Mehr Fantasie, weniger Schüchternheit

Theaterworkshop für Deutschlehrer im Kronstädter Kulturzentrum

Geschichten erfinden, als Gruppe zusammenarbeiten – Mihaela Sîrbu (erste links) bringt es den Workshop-Teilnehmerinnen in Kronstadt bei.
Foto: die Verfasserin

Dass sich Erwachsene von der Fantasie und der Spielfreude der Kinderwelt inspirieren lassen sollten, dass sie durch Improvisation den Zugang zu ihrer eigenen Kreativität zurückgewinnen können, dass Lehrkräfte diese Fähigkeiten bei den Kleinen fördern müssten, dies alles bestätigte unlängst ein Workshop für Improvisationstheater im Deutschen Kulturzentrum Kronstadt/Braşov. Acht Workshop-Teilnehmerinnen, die an Grundschulen, Lyzeen oder Sprachschulen für Erwachsene Deutsch unterrichten, ließen sich von der Schauspielerin und Germanistin Mihaela Sîrbu in die Geheimnisse des Improvisationstheaters einführen, welches sich erfahrungsgemäß als Bereicherung der formalen Erziehung erweist. Man lernt beispielsweise, besser zuzuhören und zu beobachten, geschwinde Entscheidungen zu treffen, die eigene Körpersprache zu entwickeln, die Angst vor Misserfolg zu überwinden, kurzum offener zu sein.

Die Workshopleiterin beschäftigt sich schon seit Jahren mit Improvisationstheater. Sie ist Gründerin der Stiftung „Theater ohne Grenzen” („Teatru fără frontiere“), war Mitglied der ersten rumänischen Theaterimprovisationsgruppe („Improshow“) und unterrichtet seit 2003 Improvisation, sowohl für professionelle Schauspieler (an der Nationaluniversität für Theaterkunst und Kinematografie in Bukarest und am Nationaltheater Neumarkt/Tg. Mureş), als auch für Kinder (am „Ion Creangă“-Theater und in Bukarester Schulen). Für Nichtprofis rief sie im Februar 2007 die „Improvisationsschule“ („Şcoala de improvizaţie“, Web: scoaladeimprovizatie.ro) ins Leben, die bereits mehrere Hundert Absolventen vorweisen kann. Seit 2009 unterrichtet Mihaela Sîrbu als erste in Rumänien nach der Technik Sanford Meisner, 2010 lernte sie den „Vater der Improvisation“, Keith Jonstone, persönlich kennen.

Der fünfstündige Workshop in Kronstadt umfasste dynamische Kennenlern-Übungen und viel Bewegung, vor allem aber Geschichten, die man auf der Stelle erfinden musste. Und dies nicht im Einzelgang, sondern als Gruppe: Jede Teilnehmerin fügte ein paar Wörter oder Sätze hinzu, das Erzählte wuchs nach und nach zu einem – zwar improvisierten, aber doch kohärenten und spannenden – Gemeinschaftswerk zusammen. Damit blieb man nicht mehr nur auf sich selbst konzentriert; wichtiger war die Zusammenarbeit, der Fokus auf die Situation, die es galt, emotional zu erfassen. Kein Wunder, dass für Ängste und Unsicherheiten kein Raum übrig blieb. Wie Mihaela Sîrbu betonte, sei die „Befreiung vom Sicherheitsdenken“ ein wichtiges Ziel der Übungen. „Man sollte sich aus der Komfortzone herauswagen, damit man Zugang zu seinem Unterbewusstsein gewinnt und seine Kreativität aktivieren kann. Beim Improvisieren gibt es keine Fehler. Deshalb sollte man nicht im Voraus denken, sondern auf der Stelle.“