Eine Komödie vom Feinsten. Das ist die zweite Premiere der deutschen Abteilung am Radu-Stanca-Theater in der laufenden Spielzeit. Am Sonntagabend wurde Ken Ludwigs „Millionenschwere Seniorin sucht Erben“ erstmals in Hermannstadt/Sibiu aufgeführt, am Montagabend ging das Stück erneut über die Bühne. Jeweils vor zahlreichem Publikum, das nach der zweieinhalbstündigen Vorstellung tosenden Applaus spendete. Keineswegs aus Höflichkeit, sondern weil man sich köstlich unterhalten hatte.
Regisseur [erban Puiu ist beim Hermannstädter Theater für die Sparte Komödien mit Publikumserfolg zuständig. Ken Ludwig ist ein amerikanischer Autor und Regisseur, der zahlreiche Hits am Broadway oder im Londoner West Ende verzeichnete, quasi nebenbei Anwalt ist und dessen Stücke mittlerweile in der ganzen Welt aufgeführt werden. Die in Hermannstadt erstaufgeführte Komödie hat Anna Neamţu, die Leiterin der deutschen Abteilung, aus dem Amerikanischen übertragen.
„Millionenschwere Seniorin sucht Erben“ erinnert an Shakespeares „Sommernachtstraum“. Für die im Stück geplante Hochzeit wird allerdings aus der „Zwölften Nacht“ d. h. „Was ihr wollt“ zitiert und geübt. Gewollt werden zwei Millionen Dollar und zwar von den beiden Schauspielern Leo Clark und Jack Gable. Ihnen fehlt gerade das nötige Kleingeld selbst für das Frühstück.
In die Rolle ihres Lebens begeben sie sich auf Grund eines Zeitungsberichtes, demzufolge eine dem Tod nahe, millionenschwere Seniorin nach ihren Erben Max und Steve sucht, die sie zusammen mit Nichte Meg beerben sollen. Selbst als sich herausstellt, dass Max und Steve eigentlich Maxine und Stefanie heißen und also Frauen sind, scheuen die beiden Männer – großartig von Wolfgang Kandler und Daniel Plier dargestellt – vor dem Betrug nicht zurück.
In die Quere kommt ihnen dann aber die Liebe: Max verliebt sich in Meg – von der Schweizerin Natalie Sigg gespielt – und Steve in Audray – dargestellt von der jungen Hermannstädterin Anca Cipariu. Wie das in Komödien (und oftmals im Leben) der Fall so ist, sind beide bereits vergeben: Meg ist mit Reverend Duncan (Franz Kattesch) verlobt und Audray dem schüchternen Butch (Ali Deac) versprochen. Dessen Vater ist der Arzt (Georg Potzolli), der die zwar ab und zu in Ohnmacht versinkende, aber noch sehr heitere Seniorin Florence (Johanna Adam) betreut. Die entscheidet sich dann, als die vermutlich richtigen Nichten ankommen, für Max und Steve, die „interessanter“ sind.
Die Handlung voller Intrigen und Verwechslungen liefert Situationskomik am laufenden Band. Der Österreicher Kandler und der Luxemburger Plier spielen die beiden Doppelrollen hervorragend und sind in Travestie einfach köstlich. Sie kosten jede Szene aus und reißen mit ihrer Verve die Ensemblekolleginnen und -kollegen mit.
In ihren Improvisationen steigerten sie sich offenbar so sehr, dass selbst Regisseur Puiu immer wieder in überraschtes Lachen ausbrach. Erfreulich war, dass jedes Wörtchen (fast) akzentfrei in gut verständlichem Deutsch gesprochen wurde. Etwa die Hälfte der Zuschauer trug Kopfhörer (um die rumänische Übersetzung zu hören), ein Beweis dafür, dass sich das rumänischsprachige Publikum auch die Aufführungen der deutschen Abteilung anzuschauen angewöhnt hat. Wo aber sind die des Deutschen mächtigen Zuschauer?
Hätte man mir vor 20 Jahren gesagt, die deutsche Abteilung bringt 2011 eine solche Premiere auf die Bühne, ich hätte es für genauso unwahrscheinlich gehalten wie die Tatsache, dass Hermannstadt einen Rumäniendeutschen als Bürgermeister hat, lautete der zufriedene Kommentar eines Zuschauers. Es kommt eben manches anders als man denkt. Nicht nur im Theater.
Als köstliche Travestie-Komödie präsentiert sich das Theaterstück „Millionenschwere Seniorin sucht Erben“.