist nicht nur eine raffinierte Liebhaberin, sondern auch eine geschickte Krisenmanagerin. Der Wechsel zwischen den szenischen Hypostasen gelingt ihr perfekt. Erwähnenswert ist das Spiel der Brukenthal-Absolventin Anca Cipariu. Und auch wenn es schon oft gesagt wurde, muss man das hochwertige Spiel von Daniel Plier und Wolfgang Kandler erwähnen, weil sie in jeder Rolle, ob ernst oder komisch, mit vollem Einsatz dabei sind. In dieses gut eingespielte Ensemble passt der Neuzugang Daniel Bucher fugenlos hinein.
Doch zurück zum Stück. Gordons Ausrutschen bringt ihm zwar ein schmerzendes, ausgerenktes Bein, doch ist das nichts im Vergleich zu Harriets „Kopfschmerzen“. Ihr ganzes Liebhaber-Management-Programm ist aus dem Ruder geraten. Zum Glück gibt es die hilfsbereite Freundin, Anne (Anca Cipariu). Sie ist bereits in die Affären Harriets eingeweiht und springt bereitwillig in die Bresche.
Dem plangemäß erscheinenden Alec wird Gordon als Annes Ehemann Richard verkauft. Schlimmer wird es, als der echte, „wie ein polnischer Richter“ besoffene Richard (Wolfgang Kandler) auftaucht, dicht gefolgt zuerst von Gordons Ehefrau (Alina Perţea) und dann von Alecs Angetrauter (Emöke Boldizsár). Und weil mit jeder neuen Figur die Erklärungen wechseln müssen, hat man irgendwann mit einer „reinsten Vogelhandlung“ zu tun. Es wird fleißig „aneinander vorbei“ geredet und am Ende behält nur Harriet einen nebeligen Überblick über die Situation. Ob sie aus dieser Lage einen Ausweg findet, sollte man selbst erfahren.