Mit einem Konzert der besonderen Art begann die sechzehnte Auflage der Reihe Diletto Musicale, die jeden Sonntag im August um 17 Uhr nach Tartlau/Prejmer zu einem musikalischen Ereignis einlädt. Dieses Jahr wählte Dirigent Steffen Schlandt die romantische Musik als Thema. Außer dem Jugendbachchor wirkten auch der Tenor Liviu Iftene von der Kronstädter Oper und das Ensemble Cell’Arpa mit, in dem Roxana Moişanu die Harfe und Mladen Spasinovici das Cello spielt. Unerwartet, aber aus der romantischen Musik nicht wegzudenken, war die Begleitung des Chores durch ein Klavier, das von der Firma Einschenk zur Verfügung gestellt wurde. Chorleiter Steffen Schlandt spielte selbst Klavier und Orgel (an einem Instrument der Orgelbauwerkstatt Honigberg) und musste manchmal sogar während desselben Stückes von einem Instrument zum anderen wechseln!
Es wurden Werke vor allem deutscher und französischer Komponisten wie Gabriel Rheinberger, Johannes Brahms und Felix Mendelssohn-Bartholdy oder César Franck, Gabriel Fauré und Maurice Duruflé zu Gehör gebracht. Verschiedene Besetzungen erklangen, wie Chor alleine oder Chor, Harfe und Klavier oder Tenor, Chor, Harfe, Cello, Klavier und Orgel. Letztere, die „Königsbesetzung“ mit allen vorhandenen Musikern, war auch diejenige der beiden Herzstücke des Konzerts, „Sei mir gnädig, Gott“ von Egon Hajek und „Otce náš (Vater unser) des tschechischen Komponisten Leoš Janácek.
Egon Hajek (1888-1963) war eine vielseitige Kronstädter Persönlichkeit, er schrieb Romane, wirkte als Pfarrer in der Martinsberger Gemeinde und hat auch einige Werke komponiert. Sein Vater Ignaz Hajek war aus Böhmen nach Kronstadt/Braşov gekommen und übte das Amt eines Militärkapellmeisters aus. „Beim Kottern“ in der Sakristei stieß Chorleiter Steffen Schlandt auf diese Vertonung des 57. Psalms von Egon Hajek, die nur in handgeschriebener Form existierte und sicherlich auch, seitdem sie entstand, in Kronstadt nicht mehr erklungen ist.
Der Wechsel zwischen Klavier- und Orgelbegleitung war gut durchdacht und überzeugend eingesetzt. Sowohl bei dem Stück Hajeks als auch bei demjenigen Janáceks wurden rhythmische Teile vom Klavier begleitet, weil es mehr Impulse aufweist, und lyrische Betrachtungen, in denen die Harmonien vorwiegen, von der Orgel. Der Tenor stellte eine musikalische Idee vor, die dann vom Chor aufgenommen und weiter ausgebaut wurde. Besonders im Gedächtnis bleiben dem Zuhörer die rhythmisch pulsierenden Abschnitte, in denen es oft um das Böse geht, z. B. bei Hajek: „Ich bin mitten in großen Gefahren. Er wird meine Feinde verfolgen“ oder bei Janácek „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“ Sehr eindrucksvoll bei letzterem auch die Forderung nach dem täglichen Brot, am Anfang des 20. Jahrhunderts nicht für jeden eine Selbstverständlichkeit. In jeder Stimmlage schreien die Sänger völlig danach: „Chléb … chléb … chléb“, also Brot, Brot, Brot! Im Gegensatz dazu stehen die lyrischen Teile, wie „Hör mein Flehen, o Gott, mein Herr, denn auf Dich traut meine Seele, denn bei dir birgt sich meine Seele.“, wo die Anbetung von ruhigen (Orgel-)Klängen begleitet wird.
Die Harfe, ein Instrument, das seit der Antike fasziniert, kam in fast allen Stücken zum Tragen; auch wenn sie in einigen Originalbesetzungen gar nicht vorhanden war, wie in Hajeks Psalm, so haben die Arrangements, die für dieses Konzert vorgenommen wurden, zu einer geglückten Ausschöpfung des ganzen Klangspektrums dieses Instrumentes geführt. Auch noch bei den wildesten Kaskaden, die das Leid des Sterblichen auf dieser Welt versinnbildlichen, vertröstet die Harfe durch ihre kristallklaren Akkorde auf eine bessere Welt.
Der Jugendbachchor, ein Klangkörper, den es nun schon seit 21 Jahren gibt, überzeugte auch dieses Mal durch seine Reinheit, seine warmen und hellen Stimmen und durch das perfekte Zusammenspiel zwischen den einzelnen Stimmlagen. Den Sängern merkt man ihre Begeisterung förmlich an. Steffen Schlandt, Chorleiter, Pianist und Organist in einer Person, dirigierte in Abwesenheit seiner Hände mit dem Kopf, den Schultern, dem gesamten Oberkörper, sprang zwischen Klavier und Orgel hin und her, sodass man nur staunen konnte!
Die Atmosphäre in der bis auf den letzten Platz besetzten Kirche war während des ganzen Konzerts angespannt und konzentriert. Sogar Dreijährige waren bis zum Ende mucksmäuschenstill. Die Besonderheit der vorhandenen Instrumente, die abwechslungsreiche Programmgestaltung und die Darbietung auf hohem Niveau haben alle Zuhörer in ihren Bann geschlagen. Erst am Ende entlud sich tosender Applaus, aber eine Zugabe blieb leider aus, wahrscheinlich auch, weil es schwer gewesen wäre, in einem Ausschnitt die ganze Atmosphäre dieser zum großen Teil stark nach innen gewandten Werke wiederaufleben zu lassen.
Das Publikum war dankbar für das selten schöne Konzert und freut sich, dass noch weitere folgen! Es werden weitere Überraschungen sein, sei es in der Wahl der Stücke, der Musikstile oder der Instrumente.
Am heutigen Sonntag, dem 10. August, ist in Tartlau das Quartetto Brassovia mit Barockmusik für zwei Streicher, Oboe und Spinett zu hören. Lassen Sie sich dieses sonntägliche Vergnügen nicht entgehen!