Man muss nicht zu den 11 Millionen Olympiafans gehören, die sich jetzt in der britischen Hauptstadt London aufhalten, um internationales Flair um die Nase zu spüren. Das war auch sattsam möglich beim diesjährigen, zum vierten Mal Ende des vorigen Monats in der Stadt Băicoi im Kreis Prahova stattfindenden Musikfestival „Ţintea Muzicală 2012“, dessen Teilnehmer bzw. Akteure aus immerhin acht Nationen stammten.
Der musikalisch kreative Teil wurde durch das Akkordeonduo der Finnin Terhi Sjöbom und der in Deutschland ausgebildeten Serbin Marija Kandic bestritten, die zeitgenössische Kompositionen von Sebastian und Adina Dumitrescu, dem Italiener Stefano Bonilauri, dem Briten Drew Wilson und den rumänischen Komponisten George Balint und Sorin Lerescu vortrugen. Für zwei Akkordeons zu schreiben, dem hatten sich die Komponisten eigens zu diesem Anlass verschrieben, was wieder einmal bewies, dass die Organisatorinnen von „Ţintea 2012“ Adina Dumitrescu und Dana Probst Ungewöhnliches auf hohem künstlerischem Niveau von den Teilnehmern einzufordern verstehen.
Im sich an das Konzert anschließenden Workshop wurden insbe-sondere zwei Dinge klar: Zeitgenössische Musik auf dem Akkordeon zu spielen, ist eine technische Herausforderung. Dies veranschaulichten die beiden Interpretinnen an zahlreichen Beispielen. Die daraufhin entstehende Diskussion aller Teilnehmer könnte man als babylonische Sprachverständigung charakterisieren, in der es gleichzeitig Rumänisch, Englisch, Italienisch, Französisch und Deutsch zuging, der Geist gemeinsamen Tuns aber selbstverständliche Voraussetzung blieb. Einen weiteren interessanten Akzent hatte das Festival mit dem Leitthema „Französische Musik um 1900“ an den darauffolgenden drei Tagen.
Klaviermusik und Lieder mit Klavier von Debussy, Ravel, Satie, Poulenc sowie der um die Jahrhundertwende sehr populären Cecile Chaminade wurden auf hohem Niveau vom Klavierduo Răducanu/Dumitrescu, der Klaviervirtuosin Ana Bondue, von der Elevin Mara Balint, der österreichischen Cellistin Maria Magdalena Probst und der „Stimme des Jahres 2009“ Cristina Radu von der Oper Kronstadt/Braşov vorgetragen. Der Akzent von französischer Klaviermusik für mehr als zwei Hände kam besonders deutlich in „Idylle“ von Erik Satie für Klavier und einen Rezitator sowie in dem auch heute noch rätselhaften Stück „Frontispice“ von Maurice Ravel für 5 Hände heraus.
Hohes fachliches Niveau bewies das Festival auch durch die musikwissenschaftliche Moderation der Konzerte durch Dr. Monica Isăcescu, Prof. Dr. Bădulescu und Dr. Adalbert Grote, der über die französische Salonkultur informierte.
Als Leiter des Paul-Constantinescu-Museums in Ploieşti betreute Alexandru Bădulescu auch das dort stattfindende Jugendkonzert am Sonntag. Auf kleinem Raum, aber mit umso feiner Qualität, mit hoher sensitiver Einfühlung war sich Europa in diesen fünf Tagen sehr nahe gekommen. Die daraus resultierende stets heitere und entspannte Atmosphäre übertrug sich offenbar auch auf die Zuschauer, die jedes Konzert mit viel Beifall goutierten. Was wird es in Ţintea im nächsten Jahr geben ? Eine spannende Frage, aber auf jeden Fall gibt es schon mal viel Vorfreude !