Desinteresse der Eigentümer, mangelnde Kompetenz von Behörden, spekulationsgetriebene Investoren und Vandalismus sorgen für eine kontinuierliche Zerstörung wertvoller Denkmäler der rumänischen Industriegeschichte. Auch im dritten Band der Reihe „Vorindustrielles und industrielles Erbe in Rumänien“ warnt Herausgeber Dr. Volker Wollmann schon im Vorwort vor dem fortschreitenden Verlust von Kulturgut hierzulande. Umso wertvoller ist Wollmanns Initiative, dieses Kulturgut systematisch zu erfassen und der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Das im Jahr 2012 im Honterus-Verlag erschiene Buch widmet sich wie die 2010 und 2011 erschienenen Vorgängerbände der landesweiten Dokumentation von Denkmälern. Wollmann richet den Fokus diesmal auf die Lebensmittelindustrie sowie die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche. In einzelnen Kapiteln beschreibt er Getreide- und Ölmühlen, Zuckerfabriken, Brauereien, Pressen, Destillerien, Unternehmen der Fleischverarbeitung und Milchwirtschaft, Trester sowie Tabakfabriken. Er zeichnet die Entwicklung von der vorindustriellen Produktion bis zur Entstehung von Fabriken und der Einführung moderner Transportmittel in gewohnter Gründlichkeit nach. Wollmann, früher Forscher am Geschichts-Institut in Klausenburg/Cluj-Napoca und ehemaliger Leiter des Siebenbürgischen Museum Gundelsheim, beschreibt detailliert Bauten, Ruinen, Fabriken oder mechanische Konstruktionen und illustriert diese mit Hilfe von Zeichnungen und Plänen sowie historischen und aktuellen Fotografien.
In dem in rumänischer Sprache erschienenen Buch wird der Leser beispiels-weise ausführlich über die 22 Wassermühlen in der Gemeinde Eftimie Murgu im Kreis Karasch-Severin/Caraş-Severin informiert, denen viele weitere von Windmühlen über Schwimm-mühlen bis hin zu Industriemühlen folgen. Mit etwa 240 Seiten ist dieses Kapitel das umfangreichste des Buches. Interessant sind seine genauen Hinweise auf Erbauer und Besitzer, wie im Falle der Mühle von Oberneudorf/Satu Nou in Nordsiebenbürgen, die von einem Zimmermann Andreas (K) noch erbaut wurde, so die Vermutung. Auch im Falle der über ganz Rumänien verteilten Brauereien entsteht der Eindruck, dass hier deutsche Braumeister bzw. Unternehmer bis zum Zweiten Weltkrieg eine Vormachtstellung innehatten. An dieser Stelle fehlt der Platz, um auf alle dargestellten Facetten einzugehen. Nur soviel: Wer sich für die rumänische Industriegeschichte interessiert, dem sei die Lektüre des Bandes ans Herz gelegt.
Das 436 Seiten umfassende Buch setzt die sorgfältige und umfassende Dokumentation der Vorgängerbücher fort. Den ersten Band (2010) der Reihe widmet Wollmann der Wasser- und Gasversorgung, dem Nichteisenbergbaus, dem Salz- und Kohlebergbau, der Erdölförderung, Eisenverhüttung, Kupferverarbeitung sowie den Metall verarbeitenden Betrieben. Im zweiten Band (2011) der Industriegeschichte Rumäniens beschäftigt sich Wollmann mit der Holzgewinnung, -transport und -verarbeitung, der Papierherstellung, der Baustoffgewinnung mit Steinbrüchen, Zementfabriken sowie Backstein- und Ziegelwerken und Töpferwerkstätten sowie der Glasherstellung, der Textilindustrie und Lederverarbeitung. Wie die genannten Bücher verfügt auch der dritte Band über ein umfangreiches Quellenverzeichnis, das Ortsnamenverzeichnis erleichtert dem Leser die Nutzung des Buches. Wer sich für die Industriegeschichte Rumäniens interessiert, für den ist dieser Band bzw. die ganze Reihe ein unverzichtbares Nachschlagewerk.
Erschienen ist das Buch (ISBN 978-9731725857) 2012 im Hermannstädter Honterus-Verlag. Der Druck wurde mit finanzieller Unterstützung des Departements für Interethnische Beziehungen ermöglicht. Das Buch ist in den deutschsprachigen Buchhandlungen zum Preis von 99 Lei erhältlich.