Trotz ihrer langjährigen Bühnenerfahrung kämpfte Éva Labadi Megyes vor Kurzem mit Lampenfieber. Dass sie ihrer neuen Rolle als Intendantin des Kindertheaters „Merlin“ gewachsen ist, muss Labadi Megyes noch beweisen. Was der neuen Theaterdirektorin nicht mangelt, ist Enthusiasmus. In der neuen Spielzeit 2011/2012 soll das Theater wieder aus der Versenkung auftauchen und sich einen Platz an der Spitze sichern.
Eine Sisyphusarbeit, die kaum in einer Spielzeit zu meistern ist. Der erste Anlauf klingt vielversprechend: Am Sonntag soll die neue Spielzeit mit einer Großveranstaltung auf dem Opernplatz in Temeswar/Timişoara beginnen. Mit dem neuen Kinderstück „Buratinos Traum“ will Megyes und das Theater sich von altmodischen Konzepten und veralteten Vorstellungen über das Puppentheater lösen.
Die neue Premiere, die vom Ensemble des Theaters und von Grundschulkindern eingearbeitet wurde, soll ein Publikum ansprechen, das mit Optimus Prime und Spider-Man aufgewachsen ist.
Neben dem neuen Stück wird am Sonntag auch eine Gruppe aus Deutschland auftreten. Die Gruppe Circus 3000 aus Karlsruhe wird ebenfalls ein modernes Kinderstück aufführen und setzt genau wie „Buratinos Traum“ auf Interaktion mit dem Publikum. Die Großveranstaltung soll als Antrieb für ein bankrottes Theater dienen, das in den letzten Jahren keinen Intendanten hatte.
Dabei lief die erste Produktion auf Sparflamme. Auf Éva Labadi-Megyes warten besondere finanzielle Schwierigkeiten, die sie und das Theater überwinden müssen.
Auch das historische Gebäude steht auf wackligen Beinen und muss dringend saniert werden. Die Liste mit den Problemen ist ellenlang. Gelder erhofft man sich vom Stadt- und Kreisrat. Aus Karteneinnahmen wird sich das Theater schwer über Wasser halten können. Der Preis einer Eintrittskarte kostet nur 2,5 Lei. Mehr Geld soll eine Schauspielschule mit Schwerpunkt auf Puppenspiel und Artistik einbringen.
Das Projekt befindet sich noch in der Planungsphase, wo wichtige organisatorische Fragen noch im Raum stehen.
Als Künstlerin hat sich die Schauspielerin bereits bewährt. Ihre erfolgreiche Kindersendung bei Radio Temeswar wird weltweit gehört. Auch ihre Straßenszenen, die sie im Auftrag der Handelskette Real macht, haben ihr und ihrem Ensemble treue Zuschauer eingebracht. Doch nun muss die Puppenspielerin dieses Publikum in das Theater locken.
Für den Herbst werden neben dem neuen Stück „Buratinos Traum“ auch ältere Kinderklassiker gespielt. Eine weitere Premiere soll die Neuinszenierung des Kinderstücks „Giovanino ohne Furcht“ sein, das am Puppentheater in den Jahren 1985/1986 lief. Spielleiterin war die 2010 verstorbene Schriftstellerin Ioona Rauschan. Rauschan arbeitete am Puppentheater vor der Wende und debütierte als Regisseurin mit dem Stück, das sich ästhetisch der italienischen Commedia dell’arte annäherte.
Éva Labadi wurde von Ioona Rauschan in den 1980er Jahren entdeckt. Sie begann ihre schauspielerische Karriere mit 19 Jahren in dem Kinderstück „Mowgli – Das Dschungelkind“, Ioona Rauschans Adaption des bekannten Kipling-Meisterwerks „Das Dschungelbuch“.
„Vom alten Image möchte man sich so weit wie möglich trennen“, sagte Labadi Megyes. Darum wurde auch das neue Logo des Puppentheaters vorgestellt und das neue Maskottchen. Kein langbärtiger Hexenmeister aus der keltischen Mythologie soll in Zukunft das Theater vertreten, sondern eine hübsche, junge Feengestalt. Auch die Eltern möchte man als Publikum gewinnen. Dafür werden monatlich Konzerte veranstaltet, die von dem bekannten Theaterkomponisten Tibor Cári und dem Bariton Cristian Rudic gehalten werden.
Es mangelt weder an Projekten noch an kreativen Ideen, um das alte Puppentheater wieder aufzupeppen. Fraglich ist nur, ob auch der finanzielle Rahmen die kreativen Wunschvorstellungen möglich machen wird.