Den Vorschlag, eine Anthologie mit rumänischen Theaterstücken herauszugeben, unterbreitete mir vor fünf Jahren Annemarie Türk, damalige Bereichsleiterin für Kulturförderung und Sponsoring bei KulturKontakt Austria. Es war eine ungewöhnliche Situation: Ich hatte einen finanziellen Unterstützer, jedoch fehlten mir die Texte. So begann ich, zusammen mit der Übersetzerin Daria Hainz, jährlich zahlreiche Stücke zu lesen. Ende 2013 stand die Auswahl endlich fest. Das Buch sollte einen Querschnitt durch die rumänische Theaterszene bieten.
„Machtspiele. Neue Theaterstücke aus Rumänien“ ist beim renommierten Verlag Theater der Zeit in Berlin erschienen und versammelt fünf Texte von zeitgenössischen rumänischen Autoren: Gianina Cărbunariu („Schrift in Großbuchstaben“ und „Spargel“), Catinca Drăgănescu und Eugen Jebeleanu („dontcrybaby“), Roxana Marian („Medea oder Über das eheliche Glück“) und Elise Wilk („Zimmer 701“). Das Buch ergänzt die „Dialog“-Reihe des Berliner Verlages und wurde mit Unterstützung des Rumänischen Kulturinstitutes durch das Translation and Publication Support Programme (TPS) und das europäischen Übersetzungsprogramm Traduki herausgegeben.
Die Themen der fünf Stücke sind vielfältig. In „Schrift in Großbuchstaben“ gewährt Gianina Cărbunariu 25 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhanges einen erschreckenden Einblick in die Geheimpolizeiakte eines Sechzehnjährigen. In „Spargel“, ein Stück derselben Autorin, das 2010 in Wien uraufgeführt wurde und in Rumänien unbekannt ist, wird das allgegenwärtige Migrationsproblem in fein miteinander verknüpften Monologen zweier Späteinkäufer in einem britischen Lebensmittelladen präsentiert. „dontcrybaby“ des Duos Catinca Drăgănescu und Eugen Jebeleanu ist eine moderne Version des „Rotkäppchen“-Märchens. Roxana Marian untersucht in „Medea oder Über das eheliche Glück“, einem dramatischen Gedicht in Prosaform, Machtspiele in Paarbeziehungen. „Zimmer 701“ von Elise Wilk vereint vier ungewöhnliche Geschichten, die sich an verschiedenen Abenden im selben Hotelzimmer abspielen.
„Machtspiele“ erschien im März 2015 und wurde im Rahmen einer Lesereise in mehreren Städten des deutschsprachigen Raumes vorgestellt: Die Buchpremiere fand am 18. März in der Theaterbuchhandlung „Einar& Bert“, in Anwesenheit der Autorin Gianina Cărbunariu, statt. Am 12. April wurde das Buch im Rahmen des Wiener Theaterfestivals „Die Besten aus dem Osten“ kurz vorgestellt; es folgte am 20. April eine Präsentation bei der „bremer shakespeare company“. Zu diesem Anlass bot die Gruppe „Stückwerk Bremen“ eine spannende Lesung der Theaterstücke „Zimmer 701“ von Elise Wilk und „Spargel“ von Gianina Cărbunariu.
Am 5. Mai fand im Empfangsraum des Wiener Volkstheaters die szenische Lesung des Theaterstückes „Zimmer 701“ in Anwesenheit der Autorin Elise Wilk statt. Weiterhin wird die Anthologie in diesem Jahr in Zürich und Ingolstadt vorgestellt.
Über die fünf Stimmen, welche in diesem Sammelband zu Wort kommen, wird dem deutschsprachigen Leser eine Begegnung mit einer Generation von Theaterautoren ermöglicht, die immer noch von der gesellschaftlichen Relevanz des Theaters überzeugt ist. Ob als Dokumentartheater oder als Ergebnis von Improvisationstheater, alle Stücke der Anthologie haben etwas gemeinsam: Sie spiegeln Aspekte der Machtausübung in einer sich wandelnden Gesellschaft wieder.
Das Buch ist beim Verlag Theater der Zeit erhältlich: www.theaterderzeit.de.