Veranstaltungen mit Fred Nuss am Podium statt hinter der Kamera zählen zweifelsohne zu den Spitzenereignissen Hermannstadts/Sibius. Bei manch einer in öffentlichem Auftrag stehenden Person wünscht man sich insgeheim, sie oder er möchte doch so rasch wie möglich zum Redeschluss kommen. Bei Fotograf Fred Nuss (Jahrgang 1934) dagegen hofft man im Stillen auf das Gegenteil und freut sich umso mehr, wenn Dritte ihn erfolgreich zum Sprechen auffordern. Obwohl kein unnahbarer Mensch, bevorzugt er das Schweigen zumeist keinen Deut weniger als jene, die ihm selbst gerne zuhören. Deswegen ist es nur zu empfehlen, sich unter das Publikum seiner sporadischen Buchvorstellungen und Ausstellungseröffnungen zu mischen. Die Vorstellung des neuen Bandes „Regal de portrete/Porträts“ von Fred Nuss im Spiegelsaal des Demokratischen Forums der Deutschen in Hermannstadt (DFDH) am Dienstagnachmittag, dem 18. Februar, begann bei Tageslicht. Nachdem der Autor sich in Gesellschaft verständigen Publikums gewähnt sowie ein unverhofft ausführliches Sonderkonzert an Erinnerungen und Anekdoten zum Besten gegeben hatte, war nur noch die Dunkelheit der Abendstunden festzustellen. Benjamin Józsa, Geschäftsführer des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) und Vorstandsmitglied des Honterus-Verlages, moderierte die Veranstaltung.
Mircea Bi]u, Chefredakteur der lokalen Tageszeitung „Tribuna“, räumt sich nicht das Recht ein, seinem administrativ unterstellten ‘Kollegen‘ Fred Nuss im Gehabe eines Chefs entgegenzutreten, und weiß, dass der nicht von der Kamera zu lösende Hermannstädter den Fotografen des Königshauses Emil Sigerus (1854-1947) persönlich gekannt hat. Noch eine Spur einfühlsamer ging Gastredner Ion Onuc Neme{, vormaliger Direktor der As-tra-Bibliothek, ans Werk – „Fred Nuss’ Geheimnis von Zufriedenheit setzt die tägliche Erfüllung dreier kleiner Freuden voraus: Ein paar Minuten mit einem guten Freund plaudern, ein Buch lesen und eine Ausstellung besuchen.“ Beatrice Ungar, Chefredakteurin der Hermannstädter Zeitung (HZ), greift wöchentlich auf den Erfahrungsschatz von Fred Nuss zurück.
Mehr als 150 Einzelporträts fasst der neue Band zusammen. Da er mit finanzieller Unterstützung des Departements für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens gedruckt wurde, erfolgt sein Vertrieb kostenlos. Fred Nuss hat selbstverständlich nicht alle Personennamen identifizieren können. Kennern der Szene fällt auf, dass Cellist Makcim Fernandez Samodaiev im Frühjahr 2016 im Terrassensaal des Kultur- und Begegnungszentrums „Friedrich Teutsch“ abgelichtet worden sein muss, da ein Auszug eines Linolschnittes von Sieglinde Bottesch im Bildhintergrund auf den exakten Termin einer Vernissage schließen lässt. Nach Umblättern offeriert Violinistin Elena Borz, die bei derselben Gelegenheit mitgespielt hatte, unabsichtlich vielsagenden Gegensatz zum Beifall heischenden Lachen von Gastdirigent Theo Wolters. Wer von hier nochmal um zwei Positionen zurückwendet, kann sich an Flötistin Lidia Marina erinnern, die Hermannstadt 2017 Richtung Schweiz verließ. Vier Musikerinnen und Musiker auf drei Fotos, aber nur einem von ihnen steht Sorglosigkeit ins Gesicht geschrieben.