Mit einem niedlichen Akzent redet die junge Frau rumänisch. Sie wirkt etwas schüchtern und freut sich riesig, dass das Gespräch weiter auf Deutsch geführt werden kann. Dann lässt sie wissen: „Seitdem ich öfters in Rumänien bin, habe ich mein Rumänisch verbessert. Es freut mich sehr, trotzdem möchte ich nicht peinlich wirken, denn meinem rumänischen Wortschatz mangelt noch an Begriffen“. Die junge Frau beginnt dann ihre Geschichte zu erzählen.
Alice Francis wurde in Temeswar geboren, doch sie ist im frühen Alter mit ihren Eltern nach Deutschland ausgewandert und in Köln aufgewachsen. Seit einigen Jahren hat die Rumäniendeutsche ihr Heimatland vom Neuen entdeckt und ist hier öfters zu Besuch. Dabei wirbt sie sogar in der weiten Welt für ihre Heimatstadt Temeswar und das schon, bevor die Stadt den Titel einer europäischen Kulturhauptstadt bekommen hat.
In Deutschland wird Alice Francis oft als Vertreterin des Neoswing angesehen, denn ihre Musik verbindet Elemente des Swing, Charleston und Jazz der 1920er Jahre sowie moderne Elemente aus dem Hip-Hop und Elektro. Als Flapper bezeichnete man in den 1920er Jahren junge Frauen, die ein für diese Zeit geradezu aufreizendes Selbstbewusstsein besaßen. Sie tranken, rauchten, bevorzugten kurze Röcke und kurze Haare, hörten mit Leidenschaft Jazz, tanzten Charleston und setzten sich kühn über Konventionen hinweg. Die junge Kölner Sängerin Alice Francis zollt jener Ära auf ihrem Debütalbum „St. James Ballroom“ musikalisch und optisch Tribut. Sie hat sich diese Frauen zum Vorbild genommen und nennt sich deshalb augenzwinkernd auch „Miss Flapperty“ (der Spitzname ist eine Zusammensetzung aus den Worten Flapper und Liberty).
Ihr Debütalbum „St. James Ballroom“ erschien 2012, die neueste Platte „Electric Shock“ ist in diesem Jahr herausgebracht worden. Alice Francis reist nun rund um die Welt, um sie zu fördern. Ihre Bandmitglieder sind der Deutsche Mr. Goldielocks und der Koreaner Sir Chul-Min Yoo. Zusammen bilden sie ein Trio.
Doch auf ihrem Weg zur Berühmtheit vernachlässigt die Musikerin nicht ihre Wurzeln. Immer wieder stellt sie sich als Temeswarerin vor und lässt Fans aus aller Welt wissen, wo Rumänien auf der Weltkarte zu finden ist. Alice Francis wurde in Rumänien geboren und hat einen tansanischen Vater. Sie war fünf, als ihre Eltern nach Deutschland ausgewandert sind. Den Kontakt zu Rumänien verlor die Sängerin nie, denn immer wieder verbrachte sie die Ferien bei ihren Großeltern und kam zu Verwandten nach Westrumänien auf Besuch. Die rumänische Sprache begann Alice, erst nachdem ihre Großmutter nach Deutschland umzogen war, wieder zu erlernen. „Ich habe immer eine starke Verbindung zu Rumänien, vor allem zu Temeswar, empfunden. Immer, wenn mich jemand fragt, woher ich komme, antworte ich schnell, ich komme aus Rumänien und das sorgt für neugierige Blicke“, erzählt Alice Francis. „In Deutschland glauben die Menschen, dass ich brasilianische oder afrikanische Wurzeln habe. In Rumänien werde ich als Deutsche empfunden und in Tansanien, woher mein Vater kommt, werde ich als ´muzungu´ erklärt – so werden die Leute mit einer helleren Hautfarbe genannt. Aber egal wo ich bin, bekenne ich mich als Temeswarerin“, sagt Alice entschlossen.
Seit einigen Jahren entdeckt die Künstlerin ihr Heimatland vom Neuen, nachdem ihre Mutter ein Gutshaus in Rudna gekauft hat und nun dort lebt. In ihrer Heimatstadt durfte Alice bereits zwei Mal auftreten. Das erste Mal trat sie aus Anlass des rumänischen Nationalfeiertags, 2013, ein Jahr später aus Anlass des Stadtfestes von Temeswar auf. 2015, als Temeswar sich noch um den Titel einer Kulturhauptstadt Europas 2021 bewarb, versuchte die Sängerin, überall auf ihrer Welttournee ihre Heimatstadt vorzustellen und erstellte sogar einen Förderfilm für die Stadt. „Es war das erste Mal, dass ich Temeswar so richtig entdeckte. Bis zu dem Zeitpunkt drehte sich alles rund um die Innenstadt, wo ich auch auftreten durfte.
Während des Videodrehs ging ich etwas weiter, in die jeweiligen historischen Stadtviertel von Temeswar. Ich war total begeistert, neue Facetten der Stadt zu entdecken“, erzählt Alice Francis. „Viele meiner Fans sind erstaunt, dass ich aus Temeswar, Rumänien, stamme. Die Menschen wissen wenig über dieses Land und diese Stadt und haben sehr viele Vorurteile. Durch meine Werbekampagne wollte ich den Leuten zeigen, dass Temeswar eine wunderbare Stadt ist, die in einem wunderbaren Land liegt“, setzt die rumäniendeutsche Künstlerin fort. Im Film wurden neben der Innenstadt von Temeswar, mit dem Dom-, Freiheits- und Opernplatz auch die Fabrikstadt, die Temeswarer Brauerei, die Millenniumskirche und der Trajansplatz vorgestellt. „Mich interessiert nicht das Moderne einer Stadt – das haben alle Großstädte der Welt. Die Geschichte und die Altstadt sind immer wieder verschieden und sorgen für die besondere Atmosphäre, die in einer Stadt herrscht. Mich haben vor allem die Elisabeth- und Josefstadt von Temeswar mit den historischen Gebäuden begeistert“, sagt Alice Francis.
Begeistert ist die Sängerin auch vom Gutshaus in Rudna – etwa 35 Kilometer von Temeswar entfernt. Im Temescher Dorf hat Alices Mutter das ehemalige Gutshaus der Adelsfamilie Nikolici erworben und versucht, die Gegend wiederzubeleben. Hier kommt Alice Francis einige Mal im Jahr zu Besuch: „Rudna bedeutet für mich Freiheit, Natur, viel Stille und Entspannung“.
Zurück zur Musik: Die Rumäniendeutsche hat noch Vieles vor. Auch wenn Alice bereits seit ihrer Kindheit singt, hat sie als Jugendliche zuerst Gedichte auf der Gitarre vorgetragen und später zahlreiche Musikgenres ausprobiert. Doch erst, nachdem sie den deutschen Musikproduzenten Goldielocks kennengelernt hatte, legte sie sich auf Elektro- und Neoswing fest. Seit fünf Jahren ist das Musikmachen ein Vollzeitjob für sie. Den Durchbruch erlebte Alice Francis 2012, nachdem sie ihr Debütalbum veröffentlichte. „St. James Ballroom“ erfreute sich eines riesigen Erfolgs rund um die Welt. Während ihrer fast dreijährigen Welt-Tournee, die dem Trio Auftritte in u.a. Kanada, Russland und Israel bescherte und auf der sie u.a. gemeinsam mit Alicia Keys, Erykah Badu und Public Enemy auftraten, haben Sängerin Miss Francis, Produzent Goldielocks und One-Man Choir Chul-Min Yoo in Hotelzimmern, eleganten Frequent-Flyer-Lounges, oder auch mal abgeschnitten vom Rest der Welt in einer einsamen Berghütte an ihrem neuen Langspieler getüftelt. So ist „Electric Shock“ entstanden, erzählt die Musikerin. Das neue Album ist im Frühjahr 2017 erschienen und bringt erneut die Musik des Anfangs des 21. Jahrhunderts in den Vordergrund. Dass ihre Leidenschaft für die Kultur der 1920er und ´30er Jahre auch auf „Electric Shock“ durchklingt, ist dennoch kein Wunder.
Allerdings hat Alice Francis überhaupt kein Interesse an einer Wiederbelebung längst vergangener Zeiten. Sie und die anderen Musiker sorgen nur dafür, dass, was noch heute schwingt, nicht einfach in Vergessenheit gerät – sagt Alice Francis. Immer wieder bringt Alice zusammen mit ihren Bandmitgliedern Geschichten zum Ausdruck. Jedes einzelne Lied hat eine „Story“ dahinter. „Wir haben meistens einen Film vor den Augen – so entsteht unsere Musik“, sagt die rumäniendeutsche Künstlerin. Wer reinhören möchte, der kann die Webseiten alice-francis.de und alicefrancis.com besuchen. Auch auf Youtube erfreuen sich Alice Francis´ Songs hunderttausender Views und auf der Facebookseite www.facebook.com/alicefrancismusic versucht das Trio ihre Fans auf dem Laufenden mit Auftritten und Infos zu halten, so wie zum Beispiel über umweltfreundliche Projekte. Innerhalb des Videos „Beatptized“ hat Alice Francis Kleider aus wiederverwertbaren Materialien hergestellt und damit für öko-freundliche Müllentsorgung plädiert.